23. Gesundheitspflege-Kongress

„Zum Teil katastrophal“: Forschungsprojekt widmet sich Versorgung obdachloser Menschen

Die Mehrheit wohnungsloser Menschen ist gesundheitlich angeschlagen, ihre Versorgung mitunter katastrophal, moniert die Pflegewissenschaftlerin Martina Hasseler. In einem Forschungsprojekt will sie Lösungen für das Problem finden.

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Leben auf der Straße – und nicht selten allein mit gesundheitlichen Problemen gelassen.

Leben auf der Straße – und nicht selten allein mit gesundheitlichen Problemen gelassen.

© picture alliance/dpa

Berlin/Hamburg. Infektionen, Erkrankungen der Haut, Verletzungen und Vergiftungen, Probleme mit dem Bewegungsapparat, Atemwegs- und Herzkreislauferkrankungen sowie psychische Erkrankungen: Die Mehrheit der wohnungslosen Menschen ist gesundheitlich schwer eingeschränkt.

„Doch die medizinische Versorgung ist zum Teil katastrophal“, bemängelt Professor Martina Hasseler von der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften in Wolfenbüttel. „Denn die Strukturen dafür sind in unserem Gesundheitssystem nicht verankert – obwohl obdachlose Menschen nach Paragraf 67 SGB XII ein Recht darauf haben.“

Auf dem 23. Gesundheitspflege-Kongress vom Springer Medizin Verlag, der am 7. und 8. November in Hamburg stattfindet, stellt die Pflegewissenschaftlerin ein Forschungsprojekt vor, das erstmalig systematisch die gesundheitlichen Bedarfe wohnungsloser Menschen erfasst.

Mehr als eine halbe Million Menschen sind laut aktuellem Wohnungslosenbericht der Bundesregierung in Deutschland von Obdachlosigkeit betroffen – und die Zahlen steigen.

Ärztliche Versorgung allein reicht nicht

Das Forschungsprojekt der Ostfalia Hochschule basiert auf der App I.D.A., die aus den Bausteinen Information, Dokumentation, Assessment besteht. „Die App ist so gestaltet, dass Sozialarbeitende, die bereits Vertrauen zu den Obdachlosen aufgebaut haben, die Erfassung der Daten übernehmen können“, berichtet Projektleiterin Hasseler.

Und zwar dort, wo die Betroffenen leben: auf der Straße, in einer Notunterkunft oder bei Freunden oder Familienmitgliedern. Die Daten sollen helfen, neue Versorgungsstrukturen aufzubauen. Community Health Nurses (CHN) etwal könnten aufsuchende Hilfen anbieten und die Kommunikation mit Arztpraxen übernehmen, so Hasseler.

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Ärztliche Versorgung reiche nicht aus, weil sie zu hochschwellig angelegt sei. „Wir brauchen niedrigschwellige und interprofessionelle Ansätze in den Kommunen.“ Denn schließlich, so hat es die kürzlich verstorbene Obdachlosen-Ärztin Jenny De la Torre Castro einmal formuliert, „ist Obdachlosigkeit eine soziale Krankheit – und medizinische Hilfe ein Menschenrecht“. (eb)

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