Urologen arbeiten braune Vergangenheit auf

Die Deutsche Gesellschaft für Urologie hat in einer medizinhistorischen Arbeit die Rolle der Berufsgruppe im Nationalsozialismus analysieren lassen.

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BERLIN (wul). Viele Urologen haben sich bereitwillig an die nationalsozialistische Gesundheitspolitik angepasst. Das ist eine der Erkenntnisse aus dem zweibändigen Buch "Urologen im Nationalsozialismus. Zwischen Anpassung und Vertreibung", das die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU) in Berlin vorgestellt hat.

"Sie unterstützten häufig Rassenideologie und orientierten sich an der Volksgesundheit statt am individuellen Patientenwohl", sagte Profesor Dirk Schultheiss von der DGU.

Auf der anderen Seite stand eine große Gruppe von urologisch tätigen Ärzten, die als "nicht-arisch" klassifiziert wurden.

Vor 1933 war laut DGU etwa jeder dritte Urologe in Deutschland jüdischen Glaubens oder jüdischer Herkunft. Diese Mediziner wurden aus ihren Berufen gedrängt, aus ihrer Heimat verjagt oder in den Tod getrieben.

"Möglichkeiten des Nationalsozialismus genutzt"

Der erste Band dokumentiert in Aufsätzen sowohl die Schicksale der Opfer als auch die Werdegänge der Urologen, die in dem System Karriere machten.

Die Geschichte der Fachgesellschaft während und nach der Nazi-Diktatur wird ebenso durchleuchtet wie etwa Beiträge von Urologen zur Zwangssterilisation.

An der Entwicklung der Urologie im Nationalsozialismus lässt sich nach Auffassung von Professor Heiner Fangerau vom Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin der Universität Ulm illustrieren, mit welcher Geschwindigkeit und Zielgerichtetheit sich medizinische Disziplinen nach 1933 mit den neuen Machthabern arrangierten.

"Sie nutzten die neuen Möglichkeiten, die sich im Nationalsozialismus eröffneten auch zur Etablierung ihres eigenen Fachgebietes."

Aufarbeitung noch lange nicht abgeschlossen

Im zweiten Band "Biografien und Materialien" werden die Lebenswege von fast 240 vertriebenen und verdrängten jüdischen Urologen, zeitgenössische Fotos sowie laut DGU wichtige wissenschaftliche Vorträge und Publikationen aus den Jahren 1933 bis 1944 zusammengefasst.

Der DGU-Archivar Schultheiss betonte, dass die Veröffentlichung des Doppelbandes von der DGU nicht als Abschluss des Projekts zur Aufarbeitung der Vergangenheit sondern als Ausgangspunkt für weitere Forschungen verstanden wird.

Zudem erhoffe man sich durch die Veröffentlichung Hinweise auf jene Berufskollegen, deren Schicksale bis heute nicht geklärt werden konnten.

"Urologen im Nationalsozialismus. Hrsg. Matthis Krischel et al. 89 Euro; ISBN 978-3-942271-41-7.

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