TK-Vizechef

Verbindliche Innovationsquote für die Krankenkassen?

Mit vier Jahren Dauer läuft der Innovationsfonds möglicherweise viel zu kurz – Thomas Ballast, Vize-Chef der Techniker Krankenkasse, bringt daher eine verbindliche Innovationsquote als Dauerlösung ins Gespräch.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Der Mensch im Mittelpunkt: Patienten sollen von innovativen Lösungen in der Versorgung profitieren.

Der Mensch im Mittelpunkt: Patienten sollen von innovativen Lösungen in der Versorgung profitieren.

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DÜSSELDORF. Nach Einschätzung von Thomas Ballast, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse (TK), gibt es ein probates Mittel um zu verhindern, dass der Innovationsschub im Gesundheitswesen nach dem Auslaufen des Innovationsfonds wieder verpufft. "Die Krankenkassen sollten verpflichtet werden, eine bestimmte Summe für Forschung und Entwicklung auszugeben", sagte Ballast auf dem Medica Econ Forum der TK in Düsseldorf.

Vorbild könnte das Präventionsgesetz sein. So wie die Kassen eine bestimmte Summe für Präventionsmaßnahmen ausgeben müssen, könnte das auch bei innovativen Projekten der Fall sein. Dabei müsse es klare inhaltliche Regeln für die Mittelverwendung geben und eine neutrale Stelle für die Überprüfung. "Auf Dauer wäre das ein erfolgreicheres Projekt, weil es nicht am Füllstand des Gesundheitsfonds scheitern würde."

Einen solchen "Zwang zur Forschung" hält der Gesundheitsökonom Professor Wolfgang Greiner von der Universität Bielefeld nicht für sinnvoll. Die Kassen brauchen aber seiner Ansicht nach größere Handlungsspielräume in diesem Gebiet. "Wenn die Krankenkassen Geld für Forschung ausgeben wollen, muss das rechtssicher sein." Greiner, der Mitglied im Sachverständigenrat ist, lobte die positiven Effekte durch die Einrichtung des Fonds. Es sei sehr viel Kreativität freigesetzt worden. "Es ist wieder Schwung in die integrierte Versorgung gekommen", sagte er.

Auch der Versorgungsforscher Professor Holger Pfaff von der Universität Köln plädierte dafür, Krankenkassen Investitionen in Forschung und Innovationen zu erleichtern. Das mache vor allem dort Sinn, wo sich das für die einzelne Kasse lohnt. "Wenn Kassen keine Wettbewerbs-Vorteile haben, brauchen wir den Gemeinsamen Bundesausschuss und ganzheitliche Lösungen", sagte Pfaff, der Vorsitzender des Expertenbeirates des Innovationsfonds ist.

Auch er findet, dass sich die Einrichtung des Fonds gelohnt hat. "Wir haben jetzt sehr gute Ansätze, um Deutschland voranzubringen", sagte er. Die hohe Anzahl von Anträgen habe den Innovationsstau in Deutschland deutlich gemacht. Für die erste Förderwelle gab es insgesamt 138 Anträge, für die zweite 107. Das beantragte Volumen beläuft sich auf 880 Millionen Euro, also deutlich mehr als die zur Verfügung stehenden 225 Millionen Euro. Hinzu kommen 75 Millionen Euro für die Versorgungsforschung – hierzu liegen 296 Anträge vor.

Die geförderten Projekte müssen sich jetzt in der Umsetzung beweisen, betonte Pfaff. Dabei gehe es nicht nur um die medizinische Innovation, sondern auch um die technische, die soziale und die psychologische Innovation – auch Menschen und Organisation müssen sich ändern. "Die Implementierung wird bei solchen Projekten oft zu klein geschrieben." Der Eindruck, Innovationen würden auf Knopfdruck funktionieren, sei falsch.

Ein kritischer Faktor ist für ihn, dass der Innnovationsfonds auf vier Jahre begrenzt ist und dann auch die Evaluation abgeschlossen sein soll. Es sei fraglich, ob in dieser Zeit schon Ergebnisse geliefert werden können. "Es braucht Zeit, bis ein Konzept ins System eingebettet ist."

Das sieht auch TK-Vize Ballast so. Der Zeitraum von vier Jahren sei knapp bemessen für die Entscheidung, ob ein Projekt in die Regelversorgung übertragen werden kann. "Die Förderung läuft aus, wenn die Evaluation eigentlich anlaufen müsste." Er ist auch skeptisch, was die Auswahl der Projekte anbelangt. Nicht alle würden mit der ursprünglichen Zielsetzung übereinstimmen, dass sie das Potenzial haben müssen, in die Regelversorgung übernommen werden zu können. Manche Projekte sind Ballast zu regional geprägt, er fürchtet, dass sie nicht übertragbar sind. "An der ein oder anderen Stelle wäre weniger mehr gewesen."

Gerade regional geprägte Konzepte würden häufig am besten funktionieren, hielt Wissenschaftler Greiner dagegen. Es müsse darum gehen, Innovationen zu fördern, die Anschauungsmaterial liefern, aus dem andere lernen können.

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