Zukunftsbranche Gesundheit

Verzicht - der Ausweg für innovative Unternehmen?

Das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) sollte zu schnellen Einsparungen und zu einer fairen Preisfindung führen. Ob beide Ziele erreicht werden, ist fraglich.

Von Uwe K. Preusker Veröffentlicht:

Die Arzneimittel-Rabatte, die pharmazeutische Hersteller, Großhandel und Apotheker der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nach den jüngsten Reformen gewähren müssen, haben mittlerweile Rekordniveau erreicht.

Feuertaufe für AMNOG

Gleichzeitig müssen die zentralen Neuerungen des AMNOG - frühe Nutzenbewertung und Preisverhandlungen zwischen GKV-Spitzenverband und den Herstellern von pharmazeutischen Innovationen - derzeit ihre Feuertaufe bestehen.

Dabei zeigt sich, dass pharmazeutische Hersteller auch vor einem Schritt nicht zurückschrecken, der von den Beamten im Gesundheitsministerium und den Gesundheitspolitikern der Berliner Koalition anfangs nur belächelt wurde: Sie verzichten im Zweifel darauf, eine Innovation auf den deutschen Markt zu bringen.

Fairness und Schaffung von Innovationen

Dieses Argument, das zunächst nur als leere Drohgebärde angesehen wurde, erweist sich jetzt als letzter Ausweg für innovative Pharma-Unternehmen, wenn sie den Eindruck gewinnen, dass entweder das Verfahren zur frühen Nutzenbewertung aus ihrer Sicht nicht ausreichend fair abläuft oder in den Preisverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband die Voraussetzungen für die Schaffung von Innovationen nicht ausreichend berücksichtigt werden.

Aus der Sicht der Pharmaindustrie ist ein solches Vorgehen unter bestimmten Bedingungen nur rational: Wenn die Forschungs- und Entwicklungskosten sowie die aktuellen Produktionskosten durch den mit dem GKV-Spitzenverband ausgehandelten Preis nicht ausreichend refinanziert werden können, ist es nicht sinnvoll, ein Medikament auf diesem Markt zu verkaufen.

Hinzu treten viele andere Nebenbedingungen, wie etwa die nach Vergleichsmaßstäben für die Preisfindung, nach der Signalwirkung des in Deutschland erzielbaren Preises für andere Länder.

Hervorragende medikamtentöse Versorgung möglichst günstig?

Aus der Sicht des GKV-Spitzenverbandes und der GKV insgesamt kommt es nun darauf an, eine hervorragende medikamentöse Versorgung in Deutschland - wozu auch der schnelle Zugang zu innovativen Arzneimittel gehört - auszutarieren mit dem ökonomischen Druck, der nach möglichst niedrigen Preisen verlangt.

Dennoch: Wenn wirklich mehr und mehr innovative Arzneimittel den GKV-Patienten in Deutschland zukünftig nicht mehr zur Verfügung stünden, wäre dies auf Dauer nicht haltbar.

Aus Patientensicht wäre genau dies der GAU: Es gibt ein wirksames oder wirksameres Medikament, aber es ist nur gegen Barzahlung jenseits der Grenze zu bekommen.

Grenzen müssen gefunden werden

Selbst der Status des Privatversicherten würde nicht helfen, denn die private Krankenversicherung ist ja per Gesetz zum Nutznießer der Preisverhandlungen des GKV-Spitzenverbandes geworden - das pharmazeutische Unternehmen hat damit als letztes Mittel nur noch die Wahl, ein Medikament gar nicht mehr in Deutschland in den Verkehr zu bringen.

Derzeit versuchen alle Beteiligten, die Grenzen in diesem von der Politik neu geschaffenen und sehr sensiblen System zu finden. Hoffen wir im Sinne einer guten Arzneimittelversorgung, dass es gelingt - sonst müsste per erneuter Reform der AMNOG-Reform nachgesteuert werden!

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