Volkskrankheit Depression muss raus aus der Stigmatisierung!

Erste Anlaufsstelle für Patienten mit Depression ist der Hausarzt. Doch Experten warnen: Die Krankheit ist oft "verschleiert".

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BERLIN (sun). Depressionen belasten die Seele - der Schaden geht jedoch weit über die Einzelschicksale hinaus. Die Auswirkungen der Krankheit - ein volkswirtschaftlicher Schaden von mehreren Milliarden Euro pro Jahr - sind oft in der Öffentlichkeit nur unzureichend bekannt.

Die Initiative Dialogforum Depression hat sich zum Ziel gesetzt, das Thema Depressionen stärker im Bewusstsein der Öffentlichkeit und von Entscheidungsträgern zu verankern.

Gründungsmitglieder sind das Leipziger Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften, der Berufsverband Deutscher Nervenärzte, die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK), die Deutsche Gesellschaft für bürgerorientiertes Versorgungsmanagement (DGbV) und das Pharmaunternehmen Lilly.

"Unterm Strich haben psychische Erkrankungen zugenommen", sagte Dr. Gerd Kräh von Lilly. Und das allein sei ein "Alarmsignal". Nach Ansicht von Experten ist der Hauptansprechpartner bei Depressionen in der Regel zunächst der Hausarzt.

Allerdings sei die Erkrankung noch immer stigmatisiert. Das halte viele Betroffene davon ab, sich an ihren Arzt zu wenden. "Dennoch werden Depressionen inzwischen besser diagnostiziert als früher", betonte Professor Ulrich Hegerl von der Universität Leipzig anlässlich der Diskussionsrunde "Depressionen ist anders" in Berlin.

Der ehemalige Hausarzt und Vize-Präsident des DGbV Dr. Klaus Meyer-Lutterloh betonte, Depressionen seien häufig "verschleiert": Der Patient habe körperliche Symptome, doch es "schmerze die Seele". Daher müssten Ärzte noch besser in der Diagnose der Erkrankung geschult werden, forderte der Direktor des Leipziger Max-Planck-Instituts Professor Arno Villringer.

Dem stimmte auch Hegerl zu: "Bisher kommt die Schulung über die Erkrankung im Studium zu kurz. Auch in der Weiterbildung der Ärzte müsste das Thema stärker mit einbezogen werden", forderte er.

Aus Sicht des CDU-Politikers Peter Weiß stehen seelische Erkrankungen immer noch "hinten an". "Wer achtet in der betrieblichen Gesundheitsversorgung darauf, wer psychisch krank ist?", so Weiß. Psychische Erkrankungen müssen seiner Ansicht nach daher auch in der Prävention vermehrt eine Rolle spielen. Hier müsse man auf eine "massive Aufklärung" setzen.

Die DAK hat 2010 insgesamt 350 Millionen Euro für die stationäre Behandlung von depressiven Menschen ausgegeben, weitere 90 Millionen für entsprechende Arzneimittel. Insgesamt zahlten Kassen zwei Milliarden Euro für Arbeitsausfälle aufgrund psychischer Erkrankungen. "Es geht nicht nur um die Ökonomie", betonte der Referent des DAK-Vorstands Roland Dieckmann. Bei der Entstigmatisierung sei die betriebliche Gesundheitsförderung ein "wichtiger Baustein".

www.dialogforum-depression.de

Lesen Sie dazu auch: Mehr Prävention in Betrieben bei Depression

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