Kommentar zum Neuinfektionsrekord

Vom Corona-Impfungs-Musterschüler England ist wenig geblieben

In Großbritannien erreicht die Zahl der Corona-Neuinfektionen fast Werte wie zur Hochzeit der Pandemie. Das liegt nicht nur an wachsender Sorglosigkeit der Bürger.

Arndt StrieglerVon Arndt Striegler Veröffentlicht:

So schnell kann das gehen: Aus Großbritannien als einstigem Musterschüler beim Impfen gegen COVID-19 ist ein strauchelnder Kommilitone geworden. „Versetzung gefährdet“ würde im Zeugnis stehen.

Die Zahl der täglichen Neuinfektionen fast auf Allzeit-Hoch, sinkende Impfbereitschaft und eine Regierung, die anscheinend den Kopf in den Sand steckt. Wie sagte Gesundheitsminister Sajid Javid vor wenigen Tagen im Unterhaus: „Erkrankungszahlen sind immer mal rauf, mal runter gegangen.“ Das mag stimmen. Allerdings gehen sie in Großbritannien seit Längerem nur in eine Richtung: stark nach oben.

Das hat mehrere Gründe. Die Immunität in der Bevölkerung lässt offenbar langsam nach. Immerhin impft der staatliche britische Gesundheitsdienst (National Health Service) bereits seit Dezember 2020 gegen COVID-19.

Impfungen beim Nachwuchs kommen schleppend voran

Erschwerend kommt hinzu, dass in Großbritannien anteilig deutlich mehr Vektorimpfstoff von AstraZeneca eingesetzt wurde als in anderen EU-Ländern. Zudem kommen die Impfungen gerade bei Kindern und Jugendlichen nur sehr schleppend voran. Zwar können 12- bis 15-Jährige im Königreich seit Ende September geimpft werden.

Doch erst bei 14 Prozent dieser Altersgruppe ist dies laut Gesundheitsministerium bereits geschehen. Wenig verwunderlich also, dass in der vergangenen Woche durchschnittlich pro Tag rund 10.000 neue Fälle bei Schülern zwischen fünf und 14 Jahren auftraten. Tendenz weiter steigend.

Genug Impfstoff vorhanden

Ein weiterer Faktor: Die seit Wochen von Premierminister Boris Johnson angekündigten Auffrischungsimpfungen nehmen nur langsam Fahrt auf. Woran das liegt, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen. Genug Impfstoff scheint vorhanden zu sein. Doch nach offiziellen Zahlen sind bislang nur 41 Prozent der Bürger, deren Impfung sechs Monate oder länger zurückliegt, mit einer Auffrischungsimpfung versorgt worden.

Das alles in einem Land, in dem die Bevölkerung mit Fragen wie Maskenpflicht oder Abstandsregeln deutlich liberaler – sprich unvorsichtiger – umgeht. Der bevorstehende Winter könnte für die Insel abermals hart werden.

Schreiben Sie dem Autor: gp@springer.com

Mehr zum Thema

Vor dem World Health Assembly

WHO-Pandemieabkommen noch lange nicht konsensfähig

Leicht geringere Sterblichkeitsrate

Sind Frauen besser bei Ärztinnen aufgehoben?

Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

© Viacheslav Yakobchuk / AdobeStock (Symbolbild mit Fotomodellen)

Springer Pflege

Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

COVID-19 in der Langzeitpflege

© Kzenon / stock.adobe.com

Springer Pflege

COVID-19 in der Langzeitpflege

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

NHANES-Analyse

Bei Hörminderung: Hörgeräteträger leben länger

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen

Lesetipps
Neue Hoffnung für Patienten mit Glioblastom: In zwei Pilotstudien mit zwei unterschiedlichen CAR-T-Zelltherapien blieb die Erkrankung bei einigen Patienten über mehrere Monate hinweg stabil. (Symbolbild)

© Richman Photo / stock.adobe.com

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom

Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert