KV-Wahl in Sachsen-Anhalt

Vorstandstrio will weitermachen

In Sachsen-Anhalt sind die Vertragsärzte aufgerufen, eine neue Vertreterversammlung zu wählen. Das derzeitige KV-Vorstands-Trio hält die Körperschaft für gut aufgestellt, Grabenkämpfe gebe es nicht -  sie treten erneut an.

Von Petra Zieler Veröffentlicht:

MAGDEBURG. Hausarzt, Facharzt, Ökonom - diese Konstellation habe sich bewährt, sind sich Dr. Burkhard John, Dr. Holger Grüning und Mathias Tronnier einig. Medizinischer Sachverstand und betriebswirtschaftliches Know-how seien auch für die Selbstverwaltung eine gute Basis.

Zu den größten Brocken, die in den vergangenen Jahren bewältigt worden sind, zählt die Bereitschaftsdienstreform. Statt 70 gibt es heute nur noch 37 Bereitschaftsdienstbereiche.

Umgekehrt das Verhältnis der Ärzte pro Dienstbereich: vormals durchschnittlich 40, heute 70. Insbesondere in strukturschwachen ländlichen Regionen, in denen der Hausarzt gefühlt im Dauereinsatz war, bedeutet dies eine enorme Entlastung.

So sieht es auch das Gros der Vertragsärzte. "Nicht nur die Dienstfrequenz wurde deutlich reduziert", so John. "Wir haben flankierend auch eine, gerechtere Finanzierung der Dienstzeiten über den HVM geregelt, bei der auch reine Bereitschaftszeiten berücksichtigt werden."

Zudem erhöhe die Etablierung von Fahrdiensten in allen Bereichen die Sicherheit für Ärzte im Bereitschaftsdienst. Grüning: "Und da alle Fahrer zumindest Rettungssanitäter sind, können sie den Ärzten eine Reihe von Aufgaben abnehmen."

Jährlich 80 Allgemeinärzte nötig

VV-Wahl der KV Sachsen-Anhalt

Die Vertreterversammlung besteht aus 30 Mitgliedern, von denen nach dem gesetzlichen vorgegebenen Verhältniswahlrecht und der Wahlordnung der KVSA 26 Sitze auf zugelassene Vertragsärzte, ein Sitz auf ermächtigte Krankenhausärzte und drei Sitze auf psychologische Psychotherapeuten entfallen.

Es gibt insgesamt 3987 Wahlberechtigte in Sachsen-Anhalt, davon 3344 zugelassene Vertragsärzte, 245 ermächtigte Krankenhausärzte und 398 Psychotherapeuten.

Gewählt wird im Zeitraum 20. August bis 8. September 2016. Ausgezählt werden die Stimmen am 9. September.

Die Konstituierung der Vertreterversammlung für die Amtsperiode

vom 1. Januar 2017 bis 31. Dezember 2022 ist für den 23. November 2016 vorgesehen. (zie)

Doch um den Bereitschaftsdienst vor einem erneuten Schlingerkurs zu bewahren, braucht das Land dringend neue Ärzte, insbesondere Allgemeinmediziner, und die möglichst auf dem platten Land.

"In den kommenden zehn Jahren", rechnet Tronnier vor, "müssen jährlich 80 Hausarztstellen nachbesetzt werden. Momentan kommen wir auf 55 bis 60."

Vor fünf Jahren waren es deutlich weniger. Die Steigerung ist auf das umfangreiche Maßnahmenbündel der KVSA, zu dem auch das von AOK, Land und KV initiierte Stipendienprogramm gehört, zurückzuführen.

95 Medizinstudenten profitieren davon, die sich im Gegenzug bereit erklärt haben, in Sachsen-Anhalt zu praktizieren. 330.000 Euro wurde in diese Form der Nachwuchsförderung allein im vergangenen Jahr investiert.

Seit April 2016 steht außerdem die Kooperation mit der Uni Witten/Herdecke, an der die KVSA pro Semester zwei Studienplätze für angehende Hausärzte finanziert.

Und bewährt haben sich auch Sicherstellungszuschläge und Mindestumsatzgarantien bei Praxisgründungen oder -übernahmen in Regionen, in denen die Versorgung gefährdet ist, genauso wie die Unterstützung für Weiterbildungsassistenten im ambulanten Bereich.

1000 geförderte Weiterbildungsstellen

Hier sieht vor allem der Gynäkologe Holger Grüning einen großen Nachholbedarf auf Facharztebene: "Angehende Fachärzte lernen bislang nur selten den ambulanten Bereich und damit wichtige Formen der Versorgung kennen."

So sei die Mutterschaftsvorsorge eine rein ambulante Aufgabe, die in der Klinik nicht vermittelt werde. Und ein in der Klinik ausgebildeter Orthopäde könne zwar sicher gut operieren, bei der Behandlung von Rückenschmerzen aber fehle die Erfahrung.

"Auf diesem Feld müssen und werden wir uns stärker bewegen", sagt er. Die bundesweit 1000 geförderten Weiterbildungsstellen für Fachärzte im ambulanten Bereich (Sachsen-Anhalt bekommt davon 27) seien ein guter Anfang.

Förderungen sollten zunächst die Fachärzte erhalten, die bereits heute junge Kollegen weiterbilden - ganz ohne finanzielle Unterstützung.

Praxis mit Fahrschul-Effekt

"Wir sind längst über das herkömmliche Aufgabenspektrum einer KV hinaus gewachsen", ist Tronnier überzeugt. Beweglichkeit und Ideenvielfalt prägten das System. Heute gehen KV-Mitarbeiter in Gymnasien und werben dort für den Arztberuf.

Die KV betreibt eigene Praxen - vor zehn Jahren kaum vorstellbar. Mittlerweile sicherten sieben KVSA-Filialpraxen, in denen nicht nur Hausärzte, sondern auch Psychiater oder Augenärzte praktizieren, die Versorgung in Regionen mit schwieriger Lage.

Dennoch seien KV-eigene Praxen nicht das Non plus ultra. Burkhard John: "Wir setzen auf den Fahrschuleffekt: Als KV-Arzt lernen, wie eine eigene Praxis zu führen ist und sie dann übernehmen. Zwei Ärzte sind diesen Weg bereits gegangen."

Dass die KVSA viel bewegen konnte, führen die drei Vorstandsmitglieder vor allem auf das gute Miteinander der rund 4000 Vertragsärzte im Land zurück.

"Grabenkämpfe", wie in anderen KVen, gebe es auch in der paritätisch besetzten Vertreterversammlung (15 Haus-, 12 Fachärzte, eine Psychologin, zwei Kliniker) nicht. So kann das kleine Bundesland, das oft eher mit Negativschlagzeilen auf sich aufmerksam macht, mit seiner Selbstverwaltung durchaus punkten.

Einen in anderen Ländern nicht selbstverständlichen Weg geht die KVSA auch bei der Umsetzung von Selektivverträgen. Von der Vertragsanbahnung bis zur Abrechnung können Berufsverbände den Service der KV nutzen. Größtes Ärgernis für alle Fachgruppen sei indes nach wie vor die fehlende Morbiditätsanbindung der Vergütung.

"Mit einer um etwa 18 Prozent unter dem Morbiditätsniveau liegenden Vergütung können wir uns nicht zufriedengeben", sagt John. Erzielte Honorarsteigerungen von rund vier Prozent im Jahresdurchschnitt, bezeichnet der Vorstandsvorsitzende als kleine Schritte: "Aber die Richtung stimmt."

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