Großbritannien

Wird Amazons „Alexa“ mit NHS-Patientendaten gefüttert?

Das Gesundheitsministerium in London bestreitet, dass Amazon Zugang zu Patientendaten des staatlichen Gesundheitsdienstes erhält. Doch offenbar gewährt der Staat Dritten gegen Lizenzgebühr Zugriff auf Datensätze.

Arndt StrieglerVon Arndt Striegler Veröffentlicht:
Die britische Sonntagszeitung „Sunday Times“ hatte zuerst von einem Deal zwischen NHS und Amazon berichtet.

Die britische Sonntagszeitung „Sunday Times“ hatte zuerst von einem Deal zwischen NHS und Amazon berichtet.

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London. Britische Ärzteverbände haben kurz nach der Unterhauswahl Politiker an ihre Verantwortung erinnert, alles zu unternehmen, um vertrauliche Patientendaten vor dem Zugriff Dritter zu sichern. Hintergrund sind Medienberichte, wonach Amazon Zugang zu vertraulichen Patientendaten erworben haben soll.

Die auflagenstarke und für gewöhnlich seriöse Sonntagszeitung „Sunday Times“ hatte berichtet, der staatliche britische Gesundheitsdienst (National Health Service, NHS) habe mit dem US-amerikanischen Internet-Giganten einen Deal geschlossen, wonach Amazons Lautsprechersystem „Alexa“ auch Zugang zu NHS-Patientendaten erhält.

Immer wenn ein Patient via „Alexa“ nach Gesundheitsinformationen suche, würden die entsprechenden Daten „automatisch an Amazon“ weiter gegeben, hieß es. Im Klartext: Amazon bezahle dem NHS eine Gebühr, um Zugang zu vertraulichen Patientendaten zu erhalten.

Ministerium: „Patientendaten sind sicher“

Dass dem so ist, wurde vom Londoner Gesundheitsministerium bestritten. „Vertrauliche Patientendaten wie zum Beispiel die bei den NHS-Hausärzten gespeicherten Krankenakten seien „in keinem Fall“ an dritte Stellen verkauft worden, sagte eine Sprecherin des Ministeriums der „Ärzte Zeitung“. „Patientendaten sind sicher.“

Freilich: Recherchen der „Ärzte Zeitung“ haben ergeben, dass der NHS bereits heute weltweit rund 1500 Unternehmen gegen eine Lizenzgebühr Zugang zu NHS-Daten erlaubt. Es ist nicht klar erkennbar, welche Daten dies genau sind.

Das Gesundheitsministerium argumentiert, dieser Zugang trage dazu bei, den Arbeitsdruck für die NHS-Hausärzte zu verringern. Ärzte und Patienten im Königreich sind allerdings misstrauisch. (ast)

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Kommentare
Dr. Stapff 13.12.201915:52 Uhr

Oberflächlich recherchierte Berichte helfen hier nicht weiter. Wann immer die Worte "Amazon", "Google", oder "Alexa" fallen, löst dies in der Regel eine Datenschutz-Panik aus. Personenbezogene vertrauliche Daten erfordern selbstverständlich das Einverständnis des Betroffenen (das wir übrigens sehr oft unwissentlich geben, wenn wir kostenlose Angebote wie Google oder Facebook nutzen). Im Gesundheitsbereich sind die Anforderungen an ein wirksames Einverständnis strenger als im kommerziellen Bereich, deshalb auch die erhöhte Sensibilität.
Wenn es jedoch um die Auswertung anonymisierter (!) und aggregierter (!) Gesundheitsdaten geht, selbst wenn sie ursprünglich aus individuellen elektronischen Krankenakten stammen, dann ist dies eine Datenquelle, die die Medizin als "Erfahrungswissenschaft" in riesigen Schritten weiterbringen kann. Handelt es sich doch um die Dokumentation von tausenden von Ärzten in der Behandlung von Millionen von Patienten z.B. über die Verträglichkeit und Wirksamkeit von Therapiemaßnahmen. Insofern trägt das NHS signifikant dazu bei, den medizinischen Fortschritt zu ermöglichen, z.B. durch "real world" Studien. Deutschland ist dagegen in der Digitalisierung des Gesungheitswesens international sehr sehr weit zurück. Die fehlende Differenzierung zwischen marketing-bezogener Nutzung individueller Daten und wissenschaftlicher Auswertung aggregierter anonymisierter Daten ist eine der Ursachen hierfür.

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