Neuer Gesetzentwurf

Zuckerbrot und Peitsche für mehr Krankenhaus-Digitalisierung

Die Koalition macht drei Milliarden Euro für die digitale Infrastruktur der Kliniken locker. Ein Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Spahn soll regeln, wie das Geld verteilt wird – und wann den Häusern Ungemach droht.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Baustelle Digitalisierung: Krankenhäuser sollen daher mehr Geld vom Bund bekommen.

Der Bund gibt Krankenhäusern für die Digitalisierung bis zu drei Milliarden Euro extra. 15 Prozent der Mittel sollen für die Aufrüstung der Kliniken bei der IT-Sicherheit vorgesehen werden.

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Berlin. Union und SPD schubsen die Krankenhäuser Richtung Digitalisierung. Drei Milliarden Euro will die Koalition den Kliniken im Rahmen des „Zukunftsprogramms Krankenhäuser“ zufließen lassen – allerdings erwartet sie im Gegenzug konkrete Fortschritte bei der digitalen Infrastruktur und der IT-Sicherheit der Häuser, wie aus einem Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) für ein „Krankenhauszukunftsgesetz“ (KHZG) hervorgeht. Der Entwurf liegt der „Ärzte Zeitung“ vor.

Demnach soll – analog zum Krankenhausstrukturfonds – ein Krankenhauszukunftsfonds aufgelegt werden. Der Zukunftsfonds soll beim Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) angesiedelt sein. Die Krankenhäuser können bei den Ländern Mittel aus dem Fonds beantragen. Welche Häuser Gelder erhalten, ist Sache der Länder.

Länder entscheiden über Vergabe

Gefördert werden sollen Projekte, die auf eine „digitale Infrastruktur zur besseren internen und sektorenübergreifenden Versorgung“ abzielen. Dazu zählen etwa die Einrichtung von Portalen für ein digitales Aufnahme- und Entlassmanagement, Systeme zum elektronischen Medikationsmanagement oder Projekte zum Aufbau einrichtungs- und trägerübergreifender IT-Strukturen. Zudem sollen IT- und Cybersicherheit verbessert und Notaufnahmen räumlich und technisch aufgerüstet werden.

Mindestens 15 Prozent der für die Förderung eines Vorhabens beantragten Mittel sind für mehr IT-Sicherheit zu verwenden. Die Krankenhausträger sollen Förderbedarf, Förderziel und Fördersumme bei den Ländern anmelden. Bis Ende 2021 müssen die Länder die Anträge auf Auszahlung von Fördermitteln beim BAS gestellt haben.

Ko-Finanzierung der Länder

Allerdings sollen die Länder die Bundesmittel nur abrufen können, wenn sie oder die Krankenhausträger eigene Mittel in Höhe von 30 Prozent der Bundesmittel zuschießen. Heißt rechnerisch: Holen sich die Länder die kompletten drei Milliarden Euro aus dem Fonds, müssten sie oder die Klinikträger 1,3 Milliarden Euro an zusätzlichen Mitteln bereitstellen.

Um zu vermeiden, dass sich Krankenhausstruktur- und Krankenhauszukunftsfonds überlappen, soll die Laufzeit des 2016 erstmals aufgelegten und 2018 fortgesetzten Krankenhausstrukturfonds um zwei Jahre bis Ende 2024 gestreckt werden.

Der Entwurf enthält aber nicht nur Zuckerbrot, sondern auch Peitsche. So soll das BMG eine Auswertung in Auftrag geben, die zeigen soll, inwieweit die Förderung mittelbar oder unmittelbar zu einer Verbesserung des digitalen Reifegrads der Krankenhäuser geführt hat“.

Evaluation soll Klarheit schaffen

Im Rahmen der Evaluation soll der „digitale Reifegrad“ der Krankenhäuser jeweils zum 30. Juni 2021 und zum 30. Juni 2023 festgestellt werden. Die Kliniken sollen zu diesem Zweck „strukturierte Selbsteinschätzungen“ vorlegen. Daraus lasse sich nicht nur ablesen, inwieweit sich der digitale Reifegrad geförderter Kliniken verbessert habe, heißt es im Entwurf. Es lasse sich auch ermitteln, inwieweit die Förderung Anreize für die übrigen Krankenhäuser geschaffen habe, sich stärker zu digitalisieren.

Was im Entwurf als „Forschungsvorhaben“ deklariert ist, enthält für die Krankenhäuser durchaus Zündstoff: Denn gleichzeitig sollen sie mit den Krankenkassen für die Zeit ab dem 1. Januar 2025 einen Abschlag in Höhe von bis zu zwei Prozent des Rechnungsbetrags für jeden voll- und teilstationären Fall vereinbaren, sofern ein Krankenhaus keine der als förderungsfähigen angesehenen digitalen Dienste bereitstellt.

Die konkrete Höhe des Abschlags soll sich nach der „Anzahl der grundsätzlich bereitgestellten Dienste und deren tatsächlicher Nutzungsquote“ richten. Näheres sollen GKV-Spitzenverband und Deutsche Krankenhausgesellschaft festlegen.

„Deutlicher Nachholbedarf“

Eine „moderne, digitale und gute investive Ausstattung der Krankenhäuser“ sei nötig, um etwa für Pandemien wie Corona besser gerüstet zu sein, umreißt das Spahn-Ministerium das Ziel des Gesetzesvorhabens.

Da das Gesamtvolumen der von den Ländern zu erbringenden Krankenhausinvestitionen zuletzt zurückgegangen sei, seien auch Investitionen in die Digitalisierung und eine moderne technische Ausstattung der Krankenhäuser nicht ausreichend erfolgt. Beim Digitalisierungsgrad der Krankenhaus-IT habe Deutschland daher „deutlichen Nachholbedarf“.

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