Roche

700 Millionen Euro für Standort Deutschland

Über 700 Millionen Euro investiert Roche bis 2016 am Standort Deutschland - und will dies auch als Signal an die Politik verstanden wissen. Der Pharma-Hersteller setzt darauf, dass zum Jahreswechsel das Preismoratorium und der erhöhte Zwangsrabatt nach geltendem Recht entfallen werden.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Hagen Pfundner ist Vorstand der Roche Pharma AG in Deutschland.

Hagen Pfundner ist Vorstand der Roche Pharma AG in Deutschland.

© Uwe Anspach/Roche

Frankfurt. Würde es allein nach den gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen gehen, so wäre Deutschland für die pharmazeutische Industrie kein besonders attraktiver Produktionsstandort mehr.

Gerade in der Wahlperiode 2009 bis 2013 ist die Branche mit dem seit August 2010 von sechs auf 16 Prozent erhöhten gesetzlichen Rabatt, einem Preismoratorium und den Unwägbarkeiten der frühen Nutzenbewertung kräftig durchgerüttelt worden.

Investitionen wurden zurückgefahren, Arbeitsplätze abgebaut, Renditen reduziert. Das heißt auch, so Dr. Hagen Pfundner, Vorstand der Roche Pharma AG, dass der Entlastung der Krankenkassen um 5,6 Milliarden Euro deutlich höhere volkswirtschaftliche Verluste gegenüberstehen.

Wettbewerb mit Kalifornien und Singapur

Gleichwohl hat Roche vor Kurzem entschieden, am Standort Deutschland - im oberbayerischen Penzberg - von 2014 bis 2016 über 600 Millionen Euro in den Ausbau der Biopharmazie und der Diagnostika-Produktion zu investieren.

Pfundner: "Unsere Botschaft ist: Wir reinvestieren in den nächsten drei Jahren weitaus mehr als wir an Umsatzzuwachs durch den sinkenden Rabatt gewinnen werden. Deshalb erwarten wir von der Politik, dass wir uns auf geltende Gesetze verlassen können."

Das geltende Recht sieht vor, dass das Preismoratorium und der erhöhte gesetzliche Rabatt am 31. Dezember auslaufen. In ihrer Rahmenvereinbarung zu den Arzneiausgaben 2014 haben dies KBV und GKV-Spitzenverband mit einer Zusatzkomponente von etwa 3,5 Prozent berücksichtigt.

Dass Deutschland - bei Roche zweitwichtigster Produktionsstandort nach den USA - das Rennen gegen die Wettbewerbs-Standorte in Kalifornien und Singapur gemacht hat, erklärt David LaPré, weltweit Chef der Pharma-Technik bei Roche, mit den hervorragenden industriellen Infrastruktur, die Deutschland bietet: eine hohe Qualifikation der Arbeitskräfte, die Stabilität und Kalkulierbarkeit des Arbeitsmarktes, die Forschungsinfrastruktur und ein umfassendes "supported business".

Es ist die Gesamtschau vieler auch weicher Faktoren, die letztendlich zu einer Entscheidung zugunsten von Penzberg geführt haben. Wäre es allein nach dem Faktor Innovationsfreundlichkeit gegangen, dann hätte möglicherweise Singapur das Rennen gemacht.

Dort aber ist beispielsweise der Arbeitsmarkt aufgrund eines harten Wettbewerbs vieler Industrien hoch volatil - und das ist bei der Langfristigkeit von Pharmaprojekten eher ein Nachteil.

"Made in Germany ist wichtig - Used in Germany wird immer wichtiger"

Gleichwohl würde sich Pfundner mehr Aufgeschlossenheit gegenüber Innovationen im deutschen Markt wünschen.

Und zwar auch deshalb, weil der Pharmastandort Deutschland immer exportabhängiger werde. Deutschland sei Leit- und Referenzmarkt für viele andere Länder. "Made in Germany ist wichtig, genauso aber auch: used in Germany."

Hier sieht Pfundner ein Ungleichgewicht: Sieben Milliarden Euro beträgt der Umsatz der gesetzlichen Krankenkassen für patentgeschützte Arzneimittel, bewertet zu Herstellerabgabepreisen.

Aber elf Milliarden Euro fallen bei den forschenden Unternehmen für Forschungsaufwendungen, Löhne, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge an.

Starke Wertschöpfungseffekte

Vor dem Hintergrund kontraproduktiver Erfahrungen mit einer Vielzahl gesundheitspolitischer Interventionen, die primär das Ziel verfolgten, die Kosten der Arzneimittelversorgung zu begrenzen, haben sich die forschenden Unternehmen von Ökonomen ein neues Argumentationsinstrumentarium erarbeiten lassen: das Gesundheits-Satellitenkonto, das die volkswirtschaftlichen Effekte der industriellen Gesundheitswirtschaft exakt wiedergibt.

Es misst die Effekte auf Wertschöpfung, Arbeitsplätze, Lohnsummen, Steuer- und Sozialversicherungsleistungen in der Pharma-Industrie direkt sowie auf vor- und nachgelagerte Branchen, beispielsweise Forschungsinstitute oder Universitäten, die mit Pharma-Unternehmen zusammenarbeiten.

Roche beispielsweise hat 14.000 Mitarbeiter in Deutschland. Durch die Kooperation mit anderen Unternehmen und Institutionen entstehen aber weitere 36.000 Arbeitsplätze.

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