Intensivstation
Anwesenheitspflicht für Ärzte
Das BSG spricht Tacheles: Wollen Kliniken, die eine Intensivstation betreiben, das Intensiv-Honorar abrechnen, muss dort dauerhaft mindestens ein Arzt anwesend sein. Das gilt auch für den Bereitschaftsdienst.
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Auf einer Intensivstation muss immer ein Arzt präsent sein. Sonst darf die Klinik keine intensivmedizinische Komplexbehandlung abrechnen, so das BSG.
© Matthias Ernert
KASSEL. Auf einer Intensivstation muss ständig ein Arzt anwesend sein. Auch im Bereitschaftsdienst darf dieser Arzt keine weiteren Aufgaben haben, wie das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem aktuell veröffentlichten Urteil entschied.
Danach darf das Krankenhaus keine "intensivmedizinische Komplexbehandlung" abrechnen, wenn die Intensivstation diese "Strukturvoraussetzung" nicht erfüllt.
Damit wies das BSG eine Krankenhaus-Stiftung aus Rheinland-Pfalz ab. Die der Caritas angehörende Stiftung betreibt ein Krankenhaus in Ludwigshafen, das eine solche "intensivmedizinische Komplexbehandlung" abgerechnet hatte.
Die Techniker Krankenkasse bezahlte nur eine reguläre Krankenhausbehandlung - 105.000 statt der geforderten 132.000 Euro. Die Voraussetzungen für den Abrechnungscode 8-980.8 für eine Intensivbehandlung seien nicht erfüllt gewesen.
Klinikdienstplan gab Grund zum Zweifel
Grund war der Dienstplan der Klinik. Danach war nur werktags von 8 bis 16.30 Uhr ständig ein Arzt auf der Intensivstation anwesend. Nachts und am Wochenende bestand ein Bereitschaftsdienst. Dieser war aber auch für die gesamte innere Abteilung zuständig.
Nach dem Kasseler Urteil reicht das nicht aus. Die Abrechnung einer intensivmedizinischen Komplexbehandlung setze nach den Vorgaben des dem Bundesgesundheitsministerium untergeordneten Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) die ständige Anwesenheit eines Arztes voraus, der ausschließlich für die Intensivstation zuständig ist.
Andernfalls sei die ständige Anwesenheit für die Intensivpatienten nicht gewährleistet. Hier sei der Bereitschaftsarzt "auf der Intensivstation planmäßig nicht anwesend", wenn er Patienten der inneren Abteilung versorgt.
Das Argument der Klinik, auch die Bereitschaftsärzte der inneren Abteilung seien bestens mit den Problemen der Intensiv-Patienten vertraut gewesen, wies das BSG ab.
Es ließ auch den Hinweis nicht gelten, wegen der hohen Arbeitsbelastung sei im Streitfall während der dreitägigen Behandlung letztlich immer ein Arzt auf der Intensivstation gewesen.
Klinikalltag interessiert die Sozialrichter nicht
Auf die tatsächlichen Verhältnisse kommt es nicht an, urteilte das BSG. Die ständige Anwesenheit eines Arztes gehöre zu den "Strukturvoraussetzungen" einer Intensivstation. Laut Gesetz müssten diese "gewährleistet sein".
Sei sie nicht erfüllt, könne das Krankenhaus daher das höhere Honorar einer intensivmedizinischen Komplexbehandlung nicht verlangen.
Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) in Berlin begrüßte das Urteil. "Das Geld muss der Leistung folgen, und die hängt maßgeblich vom Personalaufwand ab", erklärte DIVI-Präsidentin Elke Muhl.
Die höhere Vergütung müsse an die Kliniken fließen, die tatsächlich auch mehr Personal einsetzen. "Ohne den rechtlichen Druck könnten Krankenhäuser dies immer wieder unterlaufen."
Az.: B 3 KR 25/12 R