DiGA-Report der TK

Apps auf Rezept werden ganz selten verschrieben

Gesundheits-Apps haben sich in anderthalb Jahren keinen erkennbaren Anteil an der Versorgung gesichert. Ärzte halten sich beim Verschreiben zurück. Die Techniker Krankenkasse fordert nun evidenzangepasste Preise.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Nach Angaben von Kostenträgern und Herstellern haben Apps auf Kassenkosten eine Zukunft.

Nach Angaben von Kostenträgern und Herstellern haben Apps auf Kassenkosten eine Zukunft.

© DragonImages / Getty Images / iStock

Berlin. Ärztinnen und Ärzte bleiben vorerst auf Distanz zu Gesundheits-Apps. Gerade einmal vier Prozent der potenziellen Verschreiber haben seit Oktober 2020 Rezepte für Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) ausgestellt.

Das geht aus einem am Mittwoch vorgestellten Report hervor, den Professor Wolfgang Greiner von der Universität Bielefeld und Gesundheitssachverständiger für die Techniker Krankenkasse erstellt hat.

Kostenträger und Hersteller seien sich gleichwohl einig, dass Apps auf Kassenkosten eine Zukunft haben sollten. Die Techniker fordert jedoch Änderungen des regulatorischen Rahmens und ein stärker evidenzbasiertes Vergütungssystem.

Kaum Verordnungen bei der größten Kasse

Die mit mehr als zehn Millionen Versicherten größte Krankenkasse in Deutschland hat demnach seit dem Start der Verschreibungsfähigkeit bis zum 31. Dezember 2021 lediglich 19.025 Verordnungen für DiGA registriert.

Diese wiederum seien zu 85 Prozent von Ärzten verschrieben worden, davon wiederum überwiegend von Ärzten aus Berlin, dem Sitz der meisten DIGA-Anbieter. 6,2 Millionen Euro hat die TK im Betrachtungszeitraum dafür ausgegeben.

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In einer den Report begleitenden Umfrage unter 244 TK-Versicherten mit verschriebener App signalisierten 19 Prozent der Befragten, dass ihre App die Beschwerden gelindert habe, 43 würden „eher“ sagen, dass die App geholfen habe und 34 Prozent gaben an, dass die App ihnen nicht oder eher nicht geholfen habe.

Die Marktkonzentration ist hoch. Die drei meistverordneten Apps machen bereits 51 Prozent des Verordnungsgeschehens aus, die fünf verordnungsstärksten 75 Prozent.

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Greiner: Apps sind noch nicht wirklich da

„Die Gesundheits-Apps sind noch nicht wirklich in der Versorgung angekommen, rein quantitativ nicht“, ordnete Professor Wolfgang Greiner, Inhaber des Lehrstuhls für Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement an der Universität Bielefeld sowie Mitglied des Sachverständigenrats Gesundheit, die aktuelle Bedeutung der DIGA bei der Vorstellung des Reports ein. Es sei eine Entwicklung zu höheren Preisen zu beobachten. Die „Höchstpreisgrenze“, die der Gesetzgeber eingezogen habe, zeige nur begrenzte Wirkung.

84 Prozent der DIGA-Nutzer gebe an, die ihnen verschriebene App mindestens einmal pro Woche zu nutzen, mehr als ein Drittel sogar täglich. Zehn Prozent nutzen demnach ihre App nur selten und sechs Prozent gar nicht. Gleichwohl zeichneten die Erfahrungen der ersten Nutzergeneration ein „weitestgehend positives Gesamtbild“. 52 Prozent wollen auch künftig auf DiGA setzen.

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Im Schnitt 450 Euro für drei Monate

TK-Vorstandsvorsitzender Dr. Jens Baas stellte die Preisfrage. Mit der Verschreibungsfähigkeit seien die Preise für die Gesundheits-Apps gestiegen, im Schnitt auf knapp 450 Euro für drei Monate. Hohe Zulassungshürden könnten die Anbieter nicht als Preistreiber geltend machen. Es handele sich eher um eine „strategische Preisgestaltung. „Im Vergleich zu dem, was wir Ärzten bezahlen, sind Apps teuer“, sagte Baas.

Die Kasse fordert, die Apps genauer unter die Lupe zu nehmen. Der medizinische Nutzen müsse stärker in den Vordergrund rücken. Es gelte, das Zulassungsverfahren zu überprüfen und weiterzuentwickeln. Die verschreibenden Ärzte sollten künftig stärker in die Bewertungsverfahren eingebunden werden. Bislang sei vor allem eine Korrelation zwischen Verschreibungshäufigkeit und starker Vertriebstätigkeit zu vermerken.

Nutzennachweise scheinen schwer zu erbringen

Zudem hält die TK eine wirksame Regulierung, sprich Absenkung, der DiGA-Preise für erforderlich. Die DiGA-Preise sollten dafür stärker an den Aufwendungen für die analoge Versorgung ausgerichtet werden. Die Erprobungsphase von einem Jahr sollte eingehalten werden.

Derzeit sei eine Verlängerung die Regel. Bislang habe keine DiGA mit vorläufiger Aufnahme in das Verzeichnis verschreibungsfähiger Apps beim BfArM innerhalb eines Jahres einen Nutzennachweis erbracht. Die Kassen erstatteten also für zwei Jahre Leistungen, für die es keinen Nutzennachweis gebe.

Zudem bedürfe es anwendungsbegleitender Studien, um den realen Wert der DiGA abschätzen zu können. Deren Ergebnisse sollten in die Preisfindung einfließen. Darüber hinaus sollten die Hersteller verpflichtet werden, Nutzungshäufigkeit und Compliance selbst zu analysieren und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen, so die TK.

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