Ordermed

Arzneien und Rezepte per App bestellen

Neue Geschäftsidee von Ordermed: Patienten sollen ihren Nachschub an Rezepten und Arzneimitteln bequem über ihr Smartphone bestellen können. Der Apothekendienstleister vermarktet eine Schnittstelle zu 140.000 Arztpraxen und verspricht, das ambulante Medikationsmanagement zu optimieren.

Christoph WinnatVon Christoph Winnat Veröffentlicht:
Schluss mit langen Wegen und Wartezeiten: Chroniker sollen künftig bequem per App und mobilem Endgerät ihren Medikamentennachschub steuern.

Schluss mit langen Wegen und Wartezeiten: Chroniker sollen künftig bequem per App und mobilem Endgerät ihren Medikamentennachschub steuern.

© Getty Images / iStockphoto, Ordermed

HAMBURG. Neue Geschäftsmodelle haben es im Gesundheitswesen nicht immer leicht. Oft scheitern sie an der Erstattungsfrage, die mit jeder Kasse einzeln zu verhandeln ist.

Die in Buchholz südlich von Hamburg ansässige Firma Ordermed setzt deshalb auf Patienten-Nachfrage. Was auf den ersten Blick als Bestell- und Lieferservice für den Rezeptbedarf von Chronikern daher kommt, entpuppt sich beim zweiten als neue Option auf ein weitreichendes Medikationsmanagement, das die ambulante Arzneimittelversorgung sicherer machen könnte.

Das Interesse der Ärzte hält sich bislang in Grenzen, obwohl auch sie davon profitieren könnten.

Die Idee erscheint zunächst simpel. Ordermed bildet eine Schnittstelle zwischen Online-Eingabemasken wie Website oder App und den Fax-Geräten von 140.000 niedergelassenen Ärzten.

Darüber können Patienten Rezepte anfordern, das Medikament in der Apotheke vorbestellen und die nötigen Botengänge anstoßen - etwa Rezepte beim Arzt abholen oder Medikamente ausliefern lassen.

Für Patienten ist das kostenlos. Finanziert wird der Dienst von teilnehmenden Apothekern, die 53 Euro monatliche Grundgebühr sowie 50 Cent für jede Packung zahlen, die sie via Ordermed abgeben.

70 Euro Prämie für Patienten

Um die freie Apothekenwahl nicht zu behindern, entscheidet der Patient, an welche Apotheke er sich bindet. Steht der Offizininhaber seines Vertrauens nicht im Katalog, soll er sanften Druck ausüben.

Kunden, die einen neuen Apotheker zur Teilnahme an dem System überreden, winken 70 Euro Prämie. Zulauf verbuchte Ordermed bisher vor allem durch Allianzen mit diversen Apothekenkooperationen, die den Service ihren Mitgliedern als Kundenbindungsinstrument schmackhaft machten.

Hintergründig bietet das System jedoch mehr als nur Bestell- und Lieferfunktionen. Durch die wiederholten Bestellvorgänge wird - idealerweise - die gesamte Medikation eines Chronikers erfasst und zur Kontrolle möglicher Wechselwirkungen für den Apotheker einsichtig.

Außerdem hätten Dritte einen schnellen Zugang zu dieser Medikationsakte, wenn der Patient ihnen das erlaubt, erläutert Ordermed-Gründer Markus Bönig. Dazu habe man einen "Medi-Pass" mit Internetadresse und individuellem Passwort entworfen.

Ein Notarzt wäre beispielsweise schon am Einsatzort über die gesamte Medikation eines Patienten informiert. Weitere Funktionen in Richtung Medikationsmanagement, sind eine Einnahme- und eine Nachbestellerinnerung.

Beides können sich Patienten mittels Smartphone durch Einscannen ihrer Arzneimittelpackungen selbst einrichten.

"Pille to go"

Von Mitte 2010 bis Herbst 2011 dauerte die Pilotphase der Bestell-App für Patienten. Seitdem läuft der Rollout. Noch dieses Jahr will Bönig mit seinem Unternehmen die Gewinnzone erreichen.

Von 750.000 Euro im Vorjahr soll sich der Firmenumsatz 2013 auf 3,5 Millionen Euro vervielfachen. Das sei nicht einmal ein besonders ehrgeiziges Ziel, meint Bönig.

Aktuell beliefere man rund 10.000 Patienten, zwei Drittel davon würden von Pflegediensten versorgt. Etwa 700 Apotheken kooperierten mit Ordermed. Das reiche bereits für eine bundesweite Flächenpräsenz.

Die Anfang Juni gestartete Marketingoffensive "Pille to go" soll dem Bestellservice zusätzlichen Schub geben. Bönigs Kalkül: Frauen, die mit oralen Kontrazeptiva verhüten, bedürfen regelmäßigen Tablettennachschubs.

Gleichzeitig sind sie - weil in klassischen Pflegeberufen mehr als überrepräsentiert - bestens geeignet, eigene Erfahrungen mit dem Bestellservice an die eigentliche Zielgruppe von Ordermed, die Chroniker, weiterzugeben.

Für Ärzte eine Option

Auch für niedergelassene Ärzte könnte der Dienst eine Option sein, ihren Patienten unnötige Wege zu ersparen und Praxisabläufe rund um die Folgerezeptierung zu optimieren. Bisher ermöglichten erst wenige Praxisinhaber ihren Patienten, Rezepte online zu bestellen, erklärt Bönig.

Für Chroniker, die bei mehreren Ärzten in Behandlung sind, sei der Nutzen solch eines dezentralen Systems limitiert. Außerdem müsse die Anforderung jedesmal neu eingegeben werden.

Dagegen wäre es "auch rechtlich überhaupt kein Problem, von der Arztwebsite auf den Ordermed-Service zu verlinken", so Bönig pro domo.

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