BGH fordert psychiatrische Sachkunde für Gutachter

Auch Hausärzte können Gutachten für die Unterbringung von Patienten in der Psychiatrie verfassen - wenn sie sachkundig sind.

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KARLSRUHE (mwo). Im Streit um die Unterbringung von Patienten in der geschlossenen Psychiatrie können die Gerichte auch den Hausarzt mit einem Gutachten beauftragen. Voraussetzung ist, so ein kürzlich schriftlich veröffentlichter Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe, dass der Arzt eine ausreichende psychiatrische Sachkunde mitbringt.

Laut Gesetz darf bei einer Unterbringung von mehr als vier Jahren kein Sachverständiger bestellt werden, der den Betroffenen bereits behandelt hat. Wie nun der BGH entschied, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass bei kürzerer Unterbringung der Hausarzt beauftragt werden kann. Ob dies auch dann gilt, wenn der Hausarzt selbst die Unterbringung angeregt hat, ließ der BGH offen.

Aus Sicht der Gerichte ist es auch nicht erforderlich, dass der Patient seinen Arzt von der Schweigepflicht entbindet. Das Gutachten sei selbst dann verwertbar, wenn der Arzt damit sein Berufsgeheimnis bricht.

Allerdings, so der BGH weiter, sollen die Sachverständigen in der Regel Psychiater sein. Sei dies nicht der Fall, müsse das Gericht "die Sachkunde prüfen". Das Gutachten eines Arztes ohne ausreichende psychiatrische Sachkunde dürfe das Gericht nicht verwenden. Zudem müsse dem Patienten vor seiner Untersuchung mitgeteilt werden, wer das Gutachten erstellt.

Im Streitfall wehrte sich mit Erfolg ein heute 38-jähriger Mann aus Sachsen gegen den Unterbringungsbeschluss. Das Amtsgericht hatte seine Hausärztin mit einem Sachverständigengutachten beauftragt, ohne ihn hierüber zu informieren und ohne die Sachkenntnis der Allgemeinmedizinerin zu prüfen. Wie der BGH weiter entschied, durfte das Amtsgericht zudem nicht die zeitweilige Fixierung des Patienten genehmigen, ohne dass seine Betreuerin dies überhaupt beantragt hatte.

Az.: XII ZB 383/10

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