AMNOG-Reform
Bayer erwägt Klage gegen Preismoratorium
Nach dem Börsengang der Kunststoff-Sparte 2015 jetzt die Übernahme Monsantos: Die Bayer AG verändert in hohem Tempo ihr Profil. Im Healthcare-Geschäft werden jetzt auch die Phyto-Aktivitäten forciert.
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Wofür steht das Bayer-Kreuz? Nach der Übernahme des US-Unternehmens Monsanto verschieben sich die Gewichte in Richtung Agrochemie.
© Bayer
LEVERKUSEN. Mit der größten Übernahme, die ein deutsches Unternehmen bislang gestemmt hat, sorgt aktuell der Bayer-Konzern für Aufsehen: Umgerechnet 59 Milliarden Euro lassen sich die Leverkusener den US-Saatgutriesen Monsanto kosten. Bayers Agro-Sparte ("CropScience") erhält damit zusätzliche Einnahmen von jährlich mehr als 13 Milliarden Euro.
Insgesamt wird Bayer künftig über 24 Milliarden Euro mit Produkten für die industrielle Landwirtschaft erlösen. Zum Vergleich: Die zuvor mit Abstand größte Konzernsparte "HealthCare" (Pharma, OTC, Medizintechnik und Veterinärprodukte) brachte vergangenes Jahr knapp 23 Milliarden Euro auf die Waage.
Vom Pharma-Dialog mehr erhofft
Insbesondere im Geschäft mit verschreibungspflichtigen Innovationen hadert der Konzern derzeit mit dem Heimatmarkt. So erwägt man, juristisch gegen den Referentenentwurf des GKV-Arzneimittelstärkungsgesetzes vorzugehen, den Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe kürzlich ins Parlament eingebracht hat.
"Eine Klage wäre auf jeden Fall eine Option", erklärte Frank Schöning, Geschäftsführer der deutschen Landesgesellschaft Bayer Vital GmbH bei einem Pressegespräch zu Wochenbeginn in Leverkusen.
Zentraler Kritikpunkt des Unternehmens ist die in den AMNOG-Reformplänen vorgesehene Verlängerung des Preismoratoriums bis Ende 2022. "Das kommt für die Industrie überraschend und hat mit Planungssicherheit nicht zu tun", so Schöning.
"Ein Preisstopp über mehr als eine Dekade hinweg ist ordnungspolitisch verfehlt und verfassungsrechtlich bedenklich." – Das Preismoratorium für verschreibungspflichtige Präparate, die keinem Festbetrag unterliegen, ist seit August 2010 in Kraft.
Der Gesetzentwurf sei auch deswegen enttäuschend für die Branche, weil die Bundesregierung beim diesjährigen Pharmadialog noch ganz andere Signale ausgesendet habe. Schöning: "Die Bundesregierung ist angetreten, den Pharmastandort Deutschland zu stärken.
Dazu gehört, die richtige Balance zwischen den Interessen der Kostenträger und der Industrie herzustellen."
Der Referentenentwurf weiche in einigen Punkten deutlich von der ursprünglichen Intention des Pharmadialoges ab. Die erneute Verlängerung des Preismoratoriums hält der Bayer-Manager für nicht nachvollziehbar.
"Im Ergebnis könnte der Pharmastandort Deutschland durch das geplante Gesetz stärker belastet werden. Wir hatten uns nach dem Dialog mehr erwartet."
Für die Zukunft plant Bayer, stärker in die Phytopharmaka-Entwicklung zu investieren, kündigte Stefan Meyer an, Leiter des OTC-Geschäfts bei Bayer Vital. Dafür habe man ein Phytopharmaka-Kompetenzzentrum in Darmstadt gegründet. Mit der Übernahme des dort ansässigen Phyto-Herstellers Steigerwald vor drei Jahren sieht sich der Konzern gut gerüstet, auch im Phyto-Markt sein Standing unter Beweis zu stellen.
Bekanntestes Produkt der einstigen Steigerwald ist das Magenmittel Iberogast®.
"Die Konsumenten suchen Natürlichkeit", sagte Meyer. Die Entwicklung sei getrieben vor allem von den jüngeren Generationen. "Die jungen Leute sind bereit, für pflanzliche Medikamente mehr zu bezahlen, das lässt auf einen nachhaltigen Trend schließen."
Und: Nur sieben Prozent der bundesdeutschen Bevölkerung lehnten Naturheilmittel definitiv ab, habe das Institut für Demoskopie Allensbach ermittelt.
Akzeptanz bei Verbrauchern
"Die hohe Akzeptanz spiegelt sich auch im Markt wider", so Meyer. Bei einzelnen Kategorien wie Husten und Erkältung, Magen und Darm oder Herz-Kreislauf hätten Phytopharmaka einen hohen Anteil. "Diese drei Indikationsbereiche machen 70 Prozent des gesamten Phytopharmaka-Marktes aus."
Am gesamten deutschen OTC-Markt haben laut Meyer Phytopharmaka 18 Prozent Umsatzanteil, das sind 1,5 Milliarden Euro. Im gesamten OTC-Markt seien in der ersten Hälfte 2016 rund 8,2 Milliarden Euro umgesetzt worden. 13 Prozent der Phytopharmaka würden bereits über ein Rezept vom Arzt ausgegeben, davon zwei Drittel an Kinder.