Appell an Bund und Länder

Bertelsmann-Stiftung: Rasch auf Approbations-Reform einigen!

Das Ringen zwischen Bund und Ländern um die neue Approbationsordnung sieht die Bertelsmann-Stiftung mit Sorge. Wo sie erheblichen Änderungsbedarf sieht und warum.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Niedersachsen, Hannover: Dozent Dr. Philip Bintaro untersucht einen Probanden mit einem Ultraschallgerät in einer interaktiven Vorlesung für Medizinstudenten im Hörsaal F an der Medizinischen Hochschule Hannover MHH. In der Vorlesung lernen Studenten den Umgang mit einem Ultraschallgerät und unterschiedliche Herangehensweisen für Diagnose.

Durch die geplante neue Approbationsordnung ändern sich Lehr, Lern- und Prüfungsformate im Medizinstudium. Die Bertelsmann-Stiftung mahnt Fortschritte in der Einigung zwischen Bund und Ländern an.

© Julian Stratenschulte / dpa / picture alliance

Berlin/Gütersloh. Die Bertelsmann-Stiftung drängt Bund und Länder, sich bei der Reform der Approbationsordnung zu einigen. Im Mai hatte der Bundesrat in einer Entschließung moniert, dass eine Kalkulation der durch die Reform verursachten Zusatzkosten fehle. Kürzlich wurde bekannt, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) einzelne Elemente der Reform vorziehen will.

Die bisherigen Schätzungen gingen weit auseinander: Der Medizinische Fakultätentag (MFT) geht von Mehrkosten von 15 bis 18 Prozent je Medizinstudienplatz aus. Dagegen taxiert die Interinstitutionelle Arbeitsgruppe Bildungs- und Prüfungsökonomie den Anstieg auf drei bis vier Prozent – ein großer Unterschied angesichts von insgesamt bundesweit rund 100 .000 Studierenden und 200 .000 bis 400 .000 Euro Kosten je Studienplatz.

Der Bundesrat hat daher im Mai eine präzisere Ermittlung der Mehrkosten durch den Normenkontrollrat gefordert – dieses unabhängige Beratungsgremium der Bundesregierung untersucht die Folgekosten von allen Gesetzes- und Verordnungsentwürfen der Bundesregierung. „Bund und Länder sollten sich endlich auf eine Finanzierung einigen und zugleich die medizinischen Fakultäten in die Pflicht nehmen, einen Teil der Mehrkosten durch interne Anpassungen und Umverteilungen zu übernehmen“, sagt Eckhard Volbracht, Gesundheitsexperte der Bertelsmann-Stiftung

Unterschiede zwischen Regel- und Modellstudiengängen

Die Bertelsmann-Stiftung regt in einer Publikation nicht nur zusätzliche Mittel des Staates an, sondern rät auch zu einer Umverteilung der Mittel in Abhängigkeit davon, wie umfassend die Reformen umgesetzt werden. Dazu verweisen die Autoren auf die bundesweit 14 Modellstudiengänge, die nach der derzeitigen Approbationsordnung etabliert worden sind. Dort seien teilweise bereits jetzt zentrale Forderungen aus dem Masterplan Medizinstudium 2020 realisiert worden.

Zwischen den Regel- und Modellstudiengängen gebe es aber teils erhebliche Unterschiede in Lehre und Prüfung, heißt es. Im Zuge der geplanten neuen Approbationsordnung sollten „bewährte Ansätze“ aus den Modellstudiengängen für alle Fakultäten übernommen werden, um so „mehr Vergleichbarkeit der Leistungsstandards“ herzustellen.

Moniert hatten die Bundesländer in ihrer Entschließung im Mai auch eine „Übergriffigkeit“ des Bundes. Die Hochschulautonomie und Freiheit der Lehre dürften durch die Hoheit des Bundes bei der Organisation der medizinischen Prüfung als Staatsexamen nur „in verhältnismäßiger Weise eingeschränkt werden“, hieß es damals.

Stiftung hält deutlich veränderte Prüfungsformate für nötig

Die Bertelsmann-Stiftung sieht jedoch erheblichen Änderungsbedarf bei den Prüfungen. Bisher werde dort viel Faktenwissen abgefragt. Mit dem Entwurf der Approbationsordnung werde dagegen der Paradigmenwechsel in der Ausbildung hin zum kompetenzorientierten Lernen auch in den Prüfungen vollzogen.

Hier liege das Prä laut Staatsvertrag, der von allen Bundesländern verabschiedet wurde, beim Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP). Besonders der zweite Teil der künftigen mündlich-praktischen Abschlussprüfung M3 ermögliche eine Überprüfung auch der kommunikativen Kompetenzen der künftigen Ärzte.

Zwar seien diese Kompetenzen mittlerweile selbstverständlicher Teil der Lehre, doch gebe es zwischen den Fakultäten „im Umfang und in den Methoden (...) deutliche Unterschiede“. Wichtige Elemente in der neuen Approbationsordnung seien die gemeinsame Entscheidungsfindung mit den Patienten, die Übergabe der Versorgungsverantwortung an andere Ärzte oder Pflegekräfte sowie das Schreiben eines Patientenberichts.

Fokus auf kommunikative Kompetenzen

Die Bertelsmann-Stiftung hat nach eigenen Angaben ein Projekt des IMPP gefördert, bei dem das Institut Regularien für wichtige kommunikative Kompetenzen erarbeitet und Prüfungsfragen entwickelt hat. Damit werde eine „objektive, deutschlandweit vergleichbare Staatsexamensprüfung aller Medizinstudierenden in dieser Kompetenz“ ermöglicht, heißt es.

Diese Prüfungsformate seien unter Beteiligung von Sachverständigen verschiedener Gesundheitsberufe sowie teilweise auch in Kooperation mit der Initiative „Was hab ich“ entwickelt worden. Dazu gehören auch Qualitätsstandards sowie ein standardisierter Bewertungsbogen für einen Patientenbericht in laienverständlicher Sprache, den die Prüflinge künftig verfassen müssen.

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