Digitalisierung in der Pflege
Besser Pflegekräfte fragen als Klinik-Geschäftsführer
Technische Innovationen können die dringend erforderliche Entlastung für Pflegekräfte im Krankenhaus bringen. Entscheidend ist dabei, dass sie den Bedürfnissen der Nutzer Rechnung tragen.
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„Die Attraktivität liegt nicht primär in der Digitalisierung, sondern in den Arbeitsbedingungen“, betont Professorin Christel Bienstein, Präsidentin des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe, beim Medica Econ Forum der Techniker Krankenkasse.
© Georg Moritz, Berlin
Düsseldorf. Digitale Entwicklungen und andere technische Innovationen können dazu beitragen, Pflegekräfte in den Krankenhäusern zu entlasten. Voraussetzung ist aber, dass sie sich am tatsächlichen Bedarf orientieren, fordert Sarah Lukuc, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Pflegemanagement. „Hersteller mit innovativen Ideen sollten in den Kliniken mal zu den Pflegekräften statt zu den Geschäftsführern gehen und sie fragen, was sie brauchen“, sagte Lukuc beim Medica Econ Forum der Techniker Krankenkasse auf der Medizinmesse Medica in Düsseldorf.
Die Einbeziehung der Nutzer würde dazu führen, dass Innovationen auch wirklich Arbeitserleichterungen bringen. Die Intensivstationen zeigen nach ihrer Meinung das Potenzial, beispielsweise mit Perfusoren und der Temperaturmessung mit einer automatischen Ausleitung in das Dokumentationssystem. „So hat die Pflegekraft viel mehr Zeit, sich der Patientenversorgung zu widmen“, betonte sie.
Pflegekräfte wissen, was umsetzbar ist und was nicht
Die Pflege sei die größte Berufsgruppe im Krankenhaus und müsse entsprechend gehört werden, sagte Dr. Anke Diehl, Chief Transformation Officer und Leiterin der Stabsstelle Digitale Transformation an der Universitätsmedizin Essen. Gerade bei der digitalen Medizin müssten die Bedarfe und die Bedürfnisse der Nutzer berücksichtigt werden.
Bei der Weiterentwicklung der Essener Universitätsmedizin zum Smart Hospital spiele die Pflege eine wichtige Rolle, betonte Diehl. „Die Pflege ist unsere Basis, unser Kern, sie ist an allervorderster Front gefragt.“
Beim Projekt SmartHospital@NRW werde die Pflege bei der Definition von Anwendungsfällen einbezogen. Die Pflegefachkräfte könnten einschätzen, welche Entwicklungen umsetzbar sind und welche nicht. So sei das automatische Herunterlassen einer Jalousie sinnvoll, das automatische Herunterfahren eines Bettes aber nicht.
Wichtige Unterstützungsinstrumente
„Die Attraktivität liegt nicht primär in der Digitalisierung, sondern in den Arbeitsbedingungen“, betonte Professorin Christel Bienstein, Präsidentin des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe. Die Arbeitsbedingungen sind in ihren Augen eine Katastrophe. Für wichtig hält sie Unterstützungsinstrumente wie Matten in den Klinikbetten, die anzeigen, wenn ein Patient sich nicht bewegt.
Solche Hilfen seien zwingend notwendig, bestätigte Jenny Wortha, Pflegedirektorin im Klinikum Frankfurt (Oder). „Wir brauchen künftig ein digitales Risikomanagement“, sagte sie. Mit der elektronischen Patientenakte stünden die notwendigen Daten zur Verfügung. „Der klassische Arbeitsplatz muss sich verändern, denn unsere Mitarbeiter werden immer älter“, betonte Wortha. Innovationen seien notwendig, um ihnen so lange wie möglich eine gute Arbeit zu ermöglichen. (iss)