Blick auf die Börse

Bitcoin und Impfstoffaktien: Es ist an der Zeit, Kasse zu machen

Die Aktienkurse von Impfstoff-Entwicklern und die Notierung der Kryptowährung Bitcoin sind zuletzt stark gestiegen. Manche Experten warnen nun, beide Partys könnten schnell vorbei sein – und raten Anlegern, Gewinne zu realisieren.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:
Mit Aktien von Impfstoffherstellern ging es steil bergauf.

Mit Aktien von Impfstoffherstellern ging es steil bergauf.

© Björn Meyer / Getty Images / iStock

Neu-Isenburg. Anleger, die Anfang November vergangenen Jahres in Aktien diverser Impfstoffentwickler investiert haben, können ebenso hohe Kursgewinne verbuchen, wie jene, die auf die Kryptowährung Bitcoin gesetzt haben. Die Notierung des US-Vakzin-Entwicklers Moderna ist in dieser Zeit um mehr als 150 Prozent gestiegen, die des deutschen Mitbewerbers BioNTech um 28 Prozent, Johnson & Johnson hat 14 Prozent gewonnen; der Bitcoin in der Spitze sogar mehr als 200 Prozent. Doch jetzt könnte es an der Zeit sein, die bislang nur auf dem Papier erzielten Gewinne zu realisieren.

Nicht alle Vakzine sind profitabel

Weltweit würden derzeit 70 Unternehmen an der Entwicklung von mehr als 200 Impfstoffen gegen das SARS-CoV-2-Virus arbeiten, sagt Gottfried Urban, Geschäftsführer des Vermögensverwalters Urban & Kollegen in Altötting. „Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dass noch viele weitere Vakzine auf den Markt kommen.“

Zwar gebe es weltweit eine immense Nachfrage nach Inokulationen zum Schutz vor COVID-19. „Aufgrund des starken Wettbewerbs könnte es jedoch passieren, dass viele Impfstoffe nicht sehr profitabel sein werden“, sagt Urban. Die Aktienkurse der Produzenten könnten dann rasch wieder einbrechen. Für Anleger könnte es daher sinnvoll sein, jetzt einen Teil dieser Papiere zu verkaufen, um Gewinne mitzunehmen. „Aktien von Impfstoff-Entwicklern sollten im Portfolio besser gering dosiert sein.“

Der Ratschlag gilt nicht für Anteile an großen Pharmakonzernen, wie AstraZeneca, den BioNTech-Partner Pfizer oder Johnson & Johnson, für die die Vakzin-Produktion nur ein Nebengeschäft ist. Der britisch-schwedische Pharmahersteller AstraZeneca verkauft seinen, zusammen mit Wissenschaftlern der britischen Oxford-Universität entwickelten Impfstoff lediglich zum Selbstkostenpreis.

Die Gefahr heftiger Kursrückschläge gebe es vielmehr bei den kleinen, reinen Biotech-Unternehmen, sagt Urban. „Ein Blick in die Historie zeigt: Von Tausenden Biotech-Unternehmen, die seit 1976 gegründet wurden, haben nur 59 mehr als ein zugelassenes Arzneimittel an den Markt gebracht und nur fünf Unternehmen verzeichnen mehr als vier Arzneimittelzulassungen.“

Über einen Ausstieg sollten auch Anleger nachdenken, die in Bitcoin investiert sind, sagt Maik Bolsmann, Geschäftsführer der Kölner Vermögensverwaltung B&K. „Mit der Ursprungsidee einer digitalen Ersatzwährung hat das Kryptogeld heute nichts mehr zu tun.“ Die Erfinder wollten mit der virtuellen Währung ein mit kryptografischen Verschlüsselungsverfahren gesichertes Zahlungsmittel für Überweisungen im Internet schaffen. Inzwischen sei daraus ein „reines Spekulationsobjekt“ geworden, sagt Bolsmann.

150% Kursgewinn verzeichnete seit November vorigen Jahres die Aktie von Moderna. Das US-Biotechunternehmen hat einen mRNA-Impfstoff zur Corona- Prävention entwickelt und die Zulassung bereits erhalten.

Entsprechend stark schwankt der Kurs seit 2017. In den vergangenen Wochen wurden die Ausschläge extrem. Im Januar schoss die Notierung eines Bitcoins zeitweise auf bis zu 40.000 US-Dollar in die Höhe, nur um Tage später auf 30.000 US-Dollar zurückzufallen und anschließend wieder kräftig zu steigen. Zuletzt trieb die Ankündigung des US-Elektrofahrzeugherstellers Tesla, 1,5 Milliarden US-Dollar in Bitcoin zu investieren und die Kryptowährung als Zahlungsmittel zu akzeptieren, den Kurs in die Höhe. „Anleger sollten sich die Frage stellen, ob hier nicht Tesla einfach nur Werbung betreibt“, sagt Folker Hellmeyer, Chefvolkswirt der Bremer Anlagegesellschaft Solvecon Invest. „Kryptowährungen sind keine Währung wie Euro, Dollar oder Franken, sondern rein spekulative Investments im Internet.“

Reinvestionen in den MSCI World

Die Notierungen könnten deshalb schnell wieder tief fallen. „Gewinnt eine Korrektur an Dynamik, werden viele versuchen, aus dem fallenden Markt auszusteigen“, sagt Bolsmann. „Dann droht ein Flaschenhalseffekt, der den Kurs immer heftiger unter Druck bringt.“

Reinvestieren könnten Anleger die aus den Verkäufen der Aktien von Impfstoffherstellern und Bitcoins realisierten Gewinne in börsennotierte Indexfonds auf den MSCI World, sagt Helge Müller, Chefstratege der Genfer Vermögensverwaltung Genève Invest. Der MSCI World bildet die Kursentwicklung der 1600 größten Konzerne aus den 23 wirtschaftsstärksten Industrienationen der Welt nach. Diese Unternehmen würden in den kommenden Jahren massiv von der globalen Konjunkturerholung nach dem Ende der Pandemie profitieren, sagt Müller. „Die Impfstoffe beflügeln schon jetzt deren Aktienkurse.“ Der MSCI World hat in den vergangenen drei Monaten 13 Prozent gewonnen.

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