Zwei Beschwerden abgewiesen

Bundesverfassungsgericht: Wer Auswertung der EPA-Daten ablehnt, muss einfach widersprechen

Das Verfassungsgericht hat die ePA insofern bestätigt, als dass Krankenkassen gespeicherte Daten auswerten dürfen – es sei denn, der Versicherte ist damit nicht einverstanden.

Von Martin Wortmann Veröffentlicht:
Das Bundesverfassungsgericht hat Klagen gegen die Datenverarbeitung im Zusammenhang mit der ePA abgewiesen.

Das Bundesverfassungsgericht hat Klagen gegen die Datenverarbeitung im Zusammenhang mit der ePA abgewiesen.

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Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht hat Klagen gegen die Datenverarbeitung im Zusammenhang mit der elektronischen Patientenakte (ePA) abgewiesen. Danach dürfen die gesetzlichen Krankenkassen weiterhin die so gespeicherten Versichertendaten auswerten, etwa um innovative Versorgungsformen zu entwickeln oder ihren Mitgliedern individuelle Angebote zu machen.

Im Zusammenhang mit der ePA wurde Ende 2019 ein neuer Paragraf zur Förderung von Versorgungsinnovationen in das Sozialgesetzbuch aufgenommen. Um solche nicht näher bezeichneten Innovationen zu entwickeln, dürfen Krankenkassen die von ihnen ohnehin rechtmäßig gespeicherten Versichertendaten auswerten; dies erfolgt pseudonymisiert und soweit möglich auch anonymisiert. Dabei können die Kassen aber auch auf Daten der ePA zugreifen. Diese werden nicht nur auf der Karte, sondern auch bei den Kassen selbst gespeichert. Über Kerndaten wie Name, Anschrift und Versichertennummer hinaus ist die ePA aber freiwillig und bislang auch technisch auf nur wenige Daten wie etwa Notfall- und Medikationsdaten beschränkt.

Casus knacksus: Freiwilligkeit

Das Bundessozialgericht hatte kürzlich Klagen gegen die Datenspeicherung auf der elektronischen Gesundheitskarte abgewiesen. Die Speicherung der Kerndaten sei notwendig, darüber hinausgehende Speicherungen freiwillig. Das Bundesverfassungsgericht wies nun eine Beschwerde auch gegen die Auswertung dieser Daten als unzulässig ab. Auch die Karlsruher Richter betonten, dass die Speicherung und damit auch der Zugriff für die Auswertung über die Kerndaten hinaus freiwillig ist. „Damit hat der Beschwerdeführer es selbst in der Hand, die geltend gemachte Verletzung in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung abzuwenden, indem er seine Einwilligung zur Nutzung der ePA nicht erteilt.“

Der Beschwerdeführer hatte gerügt, dass bei den Kassen eine nicht ausreichend geschützte Sammlung hoch sensibler Versichertendaten entstehe. Eine Prüfung, ohne dass der Beschwerdeführer zwingend individuellen Nachteilen ausgesetzt ist, sei dem Verfassungsgericht aber rechtlich nicht möglich, heißt es in dem Beschluss. Nach der angegriffenen neuen Gesetzesregelung dürfen die Kassen zudem ihre Mitglieder individuell über für sie geeignete Versorgungsmöglichkeiten informieren und ihnen entsprechende Angebote unterbreiten. Ursprünglich mussten die Versicherten dem ausdrücklich zustimmen. Im Oktober 2020 wurde dies durch eine Widerspruchsregelung ersetzt.

Der Beschwerdeführer hat es selbst in der Hand, die geltend gemachte Verletzung in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung abzuwenden, indem er seine Einwilligung zur Nutzung der elektronischen Patientenakte nicht erteilt.

Bundesverfassungsgericht, aus der Urteilsbegründung

Der zweite Antragsteller wollte erreichen, dass die Widerspruchsregelung vorerst ausgesetzt wird, bis das Bundesverfassungsgericht ihre Rechtmäßigkeit abschließend geprüft hat. Diesen Antrag wies das Gericht aus formalen Gründen ab. „Der Antragsteller war verpflichtet, zunächst bei den Sozialgerichten um Rechtsschutz im Wege einer Feststellungs- oder Unterlassungsklage nachzusuchen“, heißt es zur Begründung.

Bundesverfassungsgericht, Az.: 1 BvR 619/20; 1 BvQ 108/20

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