Compliance

Charité gibt Leitfaden für MVZ raus

Abrechnungsbetrügereien haben dem Ruf Medizinischer Versorgungszentren immer wieder geschadet. Um nicht ins Visier von KV, Staatsanwaltschaft und vor allem der Medien zu geraten, hat die Charité für ihre MVZ ein komplexes Compliance-System entwickelt.

Julia FrischVon Julia Frisch Veröffentlicht:
Unkoordinierte Verordnungsfreude kann im MVZ schnell den Budgetdeckel sprengen. Compliance heißt deshalb bei der Charité auch, das Regressrisiko im Auge zu behalten.

Unkoordinierte Verordnungsfreude kann im MVZ schnell den Budgetdeckel sprengen. Compliance heißt deshalb bei der Charité auch, das Regressrisiko im Auge zu behalten.

© Gina Sanders / fotolia.com

BERLIN. Der Schaden gerade in größeren MVZ ist oft immens, wenn bei der Abrechnung etwas schiefläuft. Die Schadenersatzsummen sind erklecklich, dazu ist aufgrund der medialen Berichterstattung auch noch der gute Ruf ruiniert.

Das Berliner Universitätsklinikum Charité hat deshalb ein Compliance-Management-System aufgebaut, das die Einhaltung interner und externer Regeln und Gesetze sicherstellen soll. Dazu gehören ein Compliance-Komitee, ein Compliance-Koordinator, ein Vertrauensanwalt sowie Compliance-Beauftragte in den jeweiligen Tochtergesellschaften, also auch MVZ und dem Ambulanten Gesundheitszentrum.

"Unser Ziel ist es, Haftungsfälle zu vermeiden, die Reputation sicherzustellen und auch die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen", sagte Tim Schleifenecker, Teamleiter Compliance der Charité auf dem Praktikerkongress des Bundesverbands Medizinischer Versorgungszentren in Berlin.

Sechs Problembereiche identifiziert

Wer Risiken bekämpfen will, muss sie erst einmal kennen. Geordnet vor allem nach dem finanziellen Schaden, den Unregelmäßigkeiten verursachen würden, hat das Ambulante Gesundheitszentrum (AGZ) sechs Problembereiche identifiziert, "auf die wir ein besonderes Augenmerk haben", so Verena Simon, Geschäftsführerin des AGZ.

Dazu gehört an erster Stelle das Erfordernis der persönlichen Leistungserbringung, gefolgt von der Abrechnung nicht erbrachter Leistungen, die Leistungserbringung ohne Genehmigung, Fehler bei Fallartwechsel, die Regressgefahr bei der Verordnung von Medikamenten (Simon:"bei uns arbeiten viele ehemalige Krankenhaus-Ärzte, die sind oft ziemlich flott dabei") sowie falsche Dokumentationen.

Damit alle Mitarbeiter im MVZ wissen, welche internen und externen Regeln einzuhalten sind, gibt es Dienst- und Verfahrensanweisungen etwa zur Annahme von Geschenken, Handlungsempfehlungen in Bezug auf Antikorruption und einen rund 40-seitigen Leitfaden zur persönlichen Leistungserbringung, nach dessen Lektüre jeder Arzt schriftlich bestätigen müssen, ihn gelesen und verstanden zu haben, sowie Schulungen. Außerdem gibt es interne Kontrollmechanismen wie das Vier-Augen-Prinzip oder Checklisten, die regelmäßig überprüft werden.

Regelmäßige Anpassung

"Manche Checklisten werden jedes Quartal angepasst, manche werfen wir auch weg", berichtete Verena Simon. Eine wichtige Rolle, um Unregelmäßigkeiten aufzudecken, spielt auch der Vertrauensanwalt, an den sich MVZ-Angestellte wenden können.

Die Komplexität der Regelwelt erschwere die Behandlung von Patienten, verunsichere oft Ärzte, Medizinische Fachangestellte und die ärztliche Leitung und schaffe oft auch Grauzonen. "Wichtig ist, dass es klare Strukturen, transparente Prozesse und einen kontinuierlichen Lernprozess gibt", so Simon.

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