Berufliches Selbstverständnis
Chefarzt? Nicht unbedingt!
Work-Life-Balance und finanzielle Sicherheit sind die dominanten Themen für gegenwärtige und künftige Heilberufler. Das geht aus der jüngsten apoBank-Studie „Inside Heilberuf II“ hervor.
Veröffentlicht:Düsseldorf. Was eint die nächste Generation von Heilberuflern? Für jeden Zweiten von ihnen hat die berufliche Karriere nur eine untergeordnete Bedeutung.
Das ergibt die jüngste Studie „Inside Heilberuf II“ der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank), für die 500 Ärzte, Zahnärzte, Apotheker sowie Studenten der jeweiligen Fächer befragt wurden.
Für den modernen Heilberufler sind demnach Familie und Partnerschaft der wichtigste Bereich im Leben – 93 Prozent der Befragten antworteten entsprechend.
Mit 87 Prozent rangiert die finanzielle Sicherheit und Altersvorsorge auf Rang zwei der Prioritätenliste. Menschen zu helfen oder zu heilen ist für 83 Prozent der Studienteilnehmer wichtig – 2016 waren es noch 85 Prozent.
Nachhaltiger Lebensstil wird wichtiger
Im Hinblick auf die Diskussion um den Klimawandel interessant ist, dass inzwischen für 65 Prozent der Heilberufler das Thema nachhaltiger Lebensstil und Umweltschutz wichtig ist – 2016 waren es erst 60 Prozent.
Nach ihren Vorhaben für die kommenden drei Jahre gefragt, nennt ein Drittel der niedergelassenen Heilberufler die Vorbereitung auf den Ruhestand. Für jeden Vierten bedeutet das, sich um die Abgabe der eigenen Praxis oder Apotheke zu kümmern.
Für die Angestellten hingegen steht in den nächsten Jahren vorwiegend Kindererziehung auf der Agenda. 26 Prozent planen einen Jobwechsel oder einen Karrieresprung – dabei denkt fast jeder fünfte Angestellte an die Existenzgründung.
Kindererziehung wird für Männer relevanter
Im Geschlechtervergleich zeigen sich bei den Themen rund um Familie und Kinder gegenüber der ersten Befragungswelle einige Verschiebungen: Nur noch für 18 Prozent der Frauen steht Familiengründung in den kommenden drei Jahren an (2016 waren es 27 Prozent).
Auch Kindererziehung wird mit 27 Prozent von den befragten Frauen seltener genannt (2016: 31 Prozent). Bei Männern dagegen ist der Anteil derer, die sich in naher Zukunft ihren Kindern widmen wollen, von 16 Prozent auf 20 Prozent gestiegen.
Wunsch nach weniger Bürokratie und höheren Einkommen
Befragt zu den Wünschen in ihrem konkreten beruflichen Alltag, geben 90 Prozent der Befragten weniger Dokumentation, Verwaltungsarbeit und staatlicher Regulierung an, 75 Prozent wünschen sich zugleich ein höheres Einkommen.
Die Zahlen stehen nicht im Widerspruch. Denn: Wer weniger Bürokratie vor der Brust hat, hat mehr Zeit für zum Beispiel das Erbringen lukrativer Selbstzahlerangebote. Mehr Zeit für den Patienten/Kunden wünschen sich 66 Prozent der Heilberufler.
Für und gegen Digitalisierung
Die nicht zuletzt durch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn forcierte Digitalisierung des Gesundheitswesens scheint die Heilberufler indes zu spalten: 33 Prozent wünschen sich weniger und 30 Prozent mehr digitales Datenmanagement.
Insgesamt gehört aber das Thema Digitalisierung für jeden vierten Heilberufler zu den vordringlichen Herausforderungen im Gesundheitswesen. Vor allem Studenten sehen darin eine große Baustelle. Ein Blick auf die einzelnen Berufsgruppen verrät, dass insbesondere Apotheker (27 Prozent) und Fachärzte (26 Prozent) hier viel Nachholbedarf sehen. Doch für nur 14 Prozent der befragten Zahnärzte ist das Thema akut.
Die Zufriedenheitswerte mit dem beruflichen Umfeld haben gegenüber 2016 um sieben Prozentpunkte abgenommen, wenngleich die Mehrheit (55 Prozent) weiterhin zufrieden ist. Bei den studierenden Heilberuflern ist die Differenz allerdings besonders groß: Während 2016 noch 71 Prozent mit ihren beruflichen Aussichten zufrieden waren, sind es 2019 nur noch 56 Prozent. Richtig pessimistisch beurteilen die Situation jedoch nur 12 Prozent der Studenten, ein Drittel bewertet seine berufliche Zukunft unentschieden.
Entsprechend sind auch die Raten der Weiterempfehlung des Berufs an junge Menschen gesunken. Die niedrigste weisen die Zahnärzte auf (41 Prozent), aber auch Ärzte schauen weniger optimistisch in die Zukunft. Apotheker schätzen dagegen die Aussichten für ihre Profession deutlich besser ein (45 Prozent) als noch vor drei Jahren (2016: 37 Prozent).
Verunsicherung „nicht verwunderlich“
Für Ulrich Sommer, Vorsitzender des Vorstands der apoBank, deutet die sinkende Zufriedenheit und das Zögern bei der Weiterempfehlung des Heilberufs auf eine gewisse Verunsicherung hin, wie sich der Gesundheitsmarkt künftig entwickeln wird.
„Angesichts der anstehenden Veränderungen, die durch die Fülle an Gesetzen, den ökonomischen Druck und die Digitalisierung im Gesundheitswesen getrieben werden, ist das nicht verwunderlich.“