Deutscher Krankenhaustag zur Pandemie

DKG-Chef: Wir haben unseren Zeitvorsprung ein stückweit verspielt

Die Lage auf den Intensivstationen ist kritisch, mahnt DKG-Chef Gaß. Die Politik müsse jetzt handeln. Dazu könnte eine Impfpflicht für Gesundheitsberufe gehören. Vor allem aber brauche es einen Klinik-Rettungsschirm 2.0

Rebekka HöhlVon Rebekka Höhl Veröffentlicht:
„Wir brauchen jetzt Maßnahmen, um die Corona-Entwicklung zu bremsen“, forderte DKG-Chef Dr. Gerald Gaß beim Deutschen Krankenhaustag.

„Wir brauchen jetzt Maßnahmen, um die Corona-Entwicklung zu bremsen“, forderte DKG-Chef Dr. Gerald Gaß beim Deutschen Krankenhaustag.

© www.Schoelzel.net

Düsseldorf. Aktuell würden rund 3100 COVID-Patienten auf den Intensivstationen versorgt. „Wir werden in den kommenden zehn Tagen das Niveau von 4000 Intensivpatienten erreichen“, skizzierte Kongresspräsident Dr. Gerald Gaß bei der digitalen Eröffnung des 44. Deutschen Krankenhaustages am Montag die Lage in den Kliniken. „Wir haben alle Hände voll zu tun, die Situation zu bewältigen“, so Gaß, der auch Vorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft ist.

Deutschland sei in den vergangenen 20 Monaten zwar gut durch die Pandemie gekommen, auch weil diese erst zeitversetzt bei uns angekommen sei. „Aber den Zeitvorsprung haben wir ein stückweit verspielt“, kritisierte er. Zwar begrüßte er, dass übers Wochenende bereits verschärfende Corona-Maßnahmen, wie 2G- und 3G-Regeln in bestimmten Bereichen des öffentlichen Lebens, auf den Weg gebracht worden sind. Und auch, dass das Infektionsschutzgesetz angepasst werden soll. Aber das reiche nicht. „Der Frust in den Kliniken über die Untätigkeit der Politik ist groß.“

Große Personalflucht auf den Intensivstationen

Eine DKG-Befragung zeige, dass etwa 70 Prozent der Intensivstationen Personal verloren hätten in den letzten Monaten. „Die sind auf Normalstationen abgewandert, haben ihre Arbeitszeit reduziert oder sind ganz aus dem Beruf ausgestiegen“, berichtete er.

„Wir stehen mit dem Rücken an der Wand“, berichtete auch Dr. Sabine Berninger vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (BDfK).

„Wir brauchen jetzt Maßnahmen, um die Corona-Entwicklung zu bremsen“, forderte Gaß. Dazu gehört für ihn ein schnell handlungsfähiges Gesundheitsministerium.

Gaß: Arbeitgeber sollten Impfstatus abfragen dürfen

Dabei sei nicht verständlich, warum wir bis heute keinen nationalen Krisenstab hätten, über den „die wesentlichen Akteure des Gesundheitswesens“ kontinuierlich mit der Politik im Austausch stehen. Oder warum nach 20 Monaten Pandemie die Gesundheitsämter den Kliniken noch immer kein digitales Meldeverfahren für Coronafälle zur Verfügung stellen würden. Ebenso wenig ersichtlich ist für Gaß, dass Arbeitgeber den Impfstatus ihrer Mitarbeiter nicht abfragen dürfen, „wo jeder doch bereitwillig in jeder Pizzeria seinen Impfnachweis vorzeigt“. Hier müssten die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Die DKG spricht sich laut Gaß durchaus auch für eine Impfpflicht bei Gesundheitsberufen aus. „Wir werden in den eigenen Reihen auch dafür werben“, sagte er. Die möglichen künftigen Regierungspartner SPD, Grüne und FDP wollen nach Angaben der Grünen über eine Corona-Impfpflicht für bestimmte Bereiche sprechen.

Forderung nach punktuellen Liquiditätshilfen

Die DKG fordert von der bestehenden und künftigen Bundesregierung aber noch etwas: Es müsse ein Klinik-Rettungsschirm 2.0 aufgelegt werden. „Die Kliniken brauchen wieder maximalen Handlungsspielraum, um nach medizinischen Kriterien das Regelsystem wieder gezielt an die konkrete Belastung vor Ort anzupassen“, sagte Gaß. Dazu müssten die Häuser sicher sein, dass ihr wirtschaftliches Überleben auch bei sinkenden Fallzahlen im Regelsystem gesichert ist. „Wir brauchen deshalb einen wirksamen Rettungsschirm für alle Krankenhäuser auch über das Jahresende hinaus“, erklärte er.

Der gerade erst vom Gesundheitsministerium vorgelegte Vorschlag, Krankenhäusern einen Versorgungsaufschlag für die Behandlung von Corona-Patienten zu zahlen, reicht ihm nicht. „Wir brauchen über die Versorgungszuschläge hinaus punktuelle Liquiditätshilfen, die am Ende des Jahres aber auch mit dem Ergebnis verrechnet werden“, so Gaß. Zu letzterem stehe die DKG. Es gehe nicht um eine Überfinanzierung, sondern um eine Absicherung der Kliniken.

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