Hintergrund

Der Anfang vom Ende des Kugelschreibers ist gekommen

Der elektronische Arztausweis ist da. So langsam finden die Ärzte auch zu einer einheitlichen Linie.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:

Nach jahrelangen Vorbereitungen halten in Nordrhein jetzt die ersten Ärzte elektronische Arztausweise in ihren Händen. Mit ihnen können sie elektronische Unterschriften leisten, die der handschriftlichen Signatur rechtlich gleichgestellt sind. Noch sind die Zahlen allerdings bescheiden, trotz der finanziellen Förderung durch die KV Nordrhein.

1195 Ärzte haben Anfang 2009 insgesamt 800 000 Euro von der KV erhalten. Dafür müssen sie noch in diesem Jahr zum ersten Mal nicht nur ihre Abrechnung online übersenden, sondern auch die Gesamtaufstellung elektronisch übermitteln und sie mit der qualifizierten digitalen Signatur des elektronischen Arztausweises unterschreiben. Genau drei Ärzte haben das im zweiten Quartal getan. Doch die KV Nordrhein ist zuversichtlich, dass die Zahlen rasch steigen werden. Laut Ärztekammer Nordrhein haben bisher 500 Ärzte den Antragsprozess durchlaufen. 420 Ausweise sind bisher ausgeliefert.

Auch in Schleswig-Holstein sind die Weichen in Richtung Ausgabe gestellt: Nach dem erfolgreichen Pilotprojekt zum elektronischen Arztausweis in Flensburg sollten ursprünglich schon in der ersten Jahreshälfte bis zu 1500 Ausweise ausgegeben werden. Das hat sich verzögert. Aber Kammer-Chef Dr. Franz-Josef Bartmann, gleichzeitig für Telematik zuständiger Vorstand in der Bundesärztekammer, zeigte sich optimistisch: "Ich gehe davon aus, dass die ersten Ärzte außerhalb des Flensburger Pilotprojekts noch in diesem Jahr ihre elektronischen Arztausweise bestellen werden."

Es gibt freilich noch Hindernisse: Nur wenige Praxis-EDV-Hersteller unterstützen bisher die digitale Signatur. Das ist für die Online-Abrechnung aber auch nicht zwingend erforderlich: "Wenn die EDV die Signatur unterstützt, ist das hilfreich. Es geht aber auch ohne", sagt Uwe Meyer-Vogelgesang, Geschäftsführer von medisign, dem bisher einzigen Anbieter elektronischer Arztausweise.

Finanziell lohnt sich die Sache für Ärzte auf jeden Fall: In Nordrhein bekommt jeder, der online abrechnet und die Gesamtaufstellung digital signiert, einen Rabatt auf die KV-Verwaltungskosten. Statt 2,8 Prozent werden 2,6 Prozent fällig. Dagegen fallen die 5,90 Euro, die der elektronische Arztausweis in Nordrhein monatlich kostet, kaum ins Gewicht.

Mittelfristig sollen Ärzte mit dem elektronischen Arztausweis sehr viel mehr können als nur online abrechnen. Anschauungsmaterial bietet das Mitgliederportal der Ärztekammer Nordrhein, das den Ausweisbesitzern Zusatzfunktionen bietet. So können Anträge auf ein Fortbildungszertifikat und Mitteilungen über Teilzeitarbeit digital signiert werden. Papier ist dann nicht mehr nötig.

Das ist noch nicht viel, aber es zeigt doch, wohin die Reise geht: Für die Kommunikation des Arztes mit seinen Körperschaften wird der Kugelschreiber irgendwann obsolet. Und auch die zwischenärztliche elektronische Kommunikation dürfte durch den Arztausweis einen Schub erleben: Ärztenetze etwa können bald den elektronischen Arztausweis nutzen, um Netzmitglieder zu identifizieren oder um rechtskräftig signierte Dokumente auszutauschen.

Stand heute freilich ist: Die Ärzteschaft ist von einer einheitlichen Linie bei der digitalen Kommunikation noch ein gutes Stück entfernt. Ärztenetze kommunizieren in der Regel ganz ohne Signaturen. Die Online-Kommunikation mit den privatärztlichen Abrechnungsdienstleistern läuft über eine Chipkarte mit einer digitalen Signaturvariante, der die hundertprozentige Rechtskräftigkeit fehlt. Auch bei vielen Kassenzahnärztlichen Vereinigungen wird diese Signatur eingesetzt. Die Zahnärzte wollen das solange akzeptieren, bis der elektronische Heilberufsausweis da ist, der einmal mit der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) kommunizieren soll.

Hier liegt nämlich ein häufiges Missverständnis: Der elektronische Arztausweis, der derzeit ausgegeben wird, kann nicht mit der eGK kommunizieren. Bis eGK-kompatible Arztausweise außerhalb der eGK-Testregionen zur Verfügung stehen, wird es noch etwa ein Jahr dauern. Wenn die Online-Welt der eGK in zwei, drei Jahren startet, muss der aktuell ausgegebene elektronische Arztausweis ausgetauscht werden. "Das passiert aber unbürokratisch, ohne erneutes Durchlaufen des Antragsprozedere", sagt Uwe Meyer-Vogelgesang.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Bremsen an der falschen Stelle

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