Ländervergleich
Deutsches E-Health-Modell weniger serviceorientiert
Wissenschaftler haben sich E-Health-Anwendungen im Ländervergleich angesehen. Ihr Report zeigt: Das deutsche Modell ist eher akademisch und weniger serviceorientiert.
Veröffentlicht:Köln. In Deutschland könnten E-Health-Anwendungen im Gesundheitswesen eine höhere Schlagkraft erhalten, wenn Servicelösungen und Mehrwertdienste stärker im Vordergrund stehen würden.
Das zeigt nach einer Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts der privaten Krankenversicherer (WIP) ein Blick in einige andere Länder. Die Autoren des Reports „E-Health-Anwendungen im Ländervergleich“, Dr. Frank Wild und Daria Kozica, haben die bundesdeutsche Situation mit Österreich, der Schweiz, Polen, Dänemark, Estland und Australien verglichen.
Demnach gibt es insbesondere bei der Funktionalität der Anwendungen große Unterschiede. „Der Schwerpunkt in Deutschland liegt vor allem im Informationsaustausch und in der Datensammlung als Basis für Datenauswertungen“, heißt es. Das „deutsche Modell“ sei eher akademisch gedacht. „Service- und Mehrwertleistungen für die breite Bevölkerung“ seien als Wettbewerbsinstrument der Kostenträger vorgesehen „und werden erst später auf die Telematik aufgesetzt.“
Eine mögliche Folge: Für viele Versicherte ist der Nutzen der neuen Dienste nicht richtig zu erkennen. „Um Akzeptanz und Interesse zu steigern, scheint es mit Blick auf die Erfahrungen anderer Länder sinnvoll, vermehrt und zügig auf Servicelösungen und Mehrwertdienste zu setzen.“
Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis
Positive Beispiele sehen die Autoren in Dänemark und Estland. „In diesen beiden Ländern ist beispielsweise zentral über ein Portal der Abruf von allgemeinen und persönlichen Gesundheitsinformationen und eine Arztsuche und anschließende Terminvereinbarung möglich.“ Laut WIP waren in Estland 2018 bereits 95 Prozent aller Patientendaten digitalisiert, 99 Prozent aller Arzneimittelverschreibungen erfolgten digital.
In Dänemark und Estland werden die meisten der von den Wissenschaftlern untersuchten 27 E-Health-Anwendungen angeboten. Am weitesten verbreitet sind danach die elektronische AU-Bescheinigung und die E-Überweisung. Beide kommen in allen sieben Ländern zum Einsatz. Häufig vertreten sind auch das E-Rezept, die elektronische Patientenakte, digitalisierte Befunde und Arztbriefe.
Die Autoren weisen aber darauf hin, dass die Anwendungen in unterschiedlichen Ausbaustufen vorliegen und zum Teil eine Diskrepanz zwischen theoretischer Verfügbarkeit und tatsächlicher Verwendung besteht. „In Deutschland ist aktuell nur das Gesundheitsinformationsportal inklusive der dort angebotenen Arztsuche flächendeckend verfügbar.“ In Polen sind laut Übersicht die wenigsten Anwendungen verfügbar.
Beim Zugang zur ePA und anderen E-Health-Anwendungen mit sensiblen Gesundheitsdaten setzt neben Deutschland auch Australien auf die Krankenversicherungskarte. Estland nutzt zur Authentifizierung den elektronischen Personalausweis. In Österreich erfolgt der Zugang über die Bürgerkarte, einen virtuellen Ausweis, oder eine Handysignatur. Dänemark und die Schweiz arbeiten mit einer Identifikationsnummer. Polen blieb bei dieser Betrachtung außen vor, da es dort keine ePA gibt. (iss)