Die Zukunft der Medizin ist mobil

Mobile Geräte und medizinische Apps sind auf dem Vormarsch. Das bietet große Chancen für eine effiziente Gesundheitsversorgung, stellt die beteiligten Ärzte, Kliniken und MedTech-Unternehmen aber auch vor organisatorische und regulatorische Herausforderungen.

Von Eugenie Wulfert Veröffentlicht:
In den USA sind Tablet-PC sogar schon für die Befundung zugelassen. Hierzulande ist das nach der Röntgenverordnung noch verboten.

In den USA sind Tablet-PC sogar schon für die Befundung zugelassen. Hierzulande ist das nach der Röntgenverordnung noch verboten.

© B. Haas / fotolia.com

BERLIN. Immer häufiger werden mobile Geräte und medizinische Applikationen (Apps) von den Krankenhäusern, Arztpraxen und nicht zuletzt Patienten genutzt.

Sie erlauben dem Nutzer beispielsweise, seine Blutwerte über einen an sein Smartphone angeschlossenen Sensor zuhause zu erfassen und per WLAN an den behandelnden Arzt zu übermitteln, um von diesem - oder gar dem Gerät selbst - schon nach kurzer Zeit einen Therapievorschlag zu erhalten.

Auch bei Ärzten, die sich privat längst an Tablet-PC und Smartphones gewöhnt haben, ist der Wunsch stark, diese auch am Arbeitsplatz nutzen zu können.

Daten überall und zu jeder Zeit greifbar

"Diese Entwicklung wird von den Anwendern forciert. Deshalb kommt der breite Einsatz mobiler Geräte unweigerlich", sagte Armin Gärtner, Gutachter und Sachverständiger für Medizintechnik und Telemedizin, beim BVMed-Workshop zum Thema Gesundheits-IT.

Die Vorteile der mobilen Geräte und der Apps liegen auf der Hand. Der Arzt kann medizinische Daten schnell erfassen, bearbeiten und überall und zu jeder Zeit auf sie zugreifen.

"Zukünftig wird es Apps geben, die dem Nutzer einen direkten Zugriff auf die Daten der großen Systeme, wie das Krankenhaus-Informationssystem (KIS) und die Elektronische Patientenakte (ePA), ermöglichen", erwartet der Medizintechnikexperte.

Wann wird das Smartphone zum Medizinprodukt?

Der Einsatz von Smartphones und anderen Mobilgeräten im Gesundheitsbereich wirft jedoch viele Fragen auf: Ist Analyse-Software zum Beispiel zu Blutzuckergehalt oder Körperfettanteil für Smartphones ein Medizinprodukt? Wird dadurch auch das Smartphone oder ein Tablet-PC zu einem Medizinprodukt?

Fest steht: Einer Qualitätskontrolle, wie sie bei anderen medizinischen Geräten üblich ist, sind Apps derzeit nicht unterworfen. Die Gesetzeslage in Deutschland und Europa ist noch nicht auf den Einsatz mobiler Geräte in der Medizin vorbereitet.

Ob ein mobiles System oder eine Medizin-App unter die Regelung des Medizinproduktegesetzes (MPG) fällt, entscheidet nach geltendem Recht allein der Hersteller.

Die USA sind in der Diskussion über den Einsatz von mobilen Geräten deutlich weiter. Deshalb verwies Gärtner auf den Entwurf "Mobile Medical Applications" der zuständigen Zulassungsbehörde FDA (US Food and Drug Administration) vom Juli 2011. "Diese Diskussion wird auch in Europa ankommen. Allerdings erst in etwa fünf Jahren", vermutet Gärtner.

Bis dahin sollte man davon ausgehen, dass Apps als Software ebenfalls in den Geltungsbereich des MPG fallen. "Wer eine App anbietet, die ein Smartphone zum Beispiel zu einem EKG-Gerät macht, verwandelt ein IT- in ein Medizinprodukt", ergänzte Gärtner.

Auf dem Weg in die Klinik schnell die Daten screenen

Ein weiteres potenziell wichtiges Anwendungsgebiet ist die Anzeige von medizinischen Bildern auf Tablet-PCs. In den USA ist es bereits weit verbreitet. Dort hat die FDA das iPhone und iPad von Apple für die Befundung von CT- und MRT-Bildern zugelassen.

Hierzulande ist eine Befundung mit Tablet-PCs nach der Röntgenverordnung verboten. Unter bestimmten Voraussetzungen aber könnten die Geräte für eine Vorbefundung genutzt werden, berichtete Gärtner.

Das sei dann denkbar, wenn ein Arzt auf dem Weg in die Klinik sich eine Aufnahme anschaut, um eine Vordiagnose zu stellen. Eine korrekte Befundung müsse aber dennoch nach Ankunft in der Klinik durchgeführt werden.

Insgesamt müssten Krankenhäuser zukünftig verstärkt darauf achten, ihre verschiedenen IT- und Gerätesysteme aufeinander abzustimmen, deren reibungslose Kommunikation untereinander sicherzustellen, und die Netzwerke gegen Einflüsse von außen zu schützen, empfahl Gärtner.

Als vielversprechenden Lösungsansatz verwies er auf die neue Norm DIN EN 80001 hin, die genau diese Problematik aufgreift, und seiner Meinung nach zielgerichtete und vielversprechende Lösungsansätze für ein verbessertes Risikomanagement in medizinischen IT-Netzwerken bietet.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Dr. Tino Großmann, Senior Vice President Connectivity bei der CompuGroup Medical

© CGM

„ÄrzteTag extra“-Podcast

„Die eAU wird der entscheidende Meilenstein sein“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: CompuGroup Medical
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Ärztin schaut sich Bildgebung auf ihrem Tablet an.

© Pixel Skull Design / stock.adobe.com

New Work-Modelle

Homeoffice für Ärzte – so klappt das!

Frau telefoniert

© Matthias Balk / picture alliance

Kontakt mit Patienten

Arztpraxis ohne Telefon: Kann das funktionieren?