Eugen-Münch-Preis

Engagement für Digital Health und Telemonitoring geehrt

Der Eugen-Münch-Preis wird für Lösungen vergeben, die Patientenorientierung und ökonomische Effizienz miteinander verbinden. In diesem Jahr wurden Lösungen zum Telemonitoring für COPD in Deutschland sowie ein Online-Stottertherapieformat prämiert.

Von Christina Bauer Veröffentlicht:
Der Allgemeinmediziner Dr. Alexander Wolff von Gudenberg, geistiger Vater des Online-Stottertherapieformats Speechagain, ist einer der diesjährigen Träger des Eugen-Münch-Preises.

Der Allgemeinmediziner Dr. Alexander Wolff von Gudenberg, geistiger Vater des Online-Stottertherapieformats Speechagain, ist einer der diesjährigen Träger des Eugen-Münch-Preises.

© Jana Kötter (Archivfoto)

MÜNCHEN. Patientenorientierung und Ökonomie müssen im Gesundheitswesen keine Widersprüche sein. Im Gegenteil: Durch den innovativen Einsatz von Technik ist es möglich, beides zu verbessern und damit das Gesundheitssystem positiv zu verändern. Dieser Prämisse folgt die Stiftung Münch mit ihrem seit 2015 jährlich ausgeschriebenen Eugen-Münch-Preis. Die diesjährigen Preisträger der mit jeweils 20.000 Euro dotierten Auszeichnung sind Dmitrij Achelrod (Kategorie Versorgungsforschung) und Dr. Alexander Wolff von Gudenberg (Kategorie praktische Anwendung).

Wolff von Gudenberg reüssierte mit seinem digitalen Therapieformat Speechagain, das Stotternden zur flüssigen Sprache verhelfen soll. Der Allgemeinarzt mit Zusatzbezeichnung Sprach- und Stimmstörungen, gründete 1996 das Institut der Kasseler Stottertherapie. Unter dem Dach des 2015 von ihm mitgegründeten Start-ups Digithep packten er und sein Team ihr Wissen dann in eine digitale Form. "Wir sind den gesamten Weg von einer Präsenztherapie über eine Blended-Learning-Version bis hin zur kompletten Online-Lösung gegangen", sagte der Arzt bei der Verleihung.

Das Ziel: Stotterfrei in einem Jahr

Speechagain transferiere die in Kassel entwickelte, evidenzbasierte Stottertherapie nach S3-Leitlinie, in moderne Methoden. Die Patienten können damit am Computer per Spracheingabe üben. Es erfolgt ein Abgleich mit der "Soll-Aussprache", Grafiken zeigen fortlaufend die Ergebnisse. Das Programm passt die Übungen individuell den Fortschritten an. Nach höchstens einem Jahr sollen Stotternde flüssig sprechen können. Derzeit gibt es Versionen in Deutsch und Englisch. Parallel zu Gesprächen über eine mögliche Kostenerstattung mit deutschen Krankenkassen geht das Produkt über den German Accelerator in den USA an den Start.

Derzeit sei vor allem der Einsatz an Praxen und Schulen möglich, so Wolff von Gudenberg, die Flexibilität solle aber noch wachsen. "Wir werden demnächst eine Stand-alone-Version anbieten", kündigte der Mediziner an. Diese könne Betroffene erreichen, die bisher keinen Zugang zu qualifizierter Stottertherapie haben. Von den etwa 70 Millionen Stotternden weltweit seien das bisher die meisten. In Deutschland gebe es über 800.000 Stotterer.

Der Gesundheitsökonom und Datenforscher Achelrod wertete in seiner Promotionsstudie am Hamburg Center for Health Economics aus, wie sich Telemonitoring in der COPD-Therapie auswirkt. Betroffene Patienten leiden besonders unter plötzlichen Atemnot-Attacken. In einem Projekt der AOK Bayern und der SHL Telemedizin wurden 651 COPD-Patienten telemedizinisch begleitet. Jeder bekam ein bis zwei Monitoringgeräte mit nach Hause. Die dort erhobenen Vitaldaten wurden an ein Überwachungszentrum gesendet. Ein Algorithmus errechnete daraus das aktuelle Risiko für eine Verschlechterung, und erstellte bei Überschreitung definierter Grenzwerte eine Warnung. Damit sollten zeitnahe Gegenmaßnahmen möglich werden. Die Patienten besprachen zudem vorab mit ihrem Arzt Schritte, was bei einer Verschlechterung zu tun sei. Für seine Studie konnte Achelrod die Daten eines Projektjahres auswerten. Als Vergleichsgruppe konnte er Daten von 7047 Patienten aus der Regelversorgung verwenden.

895 Euro je Patient und Jahr gespart

"Es konnte ein klarer medizinischer und ökonomischer Vorteil durch Telemonitoring aufgezeigt werden", so sein Fazit. Den Ergebnissen zufolge mussten die Telemonitoring-Patienten seltener ins Krankenhaus oder in eine Notaufnahme. Sie hätten insgesamt weniger medizinische Leistungen benötigt, sogar die Mortalität sei um 49 Prozent gesunken. Parallel seien Ausgaben gespart worden, pro Patient und Jahr 895 Euro.

"Wir müssen mit Entschlossenheit und Mut die Entwicklung digitaler Anwendungen vorantreiben", sagte Achelrod, der seit 2016 für das Start-up QuantCo tätig ist.

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