Medizinstudium in Polen

Fertig studiert und trotzdem keine Approbation

Medizin im polnischen Stettin studieren und dann in Deutschland als Arzt arbeiten: Dieser Plan gerät gerade für einige Absolventen ins Wanken. Denn sie erhalten hierzulande keine Approbation. In Brandenburg hofft man jetzt auf Jens Spahn.

Benjamin LassiweVon Benjamin Lassiwe Veröffentlicht:
Medizinstudentin aus Stettin (Mitte) während ihres PJ (hier in Hamm). Manche ihrer Kommillitionen haben offenbar Probleme mit der Approbation.

Medizinstudentin aus Stettin (Mitte) während ihres PJ (hier in Hamm). Manche ihrer Kommillitionen haben offenbar Probleme mit der Approbation.

© Guido Kirchner / dpa

Potsdam. Medizinabsolventen aus Polen haben offenbar zunehmend Probleme mit ihrer Approbation in Deutschland. Am Mittwoch brachte die brandenburgische Grünen-Abgeordnete Carla Kniestedt dieses Thema in den Gesundheitsausschuss des Potsdamer Landtags ein.

„Vor allem in den grenznahen Regionen gibt es Kliniken, die von einer unklaren Situation betroffen sind“, sagte sie. Betroffen sind offenbar Absolventen der Pommerschen Medizin-Uni im polnischen Stettin. Dem dortigen englischsprachigen sechsjährigen Medizinstudium ist ein praktisches Jahr in einem deutschen Krankenhaus angeschlossen.

Der Berliner Medizinjurist Jörg Heynemann, dessen Sohn von dem Problem betroffen ist, berichtete im Ausschuss, dass die Approbationsbehörden von den Studenten zusätzlich Nachweise verlangen.

So müssen sie eine Bescheinigung über ein 13 Monate dauerndes postgraduiertes Praktikum (Staz) vorlegen. Das „Staz“ entspricht dem früheren deutschen AiP. Auch müssten sie eine polnische Prüfung über Medizinrecht und Ethik (LEK) absolvieren.

Ärzte aus Polen die größte Zuwanderergruppe

Hintergrund ist die EU-Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36 EG. Darin werden beide Nachweise als Kriterium genannt. „Von daher ist die Auffassung der deutschen Approbationsämter formal richtig, dass auch diese zusätzlichen Bescheinigungen vorzulegen sind, inhaltlich ist dies jedoch unzutreffend“, sagte Heynemann.

Das polnische Gesundheitsministerium habe in mehreren Schreiben klargestellt, dass „Staz“ und „LEK“ nur für in Polen tätige Ärzte nötig seien. Für eine ärztliche Tätigkeit in anderen EU-Staaten seien sie nicht erforderlich.

„Die Absolventen haben ihr praktisches Jahr in Deutschland gemacht und damit alle Voraussetzungen erfüllt“, sagte Heynemann. In allen anderen EU-Staaten werde dieser Abschluss anerkannt.

„Polnische Ärzte stellen seit Jahren die größte Zuwanderungsgruppe bei den Medizinern in Brandenburg“, sagte Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne). „Sie leisten bei uns gute Arbeit.“

Für die Anerkennung von polnischen Abschlüssen gebe es aber rechtliche Vorgaben der EU-Kommission, die „selbstverständlich auch in Brandenburg bei der Erteilung der Approbation genau“ beachtet werden müssten.

„Sämtlichen Antragssteller, die eine ärztliche Ausbildung in Polen nach polnischem Recht abgeschlossen haben“ werde die Approbation automatisiert erteilt, so Nonnemacher – „sofern sie die festgelegten Kriterien erfüllen und die erforderlichen Unterlagen vorlegen“.

Gesundheitsminister Spahn soll sich einschalten

Für diejenigen Absolventen, die ihr PJ in Deutschland absolviert haben, brauche es aber ebenfalls eine schnelle Lösung. „Brandenburg hat deshalb sofort den Kontakt zu anderen Approbationsbehörden, zum Bundesgesundheitsministerium und zum polnischen Gesundheitsministerium aufgenommen, um diese Unklarheiten schnell aufzulösen“, sagte Nonnemacher.

Sie spielte den Ball Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zu. Er solle „zeitnah über dieses Problem mit seinem polnischen Amtskollegen“ sprechen, um eine Lösung zu finden.

Eine mögliche Lösung könnte laut Nonnemacher sein, dass Polen der EU-Kommission bescheinige, dass nach polnischem Recht weder die Absolvierung des „LEK“ noch des „Staz“ für die Ausübung des Arztberufs Voraussetzung seien.

Bis das geschehe, könnten die Betroffenen zunächst auf Grundlage des Paragraf 10 Absatz 5 der Bundesärzteordnung eine Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs erhalten. Damit wären sie aber eingeschränkt, denn den Arztberuf dürften sie so einstweilen nur unter „Anleitung, Aufsicht und Verantwortung“ eines approbierten Arztes ausüben.

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