"Gefällt mir": Arzt auf Facebook kommt gut an

Mit seiner Patientenseite auf Facebook trifft Hausarzt Hans Joachim Schirner den Nerv seiner Patienten. Sein Erfolg: 400 Klicks in der Woche. Ein „Facebook-Doktor“ möchte er aber trotzdem nicht sein.

Kerstin MitternachtVon Kerstin Mitternacht Veröffentlicht:
Hans Joachim Schirner betreibt seine Facebook-Patientenseite sehr aktiv: Hier finden Patienten aktuelle Infos rund um das Praxisgeschehen.

Hans Joachim Schirner betreibt seine Facebook-Patientenseite sehr aktiv: Hier finden Patienten aktuelle Infos rund um das Praxisgeschehen.

© [M] Schirner

NEU-ISENBURG. 400 Klicks in der Woche, das ist für die Facebook-Patientenseite von Hausarzt Hans Joachim Schirner kein schlechtes Ergebnis. Und es beweist, dass seine Patienten das Angebot nutzen.

Der Hausarzt aus Langenfeld betreibt daher seine Seite auch sehr aktiv: Er macht sie unter seinen Patienten gezielt bekannt. Neben einem Aushang in der Praxis, der auf die Seite hinweist, bekommen Patienten auch Informationsblätter zu Facebook mit. Neue Patienten erhalten generell eine kleine Broschüre über seine Praxis und auch einen Hinweis auf die Facebook-Seite.

Schirner macht auf Datenschutzproblematik aufmerksam

Dazu ist Facebook geeignet ...

Nach Erfahrungen von Allgemeinarzt Schirner sind die Vorteile einer Patientenseite für Ärzte:

Ärzte erreichen einen bestimmten Patientenstamm relativ einfach, da sich viele Patienten mittlerweile täglich auf Facebook tummeln und so auch regelmäßig auf einer Patientenseite vorbeischauen können, um zu sehen, was es Neues bei ihrem Arzt gibt.

Eine Facebook-Seite zu bearbeiten ist weniger kompliziert, als eine Homepage aktuell zu halten, und daher auch nicht so zeitaufwändig: Einloggen als Webmaster, einen Beitrag posten und wieder ausloggen.

Welche Möglichkeiten bietet eine Praxisseite?

Ärzte können über eine Facebook-Seite ihre Praxis vorstellen und allgemeine Informationen, wie Sprechzeiten, Anfahrtsbeschreibung oder Praxisbesonderheiten bekannt geben und Bilder der Räume und des Praxisteams einstellen. (Wichtig: immer im Vorfeld das schriftliche Einverständnis der Mitarbeiter einholen.)

Ärzte können neue Behandlungsmethoden vorstellen.

Facebook bietet gute Möglichkeiten (tages)aktuelle Praxisinformationen zu posten, etwa zu Quartalsbeginn an die Praxisgebühr zu erinnern.

Bei Erkrankungswellen, etwa Grippe oder EHEC, können Patienten schnell etwa zu Hygienemaßnahmen informiert werden.

Verweise und Verlinkungen zu anderen Internetseiten, Zeitungsartikeln oder Videos sind möglich.

Hinweise auf eigene Veranstaltungen, Fortbildungen, Notdienst, dienstbereite Apotheken oder auf Urlaub.

Ein weiterer Vorteil: Mit Kollegen sich über berufspolitische Informationen austauschen.

Dabei klärt Schirner seine Patienten immer über die Datenschutzproblematik auf. "Facebook-Nutzer wissen im Groben, dass ihre Daten weitergegeben werden, aber was das im Einzelnen bedeuten kann, ist ihnen oft nicht bewusst", weiß Schirner aus einer kleinen Umfrage, die er unter seinen Patienten gemacht hat. Wobei Patienten, die zwischen 20 und 40 Jahre alt sind, gut informiert seien - darunter oder darüber fehle oft einfach das Interesse, so Schirner.

Dass der Datenschutz aber gerade bei Facebook ein wichtiges Thema ist, zeigt etwa der automatische Datenabgleich mit dem Adressbuch und dem E-Mail-Account auf dem Smartphone. Ärzte müssen hier besonders aufpassen, dass keine ihrer sensiblen Patientendaten unbeabsichtigt an Facebook übermittelt werden.

"Das Internet vergisst nichts. Aber es bietet Möglichkeiten der Kommunikation"

Auch Schirner benutzt über sein iPhone und iPad das soziale Netzwerk. "Ich habe natürlich eingestellt, dass Facebook nicht auf meine Kontaktliste zugreifen kann. Das ist nicht nur für Patientendaten sinnvoll, sondern auch für alle privaten Adressen."

Der Zugriff auf Facebook, über Smartphone oder Tablet-PC, ermöglicht Schirner, auch von unterwegs immer einen Blick auf seiner Seite zu haben und aktuelle Informationen zu posten oder bei kritischen Kommentaren schnell eingreifen zu können. "Das Internet vergisst nichts. Aber es bietet auch enorme Möglichkeiten der Kommunikation", sagt Schirner.

Natürlich sollten Ärzte nicht auf Facebook mit Patienten über deren Krankheitsgeschichten öffentlich diskutieren, so der Hausarzt. "Davon abgesehen wäre eine solche Beratung über das Internet zeitlich auch überhaupt nicht möglich - ich bin ja kein Facebook-Doktor. Meine Patientenseite ist eine reine Informationsseite", betont Schirner.

Erstmal Ausprobieren, weil es noch keine Vorschriften gibt

... und dazu nicht

Neben den Vorteilen gibt es auch einiges, was Ärzte nicht dürfen. Dazu gehört etwa:

eine Internetsprechstunde abzuhalten. Grund: Facebook ist öffentlich und der Datenschutz ist deshalb nicht gewährleistet. Patienten individuell zu beraten.

Alles, was Patienten erkennbar macht oder die ärztliche Schweigepflicht verletzt, darf von Seiten des Arztes nicht auf die Facebook-Seite gelangen. Zudem sollte klar sein, dass Facebook ein öffentliches Netzwerk ist und Daten weiterverarbeitet.

Solange es jedoch keine konkreten Vorschriften gibt, wie Ärzte soziale Netzwerke wie Facebook handhaben sollen, müsse vieles erst einmal ausprobiert werden. Schirner weist auf seiner Seite, die keine Privatseite, sondern eine kommerzielle Fanseite ist, daher an mehreren Stellen auf Datenschutzprobleme und Sicherheitslücken hin.

Postet jemand etwas öffentlich auf seiner Seite, schickt er ihm eine Mail, in der er nochmals über die Datenweitergabe an Facebook hinweist. "Mehr geht auf Facebook nicht", sagt er "und in der Regel weiß der mündige Facebook-Nutzer auch darüber Bescheid."

Positiver Blick in die Zukunft

Schirner schätzt trotz Risiken, die das Internet mit sich bringt, den Nutzen seiner Patienteninformationsseite auf einer zukunftsorientierten Plattform wie Facebook positiv ein. Bevor er seine Seite auf Facebook gestellt hat, hat Schirner sich ausführlich mit dem Thema soziales Netzwerk befasst, zum Beispiel auch mit seiner privaten Seite und sich danndurch "learning by doing" Funktionen und Möglichkeiten einer Fan-Seite selbst beigebracht.

"Das Meiste ist weniger kompliziert, als es im ersten Moment vielleicht den Eindruck macht". Auch der zeitliche Aufwand ist nach Schirners Einschätzung auf Facebook geringer als bei einer Homepage: "Facebook läuft bei mir in der Praxis quasi nebenbei mit", so Schirner.

Zwischen zwei Patienten sind schnell ein paar Zeilen getippt und schon ist eine Meldung fertig. Bei komplexen und ausführlichen Themen kann es natürlich etwas länger dauern, so Schirner.

 

Vorsicht, wenn Patienten zu Fans werden

Immer mehr Ärzte entdecken die Vorteile einer Praxisseite im sozialen Netzwerk Facebook. Jedoch ist eine solche öffentlich genutzte "Fan-Seite" nicht unproblematisch, da im Gegensatz zu einer privat genutzten Seite strengere Datenschutzregeln gelten.

"Besonders sensibel muss natürlich mit einer Praxisseite von Ärzten umgegangen werden - nicht dass auf einmal Patientendaten bei Facebook landen, die dort nicht hingehören", sagt Dr. Jan Hensmann aus der Berliner Kanzlei Dierks + Bohle.

Wenn die Facebook Seite wie eine Praxis-Homepage behandelt wird, sieht Hensmann jedoch grundsätzlich keine größeren Probleme. "Schwieriger wird es, wenn über die Seite mit dem Patienten kommuniziert wird", betont der Rechtsanwalt, der unter anderem auf Gesundheitsdatenschutzrecht spezialisiert ist.

Hier muss grundsätzlich eine ausschließliche Fernbehandlung ausgeschlossen sein und sich der Patient auch in einer unmittelbaren ärztlichen Behandlung befinden.

Ein ganz sensibles Thema ist bei Facebook die Pinnwand, weil dort öffentlich kommuniziert werden kann. Ärzte sollten hier besonders vorsichtig sein, welche Informationen sie dort veröffentlichen, um nicht ihre ärztliche Schweigepflicht zu verletzen.

Grundsätzlich gelten folgende Regeln für Ärzte: Nichts über einen Patienten posten und nicht ausschließlich fernbehandeln. Soweit der Arzt den Patienten überhaupt ermöglicht, eigene Beiträge auf der Pinnwand des Arztes zu posten, sollte er zumindest Beiträge der Patienten über ihre Krankheiten oder ähnliches, sofort löschen, damit auf die Veröffentlichung nicht später Vorwürfe gegen den Arzt gestützt werden können, rät Hensmann.

Wenn der Patient unbedingt über seine Krankheit öffentlich kommunizieren möchte, dann könne er das auf seiner privaten Pinnwand tun. Hilfreich sei zudem, wenn Ärzte unter der Rubrik "Info" zu ihrem Impressum auch eine Datenschutzerklärung auf die Seite stellen und darauf hinweisen, dass die Daten immer an Facebook übermittelt und dort gespeichert werden.

Da sich erst seit Kurzem Ärzte mit Praxisseiten auf Facebook befinden, gibt es noch keine abschließende Verwaltungspraxis, wie sie sich zu verhalten haben. In jedem Fall gilt auch hier die Vorschrift der Berufsordnung, (Paragraf 27) nach der Praxen nur mit sachlichen, mit nicht vergleichenden und mit wahren Tatsachen werben dürfen, so der Jurist.

Hinzu kommt, dass bei öffentlich genutzten Netzwerken wie im ganzen Gesundheitsbereich auch mit den Daten von Patienten sehr vorsichtig umgegangen werden muss, sagt Hensmann.

Lesen Sie dazu auch den Standpunkt: Zeit zum Umdenken

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Abschluss

Einigung im MFA-Tarifstreit

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Ibuprofen plus Paracetamol

Metaanalyse: Duale Medikation senkt Fieber von Kindern effektiv

Vertreterversammlung

KBV fordert kompletten Neustart in der Gesundheitspolitik

cVDPV2 im Abwasser

Erneut Polioviren in deutschen Städten gemeldet

Lesetipps
Seit Dezember 2023 regelhaft möglich in Deutschland: die Krankschreibung per Telefon.

© Christin Klose/dpa-tmn/picture alliance

Umfrage unter gut 1000 Beschäftigten

Jeder dritte Arbeitnehmer hat bereits Gebrauch von der Tele-AU gemacht

Eine gute Behandlungsqualität braucht vor allem auch gute Ausbildung. Dafür müssen aber die personellen Ressourcen in den Kliniken gegeben sein.

© Robert Kneschke / stock.adobe.com

Kolumne „Hörsaalgeflüster“

Klinikreform: Zwischen Bundesrat und Bettkante