Landesarbeitsgericht Hamm
Gericht bewahrt Physician Assistant vor Rückzahlung hoher Fortbildungskosten
Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, wann von diesem geleistete Fortbildungskosten zu erstatten sind, dürfen Arbeitnehmer nicht unverhältnismäßig benachteiligen. Sonst sind sie unwirksam.
Veröffentlicht:Hamm. Kliniken und andere Arbeitgeber im Medizinbetrieb bieten Beschäftigten häufig die Kostenübernahme für eine Fortbildung an, wenn diese sich verpflichten, danach für eine bestimmte Zeit bei ihnen zu bleiben. Eine in diesem Zusammenhang vereinbarte Rückzahlungsklausel ist aber unwirksam, wenn sie jede vorzeitige Kündigung des Arbeitnehmers umfasst. So jetzt das Landesarbeitsgericht Hamm zu einem Physician Assistant. Danach kann sich der Arbeitgeber auch nicht hilfsweise auf Tarif- oder Verbandsregelungen wie hier die „AVR-Caritas“ stützen, selbst wenn der Arbeitsvertrag darauf Bezug nimmt.
Der erfolgreiche Kläger arbeitete zunächst als Notfallsanitäter bei einer katholischen Klinik. Sein Arbeitsvertrag verwies auf die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) der Caritas. Von Oktober 2020 bis September 2023 absolvierte er berufsbegleitend ein Studium zum „Bachelor Physician Assistance“.
Von Freistellung keine Spur
In einer Weiterbildungsvereinbarung sicherte die Klinik die Freistellung für die Dauer der Fortbildung zu, zudem die Kostenübernahme für die Studiengebühren sowie eine Vergütung für die in der Klinik absolvierten Praktika. Der Kläger sollte dies allerdings anteilig zurückzahlen, „wenn das Dienstverhältnis auf Wunsch des Mitarbeiters oder aus einem von ihm zu vertretenden Grund innerhalb von 36 Monaten nach Beendigung der Weiterbildung beendet wird“.
Doch an die versprochene Freistellung hielt sich die Klinik nicht. Der Kläger musste Vor- und Nacharbeit leisten, um für sein Studium frei zu bekommen. Eine von ihm angezeigte Arbeitsüberlastung änderte daran nichts. Dennoch konnte der frühere Notfallsanitäter seine Fortbildung abschließen und wurde nun auch als Physician Assistant eingesetzt.
Die Arbeitsbedingungen blieben aus seiner Sicht jedoch kritisch. Deswegen und wegen seines nach der Weiterbildung gestiegenen „Marktwerts“ forderte er eine Gehaltserhöhung. Als die Klinik darauf nicht einging, kündigte er zum Jahresende 2023.
Arbeitgeber geht in Revision
Die Klinik forderte nun 29.124 Euro zurück. Doch die muss der frischgebackene Physician Assistant nicht zahlen, urteilte nun das LAG Hamm. Die Rückzahlungsklausel benachteilige den Arbeitnehmer unangemessen und sei daher unwirksam. Zur Begründung verwiesen die Richter darauf, dass die Klausel auch Kündigungen umfasst, bei denen der Arbeitnehmer aus persönlichen, aber nicht von ihm zu vertretenden Gründen dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, seiner Arbeit nachzugehen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verstößt dies gegen das Gebot von Treu und Glauben. Die Klausel sei daher ungültig und die Rückzahlungspflicht entfalle. Auch das Ansinnen der Klinik, sich ersatzweise auf die Rückzahlungsregelungen der AVR-Caritas zu berufen, ließ das LAG nicht gelten.
Die Weiterbildungsvereinbarung sei eine in sich geschlossene Regelung, die teils von den AVR abweichen. Sie habe die AVR nicht ergänzen, sondern ersetzen sollen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Klinik hat bereits Revision zum BAG in Erfurt eingelegt. (fl/mwo)
Landesarbeitsgericht Hamm, Az.: 1 SLa 21/25
kommend Bundesarbeitsgericht, Az.: 9 AZR 133/25








