Gewalt gegen Frauen

Hausärzte müssen mehr über häusliche Gewalt wissen

Was machen Ärzte, wenn misshandelte Frauen in ihrer Praxis aufschlagen? Eine Koordinierungsstelle soll Ärzte und medizinisches Personal besser für das Thema sensibilisieren.

Von Birgit Fenzel Veröffentlicht:
Berlins Gesundheitssenatorin Kalayci (r.) mit Demonstrantinnen am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen.

Berlins Gesundheitssenatorin Kalayci (r.) mit Demonstrantinnen am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen.

© dpa

München. Im vergangenen Jahr sind in Deutschland 122 Frauen von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet worden. Insgesamt wurden mehr als 114.000 Frauen Opfer von häuslicher Gewalt, Bedrohungen oder Nötigungen. Die Dunkelziffer liegt weit höher. Denn nicht alle Betroffenen suchen den Schutz von Frauenhäusern auf oder vertrauen sich ihrem Arzt an.

Hier sollen Informationen und Netzwerke wie die bundesweite Initiative „Stärker als Gewalt“ helfen, die am Montag gestartet wurde. Es geht vor allem darum, Hilfsangebote bekannter zu machen und Gewaltopfer zu ermutigen, sich Unterstützung zu holen. Ein solches Angebot sei auch für Ärzte und das Personal in den Praxen der Allgemeinmediziner notwendig, sind sich Experten einig.

Die Kenntnis in medizinischen Berufen über häusliche Gewalt könnte größer sein.

Silvia Wallner-Moosreiner, Geschäftsführerin beim Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) in München

„Das ist ein sehr schambedecktes Thema“, sagt Antje Krüger, Leiterin der bayerischen Koordinierungsstelle gegen häusliche und sexualisierte Gewalt. Dies gelte für Betroffene wie auch Ärzte. Aus Unsicherheit oder Zeitmangel würden diese häufig bei Symptomen, die auf eine Gewalttat hinweisen, nicht nachhaken und die Betroffenen selbst scheuten sich davor, dies anzusprechen. Ziel der neuen Koordinierungsstelle gegen häusliche und sexualisierte Gewalt ist es, durch bessere Kommunikation und Information Ärzte und medizinisches Personal für das Thema zu sensibilisieren und auf Weiterbildungsmaßnahmen hinzuweisen. „Diese gibt es, aber sie werden zu wenig wahrgenommen“, sagt Krüger.

Hausärzte müssen noch lernen

Nachholbedarf in den allgemeinärztlichen Praxen im Umgang mit misshandelten Frauen sieht auch die Sozialpädagogin Silvia Wallner-Moosreiner, Geschäftsführerin beim Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) in München, der 13 der derzeit 38 Frauenhäuser in Bayern betreibt. „Die Kenntnis in medizinischen Berufen über häusliche Gewalt könnte größer sein“, weiß sie aus der Praxis.

Hausbesuche durch Ärzte gebe es in Frauenhäusern nur in Ausnahmefällen, da es gilt, die Anonymität der Häuser zu wahren. Wer medizinische Versorgung braucht, muss selbst in die Arztpraxis gehen. Allerdings begleiten Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser bei Bedarf die Betroffenen in die Praxen. Was nicht selten der Fall sei, berichtet Wallner-Moosreiner. „Manche von ihnen haben traumatisierende Erlebnisse hinter sich und schaffen das nicht allein – manche trauen sich nicht mehr allein, das Haus zu verlassen“, sagt sie.

Auch, wenn es um eine rechtsmedizinische Dokumentation der Verletzungen gehe, die bei einem Gerichtsverfahren Bestand haben soll, sei dieser Beistand wichtig. Nicht überall sei das Personal im Umgang mit diesem sensiblen Thema und den Betroffenen versiert.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Bescheinigung einer Fehlgeburt

KBV rät: Neues Muster 9 jetzt bestellen!

„ÄrzteTag“-Podcast

Dürfen Vertragsärzte Kassenpatienten Privattermine anbieten, Frau Vogtmeier?

Das könnte Sie auch interessieren
Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Krisenkommunikation war Schwachpunkt in der Pandemie

© HL

Herbstsymposium der Paul-Martini-Stiftung

Krisenkommunikation war Schwachpunkt in der Pandemie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

„ÄrzteTag“-Podcast

Dürfen Vertragsärzte Kassenpatienten Privattermine anbieten, Frau Vogtmeier?

ARE in Grafiken

Inzidenzen von Corona und Influenza steigen

Lesetipps
Eine Hand fängt 500-Euro-Geldscheine auf, die durch die Luft wirbeln.

© vegefox.com / stock.adobe.com

Vermögensforscher im Interview

Welche Eigenschaften helfen, reich zu werden

Eine Kaffeetasse und ein Hörnchen.

© hana creative studio / Generated

Chronobiologisch sinnvoll

Deshalb gehören Glukokortikoide in die Morgenmedikation