Ärzte und Kassenpatienten

Hausarztprämie fände breite Zustimmung

Eine Umfrage zeigt auf: Niedergelassene Ärzte spüren die Veränderungen in ihrem Arbeitsumfeld deutlich. Eine andere Rechnung: Die Kassenbeiträge könnten abheben.

Von Anno Fricke Veröffentlicht:
Hausärzte führen die Rolle als Lotsen gut aus, finden Ärzte und Patienten.

Hausärzte führen die Rolle als Lotsen gut aus, finden Ärzte und Patienten.

© Gina Sanders / stock.adobe.com

Berlin. Der Hausarzt als Lotse durch das Versorgungssystem hat Unterstützung sowohl bei Ärzten als auch in der Bevölkerung. Das geht aus dem aktuellen MLP-Gesundheitsreport hervor, der am Mittwoch veröffentlicht worden ist.

Demnach stehen 63 Prozent der Ärzte einer Hausarztprämie der gesetzlichen Krankenversicherer aufgeschlossen gegenüber. Unter den Versicherten befürworten immerhin 44 Prozent eine solche Prämie.

Die repräsentative Bevölkerungs- und Ärztebefragung hat das Institut für Demoskopie Allensbach für den Finanzdienstleister MLP erstellt.

Ärzte beurteilen Gesundheitspolitik negativ

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) betreibt aktuell eine Kampagne für ein Primärarztmodell nach dem Vorbild der hausarztzentrierten Versorgung (HzV) in Baden-Württemberg. Dass in absehbarer Zeit eine umfassende Gesundheitsreform anstehen könnte, bezweifeln allerdings 75 Prozent der für den MLP-Report befragten Ärzte.

Das aktuelle Reformgewitter über der Gesundheitslandschaft hat bei den Ärzten keinen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Ärzte beurteilen die Gesundheitspolitik seit Jahren überwiegend negativ. Das kontrastiert mit dem Urteil über die Versorgung an sich. Die sehen 89 Prozent der Ärzte noch als gut oder sogar sehr gut an (Bevölkerung 77 Prozent).

Für die Jahre bis 2030 rechnen 59 Prozent der Ärzte eher mit einer Verschlechterung der Gesundheitsversorgung. In der Bevölkerung zeigen sich nur 30 Prozent pessimistisch (siehe nachfolgende Grafik). Allerdings rechnen 72 Prozent mit steigenden Kassenbeiträgen. Bei der Umfrage im Jahr 2016 waren dies noch 81 Prozent gewesen.

An dieser Stelle finden Sie Inhalte aus Datawrapper Um mit Inhalten aus Datawrapper zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir Ihre Zustimmung. Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte aus Sozialen Netzwerken und von anderen Anbietern angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät notwendig. Weitere Information dazu finden Sie hier.

Steigender Beitragssatz prognostiziert

Die Skeptiker könnten gleichwohl recht behalten. Nach am Mittwoch von der Bertelsmann-Stiftung veröffentlichten Berechnungen müsste der Beitragssatz für die gesetzliche Krankenversicherung bis zum Jahr 2040 von 14,6 auf 16,9 Prozent angehoben werden, um erwartete Ausgabensteigerungen abzudecken.

Zudem müssten die Steuerzuschüsse zur gesetzlichen Krankenversicherung bis zu diesem Zeitpunkt auf 70 Milliarden Euro im Jahr steigen. Ansonsten drohe den Kassen ein Defizit von 50 Milliarden Euro. Grund für die Entwicklung sei in erster Linie der steigende Anteil älterer Menschen in der Bevölkerung.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn verwies auf den Prognosecharakter der Zahlen. „Jede Studie ist nur so gut wie die Annahmen, die sie voraussetzt“, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch. Vor 20 Jahren zum Beispiel habe niemand vorhersehen können, dass die Krankenversicherung 2019 gut dastehen werde.

Nicht auf alle Kostenfaktoren könne die Politik Einfluss nehmen. Kosten könnten aber durch den Abbau von Überkapazitäten im stationären Sektor gespart werden, sagte Dr. Stefan Etgeton von der Bertelsmann-Stiftung.

Weniger Zeit für Behandlung erwartet

Der MLP-Report thematisiert auch die ausgedünnte Versorgung abseits der Ballungszentren und die abnehmende Arztarbeitszeit. 90 Prozent der Ärzte sieht Versorgungsschwierigkeiten auf dem Land auf die Gesellschaft zukommen. Gleichzeitig werde die Zeit für die Behandlung weiter abnehmen, meinen 85 Prozent der Ärzte (siehe nachfolgende Grafik).

Seit der Umfrage 2016 ist die Zahl der niedergelassenen Ärzte, die einen spürbaren Ärztemangel in der eigenen Region feststellen von 60 auf 71 Prozent gestiegen, vor allem in den neuen Bundesländern. Zunehmend Probleme bereitet es in der Folge, Nachfolger für die Praxis zu finden.

75 Prozent der befragten Mediziner gehen davon aus, dass sie in Zukunft nicht mehr alle medizinisch notwendigen Leistungen verordnen könnten. Die Budgetierung wirkt sich allerdings schon heute aus.

45 Prozent der Ärzte berichten, dass sie Patienten Leistungen aus Kostengründen vorenthalten hätten. 64 Prozent haben Behandlungen deshalb schon einmal aufgeschoben.

Bereits 66 Prozent der befragten Hausärzte (Fachärzte 61 Prozent) fürchten daher um ihre Therapiefreiheit.

An dieser Stelle finden Sie Inhalte aus Datawrapper Um mit Inhalten aus Datawrapper zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir Ihre Zustimmung. Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte aus Sozialen Netzwerken und von anderen Anbietern angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät notwendig. Weitere Information dazu finden Sie hier.

Wir haben den Beitrag aktualisiert am 09.10.2019 um 15:57 Uhr.

Lesen sie auch
Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

EU-Pharma Agenda – Impulse für die Arzneimittelversorgung in Deutschland

Impulse für die Arzneimittelversorgung aus Patientenperspektive

Kooperation | In Kooperation mit: AbbVie Deutschland, DAK Gesundheit, MSD Sharp & Dohme, Novo Nordisk, Roche Pharma, vfa und Xcenda

Beschluss im G-BA

Potenzialerhebung für AKI wird ab 1. Juli neu geregelt

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Eine Sanduhr, durch die Geldstücke fall

© fotomek / stock.adobe.com

Tag der Privatmedizin 2024

Outsourcing: Mehr Zeit für Patienten!

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Buch mit sieben Siegeln oder edles Werk? KI-Idee einer in Leder eingebundenen neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

© KI-generiert mit ChatGPT 4o

Exklusiv Entwurf unter der Lupe

Das brächte Ihnen die neue GOÄ

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

© Spinger Medizin Verlag

Vitamin C als hochdosierte Infusionstherapie

Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Podiumsdiskussion von Gilead Sciences beim DÖAK 2025 von links: Dr. Nazifa Qurishi, Fachärztin für Innere Medizin und Infektiologie, Gemeinschaftspraxis Gotenring Köln; Kelly Cavalcanti, HIV-Aktivistin und Referentin für Gesundheit und Empowerment, Köln, und Martin Flörkemeier, Senior Director Public Affairs, Gilead Sciences, München  Gilead

© Gilead

Unternehmen im Fokus

HIV-Versorgung: Vertrauen in unruhigen Zeiten

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Gilead Sciences GmbH, Martinsried
Multimodaler Ansatz zur Regeneration der Darmbarriere

© Steffen Kögler / stock.adobe.com

Reizdarmsyndrom und Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Multimodaler Ansatz zur Regeneration der Darmbarriere

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn

Multiresistente gramnegative Erreger

Die Resistenzlage bei Antibiotika ist kritisch

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Shionogi GmbH, Berlin
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Netzwerk-Metaanalyse von 139 Studien

Gonarthrose: Viele Optionen, doch nur wenige funktionieren

Chronisches Kreuzweh

Studie: Rauchen lässt den Rücken schmerzen

Lesetipps
Schwindel kann viele unterschiedliche Ursachen haben. Mit den richtigen Fragen kommt man aber zur richtigen Diagnose.

© Andrey Popov / stock.adobe.com

BAM-Kongress 2025

Schwindel in der Hausarztpraxis: Fünf Fragen zur Ursachenfindung

Prophylaktische Maßnahmen sind der beste Weg, um Infektionen bei Krebspatientinnen und -patienten zu verhindern. Während und nach ihrer Chemotherapie sind sie dafür besonders anfällig. (Symbolbild)

© RFBSIP / stock.adobe.com

Vorbeugen ist besser als heilen

Wie die Infektionsprophylaxe bei Krebspatienten gelingt

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung