Allianz PKV

Hausbesuchsnotdienst für Kinder entzürnt Pädiater

Ist mehr ärztlicher Service für Privatpatienten bei knappen Arztressourcen angemessen? Darüber streitet der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte mit der Allianz PKV, die einen Hausbesuchsnotdienst für kranke Kinder einrichten will.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Die Allianz will kindliche Notfälle häufiger per Hausbesuch versorgt sehen.

Die Allianz will kindliche Notfälle häufiger per Hausbesuch versorgt sehen.

© Gina Sanders / stock.adobe.com

KÖLN. Mit einem neuen Service hat die Allianz Private Krankenversicherung (APKV) den Zorn des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) auf sich gezogen.

Der geplante kinderärztliche Hausbesuchsnotdienst verschärfe die Versorgungsprobleme durch den Kinderarztmangel und sei moralisch höchst fragwürdig, kritisiert BVKJ-Präsident Dr. Thomas Fischbach.

Der auf ärztliche Hausbesuche spezialisierte Dienstleister Medlanes soll für erkrankte Kinder den Besuch durch einen Pädiater organisieren. Die APKV reagiert damit auf die Tatsache, dass die Versorgung durch einen Kinderarzt nachts und am Wochenende oft mit langen Wartezeiten verbunden ist und die Notfallambulanzen überfüllt sind.

Der Versicherer testet „Kinderärzte on the Road“ zunächst in Berlin, Frankfurt, Hamburg und München, um Erfahrungen zu sammeln.

„Die Ärzte fehlen an anderer Stelle“

„Der kinderärztliche Hausbesuchsnotdienst ist ein Angriff auf das Recht aller Kinder auf bestmögliche medizinische Versorgung, eine ‚Rosinenpickerei‘, die wir für moralisch höchst fragwürdig halten“, kritisiert Fischbach, Kinderarzt in Solingen.

Es gebe zu wenige Kinder- und Jugendärzte, betont er. Die überfüllten Notfallambulanzen seien eine Folge davon. Der Ansatz der Allianz, Kinderärzte gezielt zu Privatversicherten auf Hausbesuch zu schicken, werde das Problem verschärfen, erwartet der Verbandspräsident.

Mit Besuchen zu Hause könnten die Pädiater viel weniger Kinder versorgen als in einer Notfallambulanz. Je mehr Kinder- und Jugendärzte Hausbesuche machten, desto mehr fehlten sie an anderer Stelle.

Fischbach hält die „Kinderärzte on the Road“ aber auch für medizinisch bedenklich. Ein Hausbesuch bei Privatversicherten mag für den Arzt zwar lukrativ sein, angesichts der fehlenden diagnostischen Möglichkeiten vor Ort sei er aber nicht die erste Wahl.

„Aus diesem Grund machen wir bei akuten Erkrankungen in der Regel keine Hausbesuche, sondern bitten die Eltern in die Praxis beziehungsweise nachts und am Wochenende in die Notfallambulanzen, wo eine gründliche Diagnostik gemacht werden kann“.

„Für Eltern nicht immer einfach“

Gerade in einer Zeit, in der sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn darum bemühe, die viel kritisierten Unterschiede beim Service für Privat- und gesetzlich Versicherte auszugleichen, sei der Vorstoß der Allianz kontraproduktiv, erklärte Fischbach der „Ärzte Zeitung“. „Es ist das völlig falsche Signal, gerade wenn man als Privatversicherer eine Zukunft haben will.“

Die Allianz Private Krankenversicherung geht in einer Stellungnahme nicht näher auf die Vorwürfe ein. Jeder Vollversicherte habe bereits jetzt das Recht, Hausbesuche durch einen Arzt seiner Wahl in Anspruch zu nehmen, heißt es in dem Papier lediglich.

„Wie wir festgestellt haben, ist es aber gerade nachts und am Wochenende für Eltern nicht immer einfach, den Hausbesuch eines Bereitschaftsarztes mit kinderärztlicher Spezialisierung zu organisieren.“ Das Angebot stehe jedem interessierten Kinderarzt offen. „Ärztliche Leistungen werden wie immer nach der Gebührenordnung für Ärzte abgerechnet.“

Beim Tag der Privatmedizin angesprochen auf den Plan des Mitgliedsunternehmens APKV, äußerte sich PKV-Verbandsgeschäftsführer Dr. Florian Reuther zurückhaltend. Er könne nicht für das Unternehmen sprechen, sagte er. Aber mehr Service sei für sich genommen, zunächst einmal nichts Schlechtes.

Nicht nachvollziehen könne er den Einwand des BVKJ, ein Hausbesuch bei einem akut fiebernden Kind sei „medizinisch bedenklich“. (Mitarbeit: ger)

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Wer solche Freunde hat…

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Impflücken erkennen

Impfstatus checken mit digitalem Tool

Das könnte Sie auch interessieren
Praxisfall im Podcast: Atemwegsinfekt

© Bionorica SE

Phytoneering-Akademie

Praxisfall im Podcast: Atemwegsinfekt

Anzeige | Bionorica SE
Antibiotika – Fluch und Segen

© Bionorica SE

Podcast

Antibiotika – Fluch und Segen

Anzeige | Bionorica SE
Brauchen wir noch Antibiotika?

© deepblue4you | iStock

Content Hub

Brauchen wir noch Antibiotika?

Anzeige | Bionorica SE
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema

Chronisch kranke Kinder

Mangelernährung frühzeitig erkennen und konsequent angehen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Danone Deutschland GmbH, Frankfurt/Main

Ist das AMNOG bereit für HIV-Innovationen?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Gilead Sciences GmbH, Martinsried
Rett-Syndrom: früh diagnostizieren, Betroffene bestmöglich fördern und Familien entlasten

© Olia / Generated with AI / stock.adobe.com

Neurologische Entwicklungsstörung

Rett-Syndrom: früh diagnostizieren, Betroffene bestmöglich fördern und Familien entlasten

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Acadia Pharmaceuticals (Germany) GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Lesetipps
Eine MFA schaut auf den Terminkalender der Praxis.

© AndreaObzerova / Getty Images / iStockphoto

Terminservicestellen und Praxen

116117-Terminservice: Wie das Bereitstellen von TSS-Terminen reibungsloser klappt

Bei Grenzentscheidungen (z.B. kürzlich stattgehabte Operation) gelte es, Rücksprache mit der entsprechenden Fachdisziplin zu halten, betont Dr. Milani Deb-Chatterji.

© stockdevil / iStock

Eine schwierige Entscheidung

Schlaganfall: Das sind Grenzfälle der Thrombolyse