Gender-Gap im Datennutzungsgesetz

IT-Politik ist noch zu wenig geschlechtersensibel

Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz leidet noch unter einem Gender-Gap. Nicht nur hier sieht der Runde Tisch „Frauen im Gesundheitswesen“ Nachholbedarf bei der Berücksichtigung geschlechtersensibler Medizin.

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Frau mit Pille: Hoffentlich stimmt die Dosierung.

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© Robert Kneschke/Zoonar/picture alliance

Berlin. Nachbesserungsbedarf sieht der Runde Tisch „Frauen im Gesundheitswesen“ beim Entwurf für das Gesundheitsdatennutzungsgesetz. Der Entwurf müsse dringend so ergänzt werden, dass die Berücksichtigung geschlechtersensibler Medizin gewährleistet sei. Das gelte nicht nur für Forschungsdaten, sondern etwa auch für die Entwicklung von Algorithmen, hieß es auf dem „Parlamentarischen Abend“ am Montag.

„Das Wort Gender kommt im Datennutzungsgesetz nicht vor“, sagte Moderation Professor Clarissa Kurscheid. Eine Kritik, die nicht nur Sylvia Thun, Professorin für Digitale Medizin und Interoperabilität am Berlin Institute of Health, teilte. Hier gebe es im Entwurf einiges zu ändern, sagte Thun und verwies auf das vorgesehene datengestützte Erkennen von Gesundheitsrisiken bei Patienten.

Dazu sollen künftig auch die Krankenkassen befugt sein . Bei der Entwicklung des dafür nötigen Algorithmus müsse natürlich darauf geachtet werden, dass die Daten keinen Gender-Gap enthielten. Und: „Wir müssen wissen, wann die Kassen Patienten anrufen“, so Thun, die die Einbindung von Ärzten und Fachgesellschaften bei der KI-Entwicklung forderte.

„Nicht alle über einen Kamm scheren“

Thun wie auch Dr. Christiane Groß, Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes, betonten, dass das Thema geschlechtersensible Medizin in der Ausbildung junger Ärzte und Ärztinnen sowie in der Forschung noch mehr in den Vordergrund gerückt werden müsse. Noch fehle das Bewusstsein, „dass wir anders denken müssen“, so Groß.

„Wenn wir nicht begreifen, dass wir nicht alle über einen Kamm scheren dürfen, sondern nach Alter und Geschlecht differenzieren müssen, bleibt es bei den heutigen Ungerechtigkeiten“, sagte Ute Seeland, Professorin an der Charité und Vorstandsvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Geschlechtsspezifische Medizin.

Seeland bezog sich auf Erkenntnisse, dass sich abhängig vom Patientengeschlecht, Behandlungen oder Arzneimitteldosierungen unterscheiden können. Die Medizin könne noch ungerechter werden, wenn Künstliche Intelligenz heute mit „falschen“ Daten gefüttert werde, weil geschlechterspezifische Aspekte bei der Erhebung oder Auswertung von Daten nicht berücksichtigt wurden, warnte Thun.

Spezielle Ansprache in DiGA möglich

Für die digitale Transformation des Gesundheitswesens, fordert der Runde Tisch in einem Papier, müsse deshalb ein Leitbild entwickelt werden, dass alle Geschlechter beim Aufbau der KI-gestützten Lösungen mit einbeziehe. Geschlechterspezifische Aspekte müssten in Ausbildung, Forschung und Versorgung berücksichtigt werden.

Das gilt in den Augen von Dr. Anne Sophie Geier, Geschäftsführerin des Spitzenverbandes Digitale Gesundheitsversorgung, auch für die Verwendung von Wearable-Daten. Hier müsse nicht nur entschieden werden, welche Daten überhaupt relevant seien, sondern ob sie gleichermaßen für beide Geschlechter bedeutsam seien. „Die Politik kann da Vorgaben machen“, so Geier. In Zukunft könnte es auch bei den digitalen Anwendungen möglicherweise unterschiedliche Versionen geben: eine speziell aufbereitet für Männer und eine speziell für Frauen. (juk)

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