Kartenleser: Schießen EDV-Anbieter quer?

Schränken Anbieter von Praxis-EDV die freie Wahl der Ärzte bei Lesegeräten für die neue Gesundheitskarte ein? Diesen Vorwurf erhebt jedenfalls die Concat AG, ein auf die E-Card spezialisiertes Systemhaus.

Von Monika Peichl Veröffentlicht:
Eigentlich sollte jeder Kartenleser mit der Praxis-EDV laufen.

Eigentlich sollte jeder Kartenleser mit der Praxis-EDV laufen.

© Michael Zapf / TK

FRANKFURT/MAIN. Weil sie "kein zusammengewürfeltes Equipment" in der Praxis wollte, entschied sich Sabrina Woyda, Leitende Medizinische Fachangestellte in der Allgemeinarztpraxis Dr. Marianne Horn-Bosbach in Goch (Niederrhein), zum bereits vorhandenen Standlesegerät von SCM Microsystems ein Handlesegerät desselben Herstellers zu kaufen.

Von ihrem Systemhaus erhielt sie die Auskunft, das SCM-Gerät sei "nicht das gängige". Woyda bestellte den gewünschten mobilen Kartenleser von SCM schließlich im Internet.

Ähnlich erging es Nina Kurani, Medizinische Fachangestellte in der Hautarztpraxis Dr. Reinhard Ernst in Wertheim. Die Praxis hatte über einen Ärzteverbund ein SCM-Gerät angeschafft.

Laut EDV-Anbieter hätte für das Anschließen ein Techniker kommen müssen. Der hätte etwa so viel gekostet wie der Betrag, den die Kassen den Ärzten für die Installation zahlen.

Führen die Softwarehäuser Weiße und Schwarze Listen?

Kurani wandte sich jedoch direkt an die Concat AG, die als Systemintegrator die SCM-Kartenleser vertreibt. Mit telefonischer Hilfe von Concat habe sie das Terminal mittels zwei Klicks in zwei Minuten selbst installieren können, berichtet sie.

Laut Concat AG sind das keine Einzelfälle. In den letzten Wochen hätten sich die Beschwerden von Ärzten gehäuft, dass bestimmte Anbieter von Praxis-EDV nur Lesegeräte von Herstellern anschließen, die auf ihrer "Weißen Liste" aufgeführt seien.

Zugleich führten sie "Schwarze Listen" mit den anderen Terminalherstellern. Begründet werde dies mit Problemen bei der Interoperabilität, aber auch damit, dass die Kickback-Zahlungen der Hersteller zu gering seien.

Die angeblichen technischen Probleme seien vorgeschoben, so Concat. Dies ergebe sich eindeutig aus der Tatsache, dass die Ärzte beim Basisrollout für die neue Karte in Nordrhein die absolute Wahlfreiheit gehabt hätten und hierbei alle von der gematik zugelassenen Terminals - also auch die Geräte von SCM - von diesen EDV-Herstellern unterstützt worden seien. Somit gehe es nur um Kickbacks, die die Systemhäuser von den Geräte-Anbietern forderten.

Die gematik sieht sich nicht in der Pflicht, einzugreifen

Die gematik, beziehungsweise deren Gesellschafter müssten sicherstellen, dass alle Hersteller Zugang zum Markt haben, fordert Michael Brockt, Vertriebsleiter Healthcare bei der Concat AG. Klärungsbedürftig ist aus Sicht der Concat AG etwa die Frage, ob sich aus dem Verhalten der Praxis-EDV-Anbieter ein Verstoß gegen den vom Gesetzgeber gewünschten breiten Marktzugang ergebe.

Auch sei zu fragen, ob die willkürliche Bevorzugung bestimmter und "in der Regel teurerer" Kartenleser nicht sogar eine Veruntreuung von Geldern der Krankenversicherten durch die Systemhäuser darstelle.

Die gematik sieht sich jedoch nicht in der Pflicht. Sie verweist in ihrer Antwort an Concat darauf, dass sie rein technische Zulassungen für Komponenten und Dienste erteile. Sie habe weder das Recht noch den gesetzlichen Auftrag, regulierend in den Markt einzugreifen.

Die Distribution der Komponenten und Dienste sei vom Gesetzgeber bewusst dem Markt überlassen worden. Sofern wettbewerbsrechtliche Verstöße vorlägen, seien die entsprechenden Aufsichtsbehörden zuständig. Schwarze oder Weiße Listen von Arztsystemhäusern seien der gematik nicht bekannt.

Noch fehlt es an einem eindeutigen Nachweis

Der Hersteller der Kartenleser, die SCM Microsystems, lässt sich nach Angaben von Vice President Dietmar Wendling rechtlich beraten. Auch die Concat AG weist in ihrem Schreiben an die gematik darauf hin, dass sie nötigenfalls rechtliche Schritte einleiten werde.

Aus Sicht von Rechtsanwältin Christiane Köber, bei der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs in Bad Homburg zuständig für den Gesundheitsbereich, müsste der Nachweis geführt werden, dass sich EDV-Berater von sich aus "im geschäftlichen Verkehr" herabsetzend über Lesegeräte geäußert haben.

Laut Michael Brockt bieten die Arztsystemhäuser jeweils nur zwei der sieben zugelassenen Lesegeräte an. Er ermuntert die Ärzte, sich ihre Wahlfreiheit nicht nehmen zu lassen und die Terminals direkt beim Hersteller zu kaufen. Praxischefs oder ihre Angestellten könnten die Lesegeräte meist selbst installieren.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Neuer Verschlüsselungsalgorithmus in der TI

gematik verlängert Frist für Austausch der E-Arztausweise

Das könnte Sie auch interessieren
Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Dr. Tino Großmann, Senior Vice President Connectivity bei der CompuGroup Medical

© CGM

„ÄrzteTag extra“-Podcast

„Die eAU wird der entscheidende Meilenstein sein“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: CompuGroup Medical
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Lesetipps
Eine MFA schaut auf den Terminkalender der Praxis.

© AndreaObzerova / Getty Images / iStockphoto

Terminservicestellen und Praxen

116117-Terminservice: Wie das Bereitstellen von TSS-Terminen reibungsloser klappt

Bei Grenzentscheidungen (z.B. kürzlich stattgehabte Operation) gelte es, Rücksprache mit der entsprechenden Fachdisziplin zu halten, betont Dr. Milani Deb-Chatterji.

© stockdevil / iStock

Eine schwierige Entscheidung

Schlaganfall: Das sind Grenzfälle der Thrombolyse