Reaktion auf Digitalgesetz

Kinder- und Jugendärzte: ePA-Befüllung im Versorgungsalltag illusorisch

Die Pädiater lehnen die mit dem Digitalgesetz obligat werdende Befüllung elektronischer Patientenakten ab – zumindest unter den gegenwärtigen Voraussetzungen ihrer PVS in der bestehenden TI-Umgebung.

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Mädchen mit Klemmbrett in der Hand

„Schreib‘s mir auf, Doc!“ Ab 2025 müssen die Patienten nicht mehr darum bitten, dass Befunde dokumentiert werden. Das Digitalgesetz sieht die obligate Befüllung der ePA durch die Ärzte vor.

© Oksana Kuzmina / stock.adobe.com

Berlin. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ) reiht sich ein in den Reigen der Kritiker des am Donnerstag im Bundestag beschlossenen Digitalgesetzes ein. Der BVKJ reibt sich an der ab Januar 2025 für Ärzte obligaten Befüllung der elektronischen Patientenakte (ePA) mit Arztbriefen, Befunden und Befundberichten, wie er am Freitag mitteilte.

BVKJ-Präsident Dr. Michael Hubmann wird wie folgt zitiert: „Wir Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte befürworten und unterstützen jede Form der Digitalisierung, die funktioniert. In der Pädiatrie gehen wir da bereits mit positivem Beispiel voran. Was das neue Digitalgesetz jedoch in Bezug auf die ePA-Befüllung vorsieht, ist ein nicht-praktikabler Vorschlag aus dem Elfenbeinturm der Politik. Bevor irgendwelche Zeitvorgaben gemacht werden, muss erst gewährleistet sein, dass die Arbeit mit der ePA reibungslos funktioniert. Davon sind wir weit entfernt.“

Pädiater: Ampel-Regierung hat auf‘s falsche Pferd gesetzt

Hubmann benennt auch des Pudels Kern aus Sicht der Kinder- und Jugendärzte: „Die technischen Voraussetzungen für eine Pflichtbefüllung durch die Praxisverwaltungssysteme sind schlichtweg nicht gegeben und können auch durch einen Zwang, den am Ende die Praxen und Patienten ausbaden, nicht herbeigezaubert werden.“ Die Ampel-Regierung habe aber auf das falsche Pferd gesetzt, wenn sie bei diesem Thema auf Innovationen bei Praxisverwaltungssystemen (PVS) sowie auf eine Regulierung durch den Markt hoffe.

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In der Pflicht sehe man vor allem die PVS-Hersteller. Schließlich läge es im Interesse der Hersteller, rechtzeitig die nötigen technischen Voraussetzungen zu schaffen, damit ihnen nicht die Kunden weglaufen. „Darauf zu spekulieren, dass der Markt das Problem schon regeln wird, halte ich für realitätsfern. Die bisherigen Entwicklungen rund um die TI haben gezeigt, dass in diesen Bereichen der Markt durch Kostenstrukturen, Monopolisierung und Abhängigkeiten eher ein Hindernis ist, als den Praxen oder gar den Patienten zu dienen“, betont Hubmann.

„Solange die technischen Voraussetzungen weder festgelegt noch durch die PVS-Hersteller umgesetzt sind, darf es auch keine verpflichtende Zeitvorgabe gegenüber den Anwendern geben. Daher lehnen wir diese entschieden ab“, konkretisiert Hubmann. Ebenfalls am Freitag meldete sich auch die Ärztekammer Hamburg zu der Problematik zu Wort. „Die Technik muss funktionieren. Und da sind die Hersteller von IT-Anwendungen in der Pflicht. Sonst wächst verständlicherweise der ohnehin schon große Frust bei den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen“, so PD Dr. Birgit Wulff, Vizepräsidentin der Kammer, auch mit Blick auf die im Gesetz vorgesehenen Sanktionen.(eb)

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