Affäre Schottdorf

Laborpraktiken werden Fall für den Landtag

Hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Verdachts betrügerischer Abrechnung von Laborleistungen bayerischer Ärzte vorschnell eingestellt? Ein Untersuchungsausschuss soll das jetzt klären.

Von Jürgen Stoschek Veröffentlicht:
Labormedizin - wird jetzt ein Fall für den bayerischen Landtag.

Labormedizin - wird jetzt ein Fall für den bayerischen Landtag.

© Klaus Rose

MÜNCHEN. Voraussichtlich kommenden Dienstag wird ein Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags seine Arbeit aufnehmen. Er soll die umstrittene Ermittlungsarbeit rund um das Labor Schottdorf prüfen.

Zentrales Erkenntnisinteresse: Haben sich Polizei- und Justizbehörden sowie die zuständigen Ministerien möglicherweise nicht korrekt verhalten? Dem Untersuchungsausschuss gehören fünf Mitglieder der CSU und vier Mitglieder der Opposition von SPD, Freien Wählern und Bündnis90/Die Grünen an.

Dabei geht es nicht nur um die Frage, warum die Staatsanwaltschaft Ermittlungsverfahren gegen Ärzte, gegen die wegen des Verdachts der betrügerischen Abrechnung von Laborleistungen ermittelt worden war, nach Ansicht der Opposition möglicherweise vorschnell eingestellt hat.

Zur Debatte stehen auch mögliche Verstöße gegen die Vorschriften der GOÄ bei der Abrechnung von Laborleistungen und die Rolle der Rechtsaufsicht über die Selbstverwaltung.

"Über Jahre hinweg mussten Patientinnen und Patienten, aber auch der Freistaat Hunderte Millionen zu viel für Laborkosten zahlen. Das liegt nicht nur an betrügerischen Ärzten, sondern auch an einem fehlerhaften System und dem Versagen der Rechtsaufsicht", erklärte der rechtspolitische Sprecher der grünen Landtagsfraktion, Sepp Dürr.

Im "sogenannten System Schottdorf", so die Opposition, sollen bundesweit Ärzte Leistungen, die das Labor erbracht hat, selbst zu überhöhten Preisen abgerechnet und dadurch einen wirtschaftlichen Gewinn erzielt haben. Den volkswirtschaftlichen Schaden beziffert die Opposition auf bis zu 500 Millionen Euro.

Die Fraktionen der Opposition haben in dieser Woche gemeinsam einen mehr als 30-seitigen Fragenkatalog vorgelegt, der in den kommenden zwölf Monaten im Untersuchungsausschuss abgearbeitet werden soll.

Zeugenliste noch offen

So will die Opposition unter anderem wissen, ob die Staatsregierung die Selbstverwaltungs- und Standesorganisationen der bayerischen Ärzteschaft auf rechtliche Bedenken im Zusammenhang mit der Abrechnung von M III- und M IV-Laborleistungen aufmerksam gemacht hat.

Auch soll geklärt werden, was die Staatsregierung unternommen hat, um das durch überteuerte Laborleistungen entstandene Anreizsystem, so viele Laboruntersuchungen wie möglich in Auftrag zu geben, zu korrigieren.

Bereits im Mai hatte der Rechtsausschuss des Landtags hochrangige Vertreter der bayerischen Justiz angehört. Damals erklärte ein Vertreter des Justizministeriums, die Staatsanwaltschaft sei bei ihren Ermittlungen auf eine Abrechnungspraxis gestoßen, "die aus unserer Sicht eindeutig gegen ärztliches Gebührenrecht verstößt". Bei wirtschaftlicher Betrachtung seien jedoch weder Patienten noch Kassen geschädigt worden.

Diese und weitere Aussagen hätten "bei näherer Betrachtung" neue Fragen aufgeworfen, die nur durch Akteneinsicht und Zeugenaussagen beantwortet werden können, erklärte jetzt der SPD-Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Rechtsausschusses Franz Schindler.

Welche Zeugen der Untersuchungsausschuss in den kommenden Monaten anhören will, steht noch nicht fest. Sicher scheint aber, dass die frühere Justizministerin Beate Merk und vermutlich auch der ehemalige Ministerpräsident Edmund Stoiber geladen werden. Ob auch der amtierende Ministerpräsident Horst Seehofer Rede und Antwort stehen muss, sei noch nicht geklärt, hieß es.

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