Landarzttätigkeit schützt nicht vor Regresspost

Entgegen der Beteuerung der KV sind Ärzte in Westfalen-Lippe auf dem Land nicht vor Regressen sicher. Das behaupten zumindest niedergelassene Ärzte, die anderen von der Tätigkeit fernab der Stadt abraten.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Ist es ein Regressbescheid? Ärzte auf dem Land in Westfalen-Lippe sind dagegen nicht immun.

Ist es ein Regressbescheid? Ärzte auf dem Land in Westfalen-Lippe sind dagegen nicht immun.

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KÖLN. Mit ihrer Aussage, dass Hausärzte auf dem Land kein erhöhtes Regressrisiko haben, stößt die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) bei einigen Niedergelassenen auf Unverständnis. "Ich kann nach wie vor keinem Kollegen raten, sich auf dem Land niederzulassen", sagt Dr. Rainer van Elten, Hausarzt im westfälischen Lügde.

Nach einer Analyse der KVWL aus dem Jahr 2008 gab es bei Landärzten weniger Regresse als bei Medizinern in den Städten. Nach Angaben von KVWL-Vize Dr. Wolfgang-Axel Dryden führt die höhere Behandlungsdichte in ländlichen Regionen - anders als häufig vermutet - nicht zu einem höheren Regressrisiko.

Ärzte werfen KV seit Jahren Interessennegierung vor

Mit solchen Behauptungen wiege Dryden die Ärzte in einer falschen Sicherheit, kritisiert van Elten. Gerade im Heilmittelbereich seien Niedergelassene nach wie vor mit Prüfverfahren konfrontiert.

Dabei gebe es eine Reihe von Problemen, etwa die Heilmittelverordnungen für Kinder in heilpädagogischen Einrichtungen und die schlechte Qualität der von den Kassen vorgelegten Daten. "Die Verordnung von Heilmitteln ist und bleibt ein Kampf", sagt van Elten.

Er mache die KVWL seit Jahren auf die Probleme aufmerksam, doch sie reagiere nicht. "Die KVWL unterstützt uns nicht und vertritt unsere Interessen nicht."

Das Hauptproblem für viele Ärzte sei die mangelnde Verordnungssicherheit, sagt Dr. Tobias Lunemann aus Marienmünster. "Das Schlimmste ist, dass permanent eine Bedrohung im Raum schwebt." Bei den Heilmitteln erreichten die drohenden Regresssummen oft existenzgefährdenden Charakter.

Für die betroffenen Ärzte sei es sehr aufwändig, die Argumentation gegenüber den Prüfgremien mit Daten zu unterlegen. Zwar ließen sich die Regresse oft abwenden, die Drohung bleibe aber, sagt Lunemann.

Schon Medizinstudierende bemerken die Missstände

Medizinstudierende, die in Landarztpraxen hospitieren, würden merken, unter welchem großen Druck die Ärzte bei den Verordnungen stehen. "Das ist abschreckend, und da nutzen auch keine finanziellen Köder, mit denen man junge Ärzte aufs Land locken will", betont Lunemann.

Im Vergleich zu früher habe sich die Lage auch mit Blick auf die Heilmittelregresse in den vergangenen Jahren deutlich entspannt, so Dryden. Von den rund 9000 Ärzten, die in Westfalen-Lippe Heilmittel verordnen, hätten 2008 nur 48 einen Regress bekommen.

"Die Kollegen haben aber nach wie vor eine ganz erhebliche Verordnungsunsicherheit", weiß er. Die KVWL bemühe sich, hier langfristig für Abhilfe zu sorgen.

Die KV nehme die Sorgen der Kollegen auf dem Land ernst, sagt Dryden. Die Behauptung von van Elten, Prüfverfahren seien rechtswidrig eingeleitet worden, weist er zurück. "Es ist noch nie ein Urteil gegen die Prüfgremien wegen rechtswidrig eingeleiteter Prüfungen ergangen."

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