Klinikum Oldenburg
Fall Niels H.: Anklage gegen Ex-Klinikverantwortliche zugelassen
Mehrere Ex-Verantwortliche des Klinikums Oldenburg müssen sich demnächst vor Gericht verantworten, weil sie den wegen Mordes verurteilten Krankenpfleger Niels H. gewähren ließen. Das Gericht ließ allerdings nur eine Anklage wegen Beihilfe zu.
Veröffentlicht:Oldenburg. Im Fall des vielfachen Mordes an Patienten in den Kliniken in Oldenburg und Delmenhorst durch den ehemaligen Krankenpfleger Niels H. in den Jahren 2000 bis 2005 hat die Schwurgerichtskammer Oldenburg die Anklage gegen damals Verantwortliche des Klinikums Oldenburg zwar zum Hauptverfahren zugelassen – aber nur zum Teil. Das teilte das Gericht am Dienstag mit.
Bei den Angeschuldigten handelt es sich um einen ehemaligen Geschäftsführer, einen ehemaligen ärztlichen Leiter der kardiologischen Intensivstation, einen Leiter des Bereichs Pflege der kardiologischen Intensivstation, eine ehemalige Pflegedirektorin und einen ärztlichen Leiter der Anästhesiestation des Klinikums Oldenburg.
Sie hätten gegen die 63 Taten H.‘s einschreiten oder die Polizei benachrichtigen müssen, so die Staatsanwaltschaft Oldenburg. H. hatte als Krankenpfleger auf Intensivstationen in Oldenburg und Delmenhorst Patientinnen und Patienten getötet. Nachgewiesen wurden ihm 85 Taten. Die Oldenburger Klinik hatte ihm 2002 einen Wechsel nahegelegt und ihn noch mit einem guten Zeugnis versehen. Damit wechselte er an die Klinik Delmenhorst, wo er weiter mordete.
Dennoch nimmt das Gericht in Oldenburg einen anderen Standpunkt ein als die Staatsanwaltschaft. Denn 60 der 63 Fälle, um die es jetzt geht, spielten sich im Klinikum Delmenhorst ab. Für die dortigen Patienten seien die Mitarbeiter des Oldenburger Klinikums aber nicht zuständig. Es habe hier für die Beschuldigten „keine rechtliche Pflicht“ zum Einschreiten im Klinikum Delmenhorst bestanden, so das Gericht.
Das Gericht sieht die Beschuldigten darüber hinaus in den drei Oldenburger Fällen auch nicht als Täter an, weil allein die Möglichkeit, H. zu stoppen, noch nicht als Tat zu werten sei, die sich „die Taten des voll verantwortlich und autonom handelnden Begehungstäters H. zu eigen machen wollten“, schreibt das Gericht. Sie hätten keine Schutzpflichten verletzt. Deshalb wies das Gericht den Vorwurf „Totschlag durch Unterlassen“ zurück. Im Hauptverfahren geht es also voraussichtlich nur noch um die Frage, ob die Beschuldigten H.‘s Taten in drei Fällen unterstützten, indem sie ihn gewähren ließen. In dem Verfahren geht es daher nicht mehr um „Totschlag durch Unterlassen“, sondern um Beihilfe durch Unterlassen. (cben/dpa)