Qualitätsoffensive der Orthopäden

Operieren soll noch sicherer werden

Mit verschiedenen Maßnahmen wollen die süddeutschen Orthopäden und Unfallchirurgen die Patientensicherheit nochmals deutlich verbessern.

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BADEN BADEN / BAD ABBACH. Bei Hüftprothesen-Operationen liegt Deutschland in Europa im Spitzenfeld. Daran gemessen ist die Zahl der Behandlungsfehler gering: Im vergangenen Jahr registrierte der Medizinische Dienst der Krankenkassen gerade 3800 Fälle von erwiesenen ärztlichen Kunstfehlern.

Trotzdem will die Vereinigung Süddeutscher Orthopäden und Unfallchirurgen (VSOU) dafür sorgen, dass Operieren noch sicherer und damit die Patientensicherheit weiter optimiert wird.

Die Orthopädische Universitätsklinik Bad Abbach ist laut VSOU einer der Motoren dieser Qualitätsoffensive.

"Selbstverständlich ist die Null-Fehler-Behandlung Ziel jedes Arztes. Aber jede Operation ist ein komplizierter Prozess mit vielen Beteiligten, die nahtlos zusammenarbeiten müssen", sagt Professor Joachim Grifka, Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik des Bad Abbacher Klinikums.

Intensive Abstimmung nötig

Vor allem diese Schnittstellen in der Organisation bei der Vorbereitung und der Op selbst seien ein kritischer Bereich. In Bad Abbach seien und würden mittlerweile eine Vielzahl von Maßnahmen umgesetzt, um zwischen den Prozessschritten im Behandlungsablauf Fehler auszuschließen.

So sorge beispielsweise eine intensive Abstimmung im Team dafür, dass Fehler ausgeschlossen werden könnten. Der Einsatzbereich des Chirurgen werde entsprechend der Krankenakte bereits im Vorfeld direkt auf der Haut des Patienten mit einem speziellen Stift markiert. Notwendige Op-Schritte würden neben der geplanten Schnittstelle auf der Haut notiert, so Grifka.

Risikofaktor ist nach Erfahrung der Ärzte aber vor allem auch der Patient selbst: So täten die Medizinerteams in Bad Abbach alles, um vorhandene und verborgene bakterielle Infektionen im Körper sicher auszuschließen.

Diese seien das größte Problem, etwa beim Einsatz von Gelenkprothesen. Warnzeichen dafür sei vor allem ein zu hoher CRP-Wert im Blut. "In einem solchen Fall werden keine Implantate eingebracht", verdeutlicht Grifka.

Besondere Aufmerksamkeit werde Patienten geschenkt, die kurz nach einem Auslandsurlaub in die Klinik kommen und auch älteren Patienten, die in Betreuungs- und Altenheimen leben, was ebenfalls ein höheres Infektionsrisiko bedeuten kann.

Weiteres Kriterium: "Zwischen letzten Engriffen (Spritzen) an den Gelenken und einem neuen Gelenk müssen mindestens drei Monate liegen, weil jede Punktion der Haut, auch wenn sie Wochen zurückliegt, zusätzliche Komplikationen bringen kann", erläutert Grifka.

"Kliniken - kein Reparaturbetrieb mit Gelenkaustausch auf Bestellung"

Patientensicherheit beginne bei scheinbaren Kleinigkeiten: Dazu gehört im Klinikum Bad Abbach laut VSOU, zwischen Ärzten, Personal und Patienten auf das Händeschütteln zu verzichten.

Die entsprechende Plakette auf dem Arztkittel von Grifka sei unübersehbar. "Das ist nicht unhöflich, sondern umsichtig. Etwa ein Drittel der infektiösen Ansteckungen wird durch Händeschütteln übertragen.

Ein weiteres Drittel durch Schmierinfektion zum Beispiel über Türkliniken oder kontaminierte Tischflächen. Das restliche Drittel der Neuinfektionen erfolgt über Tröpfcheninfektion, also zum Beispiel, durch Sprechen, Niesen oder Husten", kommentiert er.

Die VSOU wolle ihre Mitglieder allerdings auch sensibilisieren, Patientenwünschen nach kontraproduktiven Über- und Maximalbehandlungen zu widersprechen. "Zunächst müssen alle sinnvollen konservativen Behandlungsmaßnahmen ausgeschöpft werden.", hebt Grifka hervor.

Auch leichte Schmerzen in der Hüfte seien noch kein Grund für den Einsatz eines künstlichen Hüftgelenks. "Manche Patienten verlangen Maximalbehandlung, vergessen aber dabei, dass Kliniken kein Reparaturbetrieb mit Gelenkaustausch auf Bestellung sein können und sein wollen", ergänzt er.

Die Verbesserung der Patientensicherheit werde auch Thema der Jahrestagung des VSOU in Baden-Baden im Frühjahr 2016 sein. (maw)

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