Medizinstudenten

PJ umkrempeln!

Viele Medizinstudenten im Praktischen Jahr sind unzufrieden mit ihren Arbeitsbedingungen, zeigt eine Umfrage. Sie wollen eine PJ-Reform.

Von Anne Zegelman Veröffentlicht:

BERLIN. Ungerechte Fehltage-Regelung, variierende Aufwandsentschädigung und fehlende formale Aspekte in der Lehre: Laut Ansicht der Medizinstudierenden im Hartmannbund und der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) gibt es dringenden Handlungsbedarf bei der Ausgestaltung des Praktischen Jahres (PJ).

Der im Koalitionsvertrag verankerte und aktuell im Entstehen begriffene "Masterplan Medizinstudium 2020", für den bis Mitte 2016 Vorschläge von Bundes- und Ländervertretern erarbeitet werden sollen, geht nicht weit genug, fürchten die jungen Mediziner.

In einem gemeinsam aufgesetzten "Weckruf an die Politik" forderten die beiden Verbände am Montag gemeinsam, bei der Überarbeitung die Gesamtsituation zu betrachten.

"In der aktuellen Debatte sehen die Studierenden die große Gefahr einer unsachgemäßen zu starken Fokussierung auf Einzelaspekte des PJ, während die längst überfälligen Verbesserungen der Arbeits- und Lernbedingungen während des gesamten PJ nicht genügend Aufmerksamkeit erhalten", klagen bvmd und Hartmannbund.

7000 Studierende befragt

Um die Forderung auf breite Beine zu stellen, haben bvmd und Hartmannbund das Projekt "Praktisches Jahr" ins Leben gerufen und eine Umfrage unter 7000 Studierenden aus allen Fakultäten Deutschlands sowie bereits approbierten Ärztinnen und Ärzte durchgeführt. Abgefragt wurden vor allem Arbeits- und Lernbedingungen sowie der Status Quo.

Dabei wurde auch die Unzufriedenheit mit der aktuell gültigen Fehltageregelung in der Approbationsordnung deutlich. Diese gestattet 30 Fehltage im gesamten PJ und differenziert dabei nicht zwischen Urlaub und krankheitsbedingten Fehltagen.

Für die Verbände ein Unding: "Auch Studierende haben das Recht der angemessenen Erholung vom anstrengenden Arbeitsalltag und, unabhängig davon, das allgemeine Recht, im Krankheitsfall zu gesunden", legen sie dar.

Die geltende Regelung zwinge die Studierenden, statt auf eine Genesung in Ruhe krank zur Arbeit zu erscheinen und damit Patienten zu gefährden. bvmd und Hartmannbund fordern, Krankheitstage dürften nicht auf das Fehltage-Kontingent angerechnet werden.

Auch die Aufwandsentschädigung im PJ ist Grund für Unmut. Für die 48 Wochen auf Station ist die Zahlung einer Aufwandsentschädigung bis zum BAföG-Höchstsatz von derzeit 597 Euro monatlich vorgesehen - einen einheitlichen Mindestsatz gibt es nicht.

Ein Drittel der Umfrage-Teilnehmer habe angegeben, entweder keine Aufwandsentschädigung oder eine Entschädigung unter 400 Euro monatlich zu erhalten.

Für angemessen halten jedoch knapp zwei Drittel der Befragten einen Betrag zwischen 500 und 900 Euro monatlich, so das Umfrageergebnis.

Lehre unzureichend

Was die Lehre im PJ betrifft, gibt es keine bindende Regelung bezüglich der Lehre, bemängeln die Verbände - und deshalb deutschlandweit große Unterschiede. Insgesamt erhalten laut Umfrage 60 Prozent der Befragten zwei Stunden PJ-Unterricht oder weniger pro Woche.

Dabei wünschen sich 91 Prozent der Studierenden mehr als zwei Stunden Unterrichtszeit pro Woche, ein gutes Drittel favorisiert sogar bis zu acht Stunden. Dieselbe Situation zeigt sich mit der zur Verfügung stehenden Zeit zum Eigenstudium im PJ.

Eigentlich dazu da, selbstständig Lerninhalte zu rekapitulieren und sich der vertiefenden Beschäftigung mit Krankheitsfällen zu widmen, verfügen aktuell über die Hälfte der Studierenden über keinerlei Zeit zum Eigenstudium im PJ.

Dabei wünschen sich 78 Prozent der Teilnehmer bis zu acht Stunden oder mehr Eigenstudium pro Woche.24 Prozent der Befragten gaben an, dass sich Ärztinnen und Ärzte im Krankenhausbetrieb vier Stunden Zeit pro Woche für die Studierenden nehmen.

Für 47 Prozent werde sich zwei Stunden pro Woche Zeit genommen, in 14 Prozent der Fälle nähmen sich die Ärztinnen und Ärzte gar keine Zeit.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Reformbedarf für das PJ

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