GOÄ-Novelle

PKV mischt in Schlacht um Plus und Minus mit

Aus den Reihen der PKV regt sich Widerstand gegen zu hohe Anpassungen der privatärztlichen Vergütung. Die Hallesche Kranken mahnt die Ärzte, bei den Forderungen auf dem Teppich zu bleiben und Abrechnungsvolumina zu berücksichtigen.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Plus oder minus? Das interessiert nicht nur fleißige Taschenrechner, sondern auch die PKV.

Plus oder minus? Das interessiert nicht nur fleißige Taschenrechner, sondern auch die PKV.

© M. Schuppich / fotolia.com

STUTTGART. Die Forderung der Ärzteschaft, bei der Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) einen Inflationsausgleich von 30 Prozent einzupreisen, hält der Vorstandsvorsitzende der Hallesche Krankenversicherung Dr. Walter Botermann für übertrieben.

Trotz der Inflation hätten die Abrechnungen bei der PKV seit der letzten GOÄ-Novelle um 50 Prozent zugelegt - schließlich habe es eine Kompensation über die Menge und über Abrechnungsoptimierungen gegeben.

Folge man der Logik der Ärzte, müsste es nach dem Inflationsausgleich von 30 Prozent einen Abschlag von 20 Prozent geben. "So kann man nicht verhandeln", findet Botermann. Er verweist darauf, dass die Kunden der privaten Krankenversicherer (PKV) die höheren Kosten durch die GOÄ-Novelle bezahlen müssen.

"Vor Abschluss der Verhandlungen sollte man eine Befragung der Kunden vornehmen, wie viel mehr zu zahlen sie bereit sind", lautet sein eingestandenermaßen polemischer Vorschlag. "Am besten nimmt man dafür die Ärztetarife."

Die Hallesche Kranken hat im vergangenen Jahr Beitragseinnahmen von 1,1 Milliarden Euro erzielt, das war eine Steigerung um 4,6 Prozent. Die Ausgaben für Versicherungsfälle reduzierten sich dagegen von 639 Millionen Euro auf 631 Millionen Euro.

Ohne das Leistungsmanagement und eine genaue Abrechnungskontrolle würden die Leistungsausgaben der Hallesche Kranken pro Jahr um sechs bis acht Prozent zulegen, sagt Botermann.

Trend zu Abrechnungsoptimierung

Durch das Abrechnungsmanagement sei es dem Unternehmen allein im vergangenen Jahr gelungen, rund 40 Millionen Euro einzusparen. Das sei außergewöhnlich viel und als Effekt kaum wiederholbar, sagt der Vorstandsvorsitzende.

Nach seinen Angaben hat es der Versicherer immer häufiger mit Abrechnungsoptimierungen zu tun. Die professionellen Abrechnungsstellen wüssten, wie die Prüfprogramme der einzelnen PKV-Anbieter aussehen und würden sich darauf einstellen, berichtet Vorstand Wiltrud Pekarek.

Bei Auffälligkeiten in Abrechnungen fordert die Hallesche zum Teil Arztberichte und Dokumentationen an, um die Abrechnungsfähigkeit bestimmter Leistungen zu prüfen. "Manche Ärzte liefern die Dokumentationen ohne Probleme, von anderen bekommen Sie sie nicht", sagt sie.

Wenn eine Arztrechnung bei der Prüfung auffällt, bedeute das nicht automatisch, dass der Versicherer die Leistungen nicht bezahlt. "Wir versuchen, im Dialog mit dem Arzt einen fairen Preis zu ermitteln", betont Pekarek. Für die Prüfung und den fachlichen Austausch mit den Kollegen beschäftigt die Hallesche Mediziner.

Positiv auf die Kostenentwicklung wirken sich bei dem PKV-Unternehmen auch die Disease Management Programme aus. Eine Auswertung des Programmes für Diabetiker hat gezeigt, dass die Kosten bei den Teilnehmern weniger stark steigen als in einer Vergleichsgruppe.

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 27.06.201413:31 Uhr

Von wegen Unterschriftsreife - Hickhack-Verhandlungen!

In krassem G e g e n s a t z zu vollmundigen Ankündigungen "unseres" Präsidenten der Bundesärztekammer (BÄK), Prof. h. c. (HH) Dr. med. Frank Ulrich Montgomery ist der Verhandlungs-Hickhack zur Neufassung der GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte) noch in vollem Gange. Von einer angeblich im November 2013 zwischen BÄK und PKV-Verband geschlossenen Rahmenvereinbarung, mit der die lange Zeit als unüberwindlich geltenden gegensätzlichen Positionen überwunden worden seien, kann also gar nicht mehr die Rede sein.

Trotz alledem behauptete BÄK-Präsident und Kollege Montgomery vermutlich wider besseres Wissen noch auf dem diesjährigen 17. Deutschen Ärztetag in Düsseldorf, dass es bei der „GOÄneu“ keine Verlierer geben werde. Es könne jedoch sein, dass sich Zuwächse unterschiedlich verteilten. ÄKWL-Chef Dr. med. Windhorst und BÄK-Hauptgeschäftsführer Rochell versprachen, dass Befürchtungen etwa von Radiologen oder Ärzten, die Laborleistungen erbringen oder abrechnen würden, keine Grundlage hätten. Dagegen sollten Vorkehrungen getroffen werden. Auch ein Steigerungsfaktor solle nach der Reform angewendet werden können, und zwar in Abhängigkeit von Zeitaufwand, Schwierigkeit der Leistung und anderen Umständen des Einzelfalls.

Über GOÄneu-Systematik, Leistungslegenden, Höhe des Multiplikators, Begründungsschwellen und Höchstsätze schweigen sich die BÄK-Experten weiterhin aus. K e i n e Garantie gebe es dafür, dass sich die Ärzte mit ihrer Forderung nach einem Inflationsausgleich durchsetzen werden, ist die vorsichtige Umschreibung dafür, dass jedweder Inflationsausgleich e r s a t z l o s gestrichen und n i c h t mehr Verhandlungsgegenstand zwischen BÄK und PKV-Verband ist.

Doch darin liegt ein wesentlicher Hund begraben:
Die BÄK hat die zu ihrer K e r n k o m p e t e n z gehörende Reform der GOÄ jahrzehntelang verschlafen:
• die GOÄ-Systematik vom 16.4.1987 (BGBl. I, S. 1218) ist 27 Jahre alt
• 14 Prozent GOÄ-Punktwert-Anhebung in 31 Jahren (1983-2014)
• kalkulatorischer Punktwert 10 (1983), 11 (1988), 11,4 "Pfennige" (1996)
• jährlicher Punktwertanstieg plus 0,45 Prozent per annum.

Laut Ärzte Zeitung hatte der BÄK-Vorstand im Entwurf seiner "Rahmenvereinbarung" mit der PKV von 11/2013 ziemlich einfältig festgeschrieben: "Das Leistungsverzeichnis soll den medizinischen Fortschritt seit Anfang der 1980er Jahre integrieren": Im Klartext, die BÄK hat Haus-, Fach-, Spezial- und zur Privatliquidation ermächtigte Klinikärztinnen und-ärzte seit fast 34 Jahren von medizintechnischen Innovationen im Gegensatz zur Pharmaindustrie, dem technisch-medizinisch-industriellen Komplex und den Krankenhauskonzernen a b g e k o p p e l t! Zugleich hat die BÄK seit 30 Jahren in aller Seelenruhe zugeschaut, wie es zu Facharzt- und Medizintechnik-lastigen, unkontrollierbaren Mengenausweitungen mit immer obskureren Analog-Anwendungen bei den GOÄ-Abrechnungen zu Lasten der privat Krankenversicherten, der Privaten Krankenversicherer (PKV) u n d der Beihilfestellen gekommen war.

Genau an diesem Punkt setzt der Argumentationshebel des Vorstandsvorsitzenden der Hallesche Krankenversicherung, Dr. Walter Botermann, an. Die BÄK, die ihre Hausaufgaben in 30 Jahren nie gemacht hat, kann jetzt nicht mit einem Inflationsausgleich winken und zugleich erwarten, dass ihre neuen GOÄ-Vorschläge vom PKV-Verband einfach durchgewunken werden. Von einer auch nur annähernd unterschriftsreifen "GOÄneu" kann also überhaupt keine Rede sein.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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