Herausforderung Klimawandel

Reha macht sich nachhaltig

Die Klimakrise erfordert auch ein Umdenken in der Rehabilitation. Warum die Einrichtungen künftig mehr Konzepte für jüngere Menschen brauchen. Und was sie selbst für mehr Klimaschutz tun.

Von Susanne Werner Veröffentlicht:
Eingang zur Edelsteinklinik in Bruchweiler in Rheinland-Pfalz: Zum Versorgungskonzept gehört seit 2022 auch die „Gartentherapie“ für Kinder und Jugendliche.

Eingang zur Edelsteinklinik in Bruchweiler in Rheinland-Pfalz: Zum Versorgungskonzept gehört seit 2022 auch die „Gartentherapie“ für Kinder und Jugendliche.

© Harald Tittel / dpa / picture alliance

Die Deutsche Rentenversicherung Bund will mit einer Nachhaltigkeitsstrategie die Abläufe in der Verwaltung zukunftsfest machen, die Kliniken beim Klimaschutz unterstützen und mit neuen Behandlungsangeboten auch die Rehabilitanden und Rehabilitandinnen mitnehmen. Wohin die Reise geht, zeigte sich etwa beim diesjährigen Reha-Kolloquium in Bremen.

Professorin Claudia Hornberg, Vorsitzende des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU), machte dort deutlich: Die Reha-Ärztinnen, -Ärzte und -Therapeuten werden sich künftig verstärkt um jene Menschen kümmern müssen, bei denen der Klimawandel gravierende Ängste auslöst. Ob nun Hitzetage, die allen Organen zu schaffen machten, Starkregen oder Überflutungen, die Leben direkt bedrohten sowie Natur und Wohnumfelder zerstörten – die Folgen des Klimawandels belasteten die Gesundheit gleich mehrfach. Insbesondere Kinder und Jugendliche erlebten die sich verändernde Natur als Bedrohung, so Hornberg, selbst Biologin und Fachärztin für Hygiene und Umweltmedizin.

Individuelles Handeln reicht nicht

Gerhard Reese, Professor für Umweltpsychologie an der Universität Kaiserslautern-Landau stellte klar: Individuelles Handeln und einzelne Initiativen werden nicht ausreichen, um die Folgen des Klimawandels zu bewältigen. Nötig sei „die kollektive Kraft der Menschen“, um in Gesellschaft und Politik – trotz aller Hemmnisse und Gewohnheiten – die nötigen Innovationen auszulösen. „Wir brauchen systemische Lösungen“, sagte Reese.

Eine „ökosalute Politik“ nennt dies SRU-Vorsitzende Hornberg. Es gehe um ein konsequentes Umdenken, das angesichts des Klimawandels alle Handlungsfelder in den Blick nimmt: So müssen in den Städten vermehrt Grünräume erhalten bleiben, Stadtplanung und Architektur sind umweltgerecht auszugestalten, Natur ist als Gesundheitsressource zu sichern, Schadstoffe und Emissionen jeglicher Art sind zu reduzieren.

Hier können sich die Reha-Kliniken selbst aktiv beteiligen – über eine nachhaltige Gebäudetechnik, emissionsfreie Mobilität, vegetarische Ernährung, reduziertes Müllaufkommen, sorgsamen Umgang mit Medikamenten und schließlich auch mit natursensiblen Behandlungskonzepten.

Was Reha-Kliniken bereits selbst tun

Einzelne Reha-Kliniken haben sich in den letzten Jahren bereits auf den Weg gemacht. Wie etwa die Fachklinik Gaißach nahe des bayerischen Bad Tölz. Die Reha-Klinik für Kinder und Jugendliche hat seit 2019 ihren Ausstoß an klimaschädlichen Treibhausgasen um 100.000 Tonnen reduziert und darf sich „Green Hospital“ nennen. In der Hescuro-Klinik in Bad Bocklet im bayerischen Frankenland werden die Beschäftigten per App mit Ideen zum klimagerechten Verhalten im Alltag versorgt. Wer diese beherzigt, kann Klimapunkte sammeln und wird beispielsweise mit einem Gratis-Mittagessen in der Kantine belohnt.

An der Edelsteinklinik in Bruchweiler in Rheinland-Pfalz wiederum wurde 2021 auf dem Klinikgelände ein „natürliches Habitat“ angelegt – mit Totholzhecken, Steinlesehaufen, Hochbeeten, Kräuterspirale und Wildbienenhotel. Seit 2022 ergänzt die „Gartentherapie“ das Angebot der Rehaklinik für Kinder und Jugendliche.

Die Rehaklinik für Orthopädie und Rheumatologie in Bad Füssing bietet bereits seit Jahren Waldbaden als Entspannungsmethode an. In den bundesweit aktiven Dr. Becker-Kliniken wird Klimaschutz zur strategischen Leitlinie: So sollen bis 2025 unter anderem die CO2-Emissionen um 25 Prozent, der Restmüll um 50 Prozent reduziert werden, die Lieferketten nur noch fair gehandelte Textilien vorweisen und die Außenanlagen zu 100 Prozent naturnah gestaltet sein. Dr. Petra Becker, Mitinhaberin der familiengeführten Klinikkette, ist eine Initiatorin der Reha-Arbeitsgruppe „Klima und Nachhaltigkeit“, die sich 2023 unter dem Dach der Deutschen Gesellschaft für Rehabilitationswissenschaften (DGRW) gegründet hat und jetzt den Transformationsprozess weiter vorantreibt.

Werkstattgespräche als Unterstützung

In der AG vertreten ist auch die DRV Bund. Die Idee der Nachhaltigkeit, so betonte Gundula Roßbach, Präsidentin der DRV Bund, beim Reha-Kolloquium, gehöre „zum Wesen der gesetzlichen Rentenversicherung“. 2021 seien dafür eine Nachhaltigkeitsstrategie erarbeitet und drei ökologische Ziele festgeschrieben worden: Bis 2030 soll die DRV Bund komplett „treibhausgasneutral“ organisiert sein, der Ressourcenverbrauch werde reduziert und die interne Beschaffung nachhaltiger ausgerichtet.

Ende November 2023 wurde der Leitfaden „Klimarelevante Transformationsprozesse in der Rehabilitation“ mit Empfehlungen für die Kliniken veröffentlicht. Monatliche Online-Werkstattgespräche sollen den Beschäftigten zum einen fachliche Informationen vermitteln sowie einen Raum zum Austausch bieten. „Der Generationenvertrag als Grundpfeiler der sozialen Sicherung verpflichtet uns dazu, mit den Ressourcen sorgsam umzugehen und uns zukunftsfest zu machen“, sagt Roßbach.

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