Ruf nach Ende der Wahl- und Zusatztarife

Die privaten Krankenversicherer haben keine hohen Erwartungen an die neue Bundesregierung. Sie wünschen sich aber nach wie vor eine Bereinigung der GOÄ und ein Ende der Zusatztarife bei den gesetzlichen Kassen.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

KÖLN. Die privaten Krankenversicherer (PKV) erwarten in der nächsten Legislaturperiode keine grundlegenden Änderungen, aber ein positiveres Marktumfeld für die Branche. "Wir wollen bessere Rahmenbedingungen für den Basistarif und eine bessere Position im Wettbewerb mit der gesetzlichen Krankenversicherung erreichen", kündigte der Vorsitzende des PKV-Verbands Dr. Volker Leienbach beim 7. Rheinischen Kongress für Gesundheitswirtschaft in Köln an.

Der Kampf gegen das ständige Ausgabenwachstum werde die Versicherer auch in Zukunft stark beschäftigen, sagte Leienbach. Das liege nicht nur an Leistungskürzungen in der GKV oder der lebenslangen Leistungszusage der PKV, sondern auch daran, dass Ärzte Privatpatienten besonders intensiv betreuen. "Die Ärzte treffen auf eine Gebührenordnung, die das zulässt."

Deshalb setzt sich die PKV weiter für eine Bereinigung der GOÄ ein. PKV-Versicherte hätten 4,5 Mal höhere Ausgaben für Labormedizin als GKV-Versicherte. "Das ist nicht zu rechtfertigen", betonte Leienbach. Es gebe viele solcher Beispiele - "wenn auch nicht so krasse". Das Geld, das durch eine Aktualisierung der GOÄ eingespart werde, könne entweder den Versicherten zukommen oder in Versorgungsbereiche fließen, die bislang unterfinanziert sind.

Leienbach macht sich dafür stark, dass die gesetzlichen Kassen ihren Versicherten nicht länger Wahl- und Zusatztarife anbieten dürfen. "Alles, was nicht essenziell ist, gehört nicht in die Sozialversicherung."

Das sah der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses Dr. Rainer Hess anders. "Die Kassen brauchen Wahltarife, um sich im Wettbewerb abgrenzen zu können", sagte er. Ohne solche Angebote seien sie nicht in der Lage, aus dem Kollektivvertragssystem auszuscheren. "Selektive Verträge brauchen Wahltarife", sagte Hess.

Das gelte für Angebote wie Hausarzttarife oder die Integrationsversorgung. Ähnlich skeptisch wie Leienbach beurteilt Hess aber GKV-Tarife zur Kostenerstattung oder zur Chefarztbehandlung im Krankenhaus.

Die Techniker Krankenkasse (TK) bietet ihren Versicherten viele verschiedene Wahltarife an, darunter zur Kostenerstattung oder zur privaten ambulanten Behandlung oder mit Selbstbehalten. "Damit nutzen wir die wenigen Gestaltungsmöglichkeiten, die wir haben", sagte Günter van Aalst, Leiter der TK-Landesvertretung in Nordrhein-Westfalen. Diese Angebote würden von den Versicherten angenommen. "Wir brauchen sie für die Zielgruppe, die wir in der GKV benötigen: die jungen Gutverdienenden", sagte er.

Die Zusatzversicherungen werden die neue Schnittstelle zwischen GKV und PKV, erwartet der Vorstandsvorsitzende der AOK Rheinland/Hamburg Wilfried Jacobs. "Ich glaube, wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass das Zusatzversicherungsgeschäft zunehmen wird", sagte er. Das sei insbesondere in der Pflegeversicherung der Fall.

Den Versicherten sollte es möglichst leicht gemacht werden, sich den notwendigen Zusatzschutz zu besorgen. Für Jacobs heißt das: das Angebot von Grund- und Zusatzversicherung aus einer Hand, also auch aus Hand der gesetzlichen Krankenkasse.

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