Kritik der Diagnostika-Industrie

SARS-CoV-2-Tests: Zweierlei Maß für Kliniklabor und ambulantes Labor

Die Aufregung in der Diagnostika-Industrie über den Beschluss zur Honorarabsenkung für PCR-Tests auf SARS-CoV-2 ist groß. Das Honorar sei nun nicht mehr kostendeckend.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

Berlin. Auf scharfe Kritik des Verbandes der Diagnostica-Industrie (VDGH) ist die zum 1. Juli beschlossene Absenkung der Vergütung von PCR-Tests auf SARS-CoV-2 um fast 20 auf 39,40 Euro für die vertragsärztliche Versorgung gestoßen. Dieses Honorar sei nicht mehr kostendeckend, es berücksichtige nicht den Service, die Schnelligkeit und den Aufwand für Meldepflichten der Labore sowie die Forschungsleistungen der Industrie, sagte VDGH-Vorsitzender Ulrich Schmid am Freitag vor Journalisten in Berlin.

Der Honorarschnitt konterkariere die Strategie des Bundesgesundheitsministeriums, durch intensive Testung auch von Menschen ohne Symptome mögliche Infektionsketten zu verfolgen, sagte VDGH-Vorstandsmitglied Thorsten Hilbich.

Ausdrücklich begrüßt der Verband die mit dem zweiten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemiologischen Lage geschaffene Rechtsgrundlage für Tests bei Menschen, die keine Corona-Symptome haben. Dies sei eine logische Folge der kurz bevorstehenden Einführung einer App, mit der Kontakte mit infizierten Personen festgestellt werden können.

Zusatzentgelt für Krankenhäuser liegt bei 52 Euro

Damit würden auch Tests von Belegschaften und Krankenhäusern sowie von Personen in lokalen und regionalen Hot Spots möglich. Für Krankenhäuser ist dazu ein Zusatzentgelt von 52 Euro vereinbart worden.

Den im Vergleich zu anderen Ländern moderaten Verlauf der Covid-19-Pandemie führt der Verband auch auf die leistungsfähige Struktur der Laborarzt-Praxen und eine breit aufgestellte überwiegend mittelständisch geprägte Laborindustrie für die In-vitro-Diagnostik zurück. 65 der insgesamt über 100 Unternehmen bieten Leistungen in der Corona-Diagnostik. Die gegenwärtige Testkapazität liege bei 900.000 PCR-Tests pro Woche.

Erfolgreiche Grundlagenforschung

Ursächlich für den Erfolg der Pandemiebekämpfung sei auch erfolgreiche Grundlagenforschung und deren Umsetzung in der Industrie, so Dr. Peter Quick, Vorstandssprecher von Life-Science-Research im VDGH. Dies habe die rasche Identifikation des Virus und binnen weniger Wochen die Entwicklung eines spezifischen PCR-Tests für die industrielle Produktion ab Februar ermöglicht.

Eine zunehmend wichtige Rolle könnten Antikörpertests spielen, mit denen der Nachweis einer durchgemachten Infektion erbracht werden kann, so Hilbich. Diese Tests seien bei der weiteren Erforschung der Infektion bedeutsam, beispielsweise zur Beurteilung der Immunität und Infektiosität von Personen, aber auch für die Einschätzung von Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Diabetes. Auch die Wirksamkeit einer Impfung – wenn es eine geben wird – könne damit bewertet werden.

Rückgang der Routinediagnostik im Labor um 50 Prozent

Für die weitere Entwicklung der Branche seien drei Punkte entscheidend:

  • Die Aufrechterhaltung der internationalen Lieferketten in einer arbeitsteiligen, globalisierten Industrie,
  • Die Berücksichtigung der hohen Forschungsintensität durch eine steuerliche Forschungsförderung und
  • Nach einem Neustart eine rasche Auflösung der Blockade in weiten Teilen der Medizin, die zu einem Rückgang der Routinediagnostik von rund 50 Prozent der Laborleistungen geführt habe.
Mehr zum Thema

„Linke Tasche, rechte Tasche“

Labore kritisieren Honorarbeschluss als unfair

Point-of-Care-Diagnostik

PKV bringt schnelle PoC-Coronadiagnostik in die Arztpraxen

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Tag der Privatmedizin 2023

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Verschiedene Gesichter

© Robert Kneschke / stock.adobe.com / generated with AI

Seltene Erkrankungen

GestaltMatcher – Per Gesichtsanalyse zur Orphan Disease-Diagnose

Künstliche Intelligenz gilt auch in der Medizin als Schlüsseltechnologie, mit deren Hilfe zum Beispiel onkologische Erkrankungen stärker personalisiert adressiert werden könnten.

© Kanisorn / stock.adobe.com

EFI-Jahresgutachten 2024 übergeben

KI: Harter Wettbewerb auch in der Medizin

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Lesetipps
Neue Hoffnung für Patienten mit Glioblastom: In zwei Pilotstudien mit zwei unterschiedlichen CAR-T-Zelltherapien blieb die Erkrankung bei einigen Patienten über mehrere Monate hinweg stabil. (Symbolbild)

© Richman Photo / stock.adobe.com

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom

Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert