Schmerz, Obstipation und Diarrhö - was tun bei genervtem Darm?

Veröffentlicht:
Obstipation, Diarrhö und Schmerz - mit diesen drei Kernsymptomen haben Patienten mit Reizdarm meist zu tun.

Obstipation, Diarrhö und Schmerz - mit diesen drei Kernsymptomen haben Patienten mit Reizdarm meist zu tun.

© Martina B. / panthermedia

Das Reizdarmsyndrom ist keine Erfindung dieses Jahrhunderts - bereits 1818 wurden die Kardinalsymptome Bauchschmerzen, Stuhlunregelmäßigkeiten und Meteorismus zusammenhängend erwähnt. Inzwischen wird das Reizdarmsyndrom anhand von in Rom aufgestellten Kriterien genauer und valider definiert. Die aktuelle Version sind die Rom-III-Kriterien.

Die Prävalenz des Reizdarmsyndroms liegt sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern und Jugendlichen weltweit zwischen 5 und 15 Prozent. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer. Die Hälfte der Patienten ist jünger als 35 Jahre, gibt Dr. Michael Fridt von den Universitätskinderkliniken in Zürich in seiner CME-Fortbildungseinheit "Wenn der Darm nervt" an.

Das Reizdarmsyndrom kommt familiär gehäuft vor. Es scheint multifaktoriell bedingt zu sein. Hinweise auf eine genetische Veranlagung und den Einfluss von Umweltfaktoren liegen vor. Psychosoziale Faktoren spielen vermutlich eine wichtige Rolle dabei, wie ein Reizdarmsyndrom entsteht, wahrgenommen wird und chronifiziert. Bei vielen Patienten treten vermehrt Angsterkrankungen und Depression auf. Die erfolgreiche Therapie mit Antidepressiva und Anxiolytika bei einem Teil der Patienten bestätigt die Bedeutung psychosozialer Faktoren. Ein besonders belastender Risikofaktor ist körperlicher oder sexueller Missbrauch in der Kindheit oder Adoleszenz.

Patientin mit Bauchschmerzen. Häufig steckt ein Reizdarmsyndrom dahinter.

Patientin mit Bauchschmerzen. Häufig steckt ein Reizdarmsyndrom dahinter.

© Adam Gregor / fotolia.de

Die Leitsymptome sind dauerhafte und/oder wiederkehrende Bauchschmerzen, Unwohlsein, Stuhlunregelmäßigkeiten mit Diarrhö oder Obstipation und Meteorismus. Die Patienten leiden unter Motilitätsstörungen, viszeraler Hypersensitivität, psychologischen Dysfunktionen und emotionalem Stress. Bislang wurden keine eindeutigen, krankheitsspezifischen Veränderungen nachgewiesen.

Die Behandlung beim Reizdarmsyndrom orientiert sich in erster Linie an den Beschwerden der Patienten. Ziel ist es, die drei Kernsymptome Schmerz, Obstipation und Diarrhö zu beeinflussen. Die Behandlungsstrategie richtet sich nach dem dominierenden Symptom und dem Schweregrad der Beschwerden.

Die Rolle der Ernährung beim Reizdarmsyndrom ist unklar. Bei bestimmten Personen verstärken offenbar einzelne Nahrungsmittel die Symptome. Hierzu zählen fettige Speisen, Bohnen, Alkohol, Koffein, Ballaststoffe, exzessiver Verzehr von Kohlenhydraten, Zuckeraustauschstoffe, Fruktose oder Laktose. Zum Ausschluss einer Laktoseintoleranz oder Fruktosemalabsorption sind H2-Atemtest gut geeignet. Quellgleitmittel (Flohsamenpräparate wie Psyllium, Isphagula) haben in mehreren Studien die Symptomatik signifikant verbessert.

Bei einer medikamentösen Therapie ist generell zu bedenken, dass das Reizdarmsyndrom eine Ansprechrate von 40 bis 50 Prozent aufweist. Dieser Effekt kann über mehrere Monate anhalten.

Bei Schmerzen gelten Spasmolytika häufig als Medikament der ersten Wahl. In den meisten Studien und Cochrane-Analysen verbesserten sich die Beschwerden aber nur bei einzelnen Patienten.

Loperamid reduziert häufigen Stuhlgang oder -drang oder eine Diarrhö. Die Substanz hat keinen Einfluss auf Schmerzen, ist aber situativ oft eine große Hilfe. (otc)

Zu dem Modul "Wenn der Darm nervt" (nur für Fachkreise)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Kompetenzerhalt

Vier-Säulen-Modell für die ärztliche Fortbildung

Bilanz

50. practica: Ein Fortbildungsformat feiert Jubiläum

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: FIB-4 1,3: numerische 26%ige Risikoreduktion der 3-Punkt-MACE durch Semaglutid 2,4mg

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [17]

Kardiovaskuläre, renale und hepatische Komorbiditäten

Therapie der Adipositas – mehr als Gewichtsabnahme

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz
SCD-PROTECT-Studie-- Frühe Phase nach Diagnose einer Herzinsuffizienz – deutlich höheres Risiko für den plötzlichen Herztod als in der chronischen Phase.

© Zoll CMS

SCD-Schutz in früher HF-Phase

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: ZOLL CMS GmbH, Köln
Abb. 2: Schneller Wirkeintritt von Naldemedin im Vergleich zu Placebo in den Studien COMPOSE-1 und COMPOSE-2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [15]

Opioidinduzierte Obstipation

Selektive Hemmung von Darm-Opioidrezeptoren mit PAMORA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Viatris-Gruppe Deutschland (Mylan Germany GmbH), Bad Homburg v. d. Höhe
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Eine Ärztin hält einen Reagenzstreifen zur Analyse einer Urinprobe in der Hand.

© H_Ko / stock.adobe.com

Risikofaktoren identifiziert

Für wen könnten Harnwegsinfekte gefährlich werden?

Ein älterer Herr, der einen medizinischen Fragebogen ausfüllt.

© buritora / stock.adobe.com

Metaanalyse

Subjektive Krankheitsbelastung bei Krebs prognostisch relevant