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Wenn die Religion mit im Behandlungszimmer sitzt

Blogger Hekim Colpan erlebt immer wieder, dass ein Patient nicht optimal behandelt werden kann – wegen seiner Religion. Ärzte begeben sich hier auf ethisches Neuland, glaubt er. Lösung: Die Patienten müssten den Ärzten helfen, ihre Kultur zu verstehen.

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Drei Frauen mit Kopftuch: Die Behandlung von Angehörigen einer anderen Religion ist für Ärzte oft schwierig.

Drei Frauen mit Kopftuch: Die Behandlung von Angehörigen einer anderen Religion ist für Ärzte oft schwierig.

© Montes-Bradley / Getty Images / iStock

Geht es um den Glauben, kommen Ärzte manchmal in knifflige Situationen. Einige konservative Gläubige, unabhängig von der Religion, lassen sich nämlich nicht ohne Weiteres untersuchen, behandeln und therapieren. Das ist frustrierend, führt es doch dazu, dass der Patient manchmal nicht die optimale Versorgung bekommen kann.

Hekim Colpan ist 28 Jahre alt und studiert Medizin in Hannover. Nach einer Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten arbeitete er zunächst fünf Jahre im Bereich soziale Sicherung mit Menschen aus verschiedenen sozialen Schichten. Sein Abitur holte er nebenbei an einem Abendgymnasium nach. Er ist nun im dritten Studienjahr.

Ähnlicher Hintergrund hilft

Manche Patienten wollen sich nur von bestimmten Ärzten behandeln lassen, zum Beispiel Frauen nur von Frauen. Andere kommen überhaupt nicht zum Arzt oder der Ärztin, selbst wenn die Schmerzen unerträglich sind.

Was sollen wir Ärzte tun? „Die Behandlung von Erkrankungen ist ein Privileg“, erklärt mir ein befreundeter Arzt, der durch seinen Migrationshintergrund gefragt ist unter Menschen mit ähnlicher Herkunft.

Einerseits helfe die gemeinsame Sprache, Barrieren zu überwinden, andererseits sei die Hemmschwelle für religiöse Patienten im Umgang mit ihm geringer, da sie wüssten, dass er derselben Religion angehört. „Dann wird sich auch mal mit Auszügen aus der Glaubensschrift für die Behandlung bedankt“, berichtet er.

Notwendig sei eine offenere Kultur in der Medizin, vieles sei noch „ethisches Neuland, sowohl für die Patienten, als auch für Ärzte“.

Was passiert im Notfall?

Doch was passiert in einem Notfall, falls mal kein Arzt, der derselben Religionsgemeinschaft angehört, zur Stelle ist? Springen diese Patienten dann über ihren Schatten und lassen die Hüllen fallen?

„Unterschiedlich“, erklärt mir eine Ärztin auf unserer Notaufnahme: „Wir wissen oft nicht, was der Hintergrund des zögerlichen Verhaltens ist, es kann ja auch psychisch begründet sein. In den meisten Fällen jedoch arbeiten die Patienten gut mit.“

Ich denke, dass wir für eine offenere Kultur in der Medizin noch einen langen Weg vor uns haben. Patienten müssen sich bereit erklären, mitzuwirken, damit wir ihnen helfen können. Die gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit sind in der Medizin jedenfalls schon jetzt sehr deutlich spürbar.

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