Wellness und Co.

Zweiter Gesundheitsmarkt wächst

Neben den GKV-Leistungen nehmen viele Menschen in wohlhabenden Regionen immer mehr Angebote des "zweiten Gesundheitsmarktes" an. Gesundheitstourismus, Wellness und elektive Leistungen wachsen deutlich, so eine Studie.

Von Rebecca Beerheide Veröffentlicht:
Rückenschmerzen: Betriebliches Gesundheitsmanagement ist für Unternehmen eine Chance.

Rückenschmerzen: Betriebliches Gesundheitsmanagement ist für Unternehmen eine Chance.

© Mangostock / fotolia.com

FRANKFURT/MAIN. Für immer mehr Menschen sitzt das Geld locker, wenn es um die eigene Gesundheit und Wohlbefinden geht.

In diesem sogenannten zweiten Gesundheitsmarkt, der über die GKV-Leistungen hinaus geht, "spielt die Musik" erklärte Florian Gerster, früherer Staatsminister und Vorsitzender der Initiative Gesundheitswirtschaft Rhein-Main, bei der Vorstellung der Studie "Wachstumschancen des Zweiten Gesundheitsmarktes" am Mittwoch in Frankfurt am Main.

Für die Initiative hat Professor Josef Hilpert vom Institut für Arbeit und Technik in Gelsenkirchen den zweiten Gesundheitsmarkt in Hessen sowie speziell das wirtschaftsstarke und dicht bedieselte Rhein-Main-Gebiet untersucht. "Für eine wohlhabende und entwickelte Gesellschaft wird Gesundheit zum Mega-Trend", erklärte Hilpert vor Journalisten.

Dabei profitieren auch ärztliche Angebote wie die Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL), Komplementärmedizin und die Ästhetische Medizin. Genaue Daten über die Umsätze in den drei Bereichen werden in der Studie allerdings nicht genannt.

Besonders für Unternehmen im Gesundheitstourismus, die Medical Wellness oder Fitnessangebote machen, gibt es viel Potenzial. In Hessen wird in diesem Bereich bereits ein Jahresumsatz von 810 Millionen Euro gemessen. 2012 gab es im zweiten Gesundheitsmarkt rund 30.000 Vollzeitstellen.

Vor allem das etwas strukturschwächere Nord-Hessen soll vom Tourismus im Wellnessbereich profitieren. Hier gebe es bereits Angebote, wie beispielsweise der "Gesunde Urlaub für pflegende Angehörige", sagte Rainer Waldschmidt, Geschäftsführer der Hessen Trade und Invest GmbH, die beim Wirtschaftsministerium des Landes angesiedelt ist. "Dieser regionale Tourismus mit neuen Gästegruppen muss als Zukunftschance gesehen werden", so Waldschmidt.

Ebenso positiv stimmt die Gutachter die Situation bei Angeboten der "maßgeschneiderten Gesundheitsförderung und der personalisierten Medizin".

Da das Rhein-Main-Gebiet mit vielen ansässigen Pharma-Unternehmen bereits seit Jahrzenten als "Apotheke Europas" firmiere, habe die Region auch künftig "hervorragende Aussichten", um von Biotechnologien und Lebenswissenschaften profitieren zu können , so Gutachter Hilpert.

Auch bei der betrieblichen Gesundheitsvorsorge sowie beim Thema altersgerechtes und barrierefreies Wohnen sei ein enormes Wirtschaftspotenzial vorhanden. In der Studie, die auch die Industrie- und Handelskammer Frankfurt unterstützt hat, werden Ausgaben von 310 Millionen Euro in Hessen für das betriebliche Gesundheitsmanagement geschätzt.

"Wir finden hier viele innovative Ansätze und können Mitgliedsunternehmen, die sich hier für ihre Mitarbeiter engagieren wollen, gut beraten", sagte Matthias Gräßle, Hauptgeschäftsführer der IHK Frankfurt. Allerdings sei die Kooperation zwischen Berufsgenossenschaften, Unfall- und Krankenversicherungen noch deutlich verbesserbar.

"Auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des sich verschärfenden Fachkräftemangels spielt das betriebliche Gesundheitsmanagement eine immer wichtigere Rolle", so Gräßle. 90 Prozent der IHK-Mitgliedsunternehmen planten Projekte zum betrieblichen Gesundheitsmanagement, hieß es.

Vor allem Betriebe zwischen 500 und 1000 Mitarbeitern seien hier interessiert."Eher bescheiden" seien die Umsätze und die Entwicklung beim "Gesundheitsstandort Haushalt", wie er in der Studie benannt wird. Barrierefreies Wohnen sowie die nötigen Investitionen in moderne Kommunikationsmittel in den eigenen vier Wänden scheiterten oftmals an der Umsetzung.

Das Bundesbauministerium geht davon aus, dass bis 2030 drei Millionen zusätzliche barrierefreie Wohnungen gebaut werden müssen. Erst fünf Prozent der Seniorenhaushalte seien barrierefrei. "Hier gibt es aber eine gute Aussicht auf eine zweite Investitions-Welle", so Hilpert.

Florian Gerster von der Initiative Gesundheitswirtschaft Rhein-Main appellierte an die Bundespolitik, sich für fließende Übergänge zwischen dem ersten und zweiten Gesundheitsmarkt einzusetzen. "Zu den GKV-Leistungen müssen, für die, die es wollen, Zuzahlungsmöglichkeiten geschaffen werden", so Gerster.

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