E-Health

Digitalisierung in Kliniken: Potenziale ausschöpfen!

In vielen Krankenhäusern ist die Digitalisierung auf gutem Weg, findet der Ärztliche Direktor der Uniklinik Essen, Professor Jochen Werner. Mitarbeiter müssten die moderne Technik jedoch auch annehmen.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Internet im Krankenhaus: Ärzte wie auch Patienten können es nutzen, um sich auf den aktuellsten Stand zu bringen.

Internet im Krankenhaus: Ärzte wie auch Patienten können es nutzen, um sich auf den aktuellsten Stand zu bringen.

© alvarez / Getty Images / iStock

KÖLN. Bei der Digitalisierung sind die deutschen Krankenhäuser viel weiter, als es oft scheint. Es ist aber noch ein gutes Stückchen Weg, bis die neuen Technologien ihr Potenzial voll entfalten können, erwartet Professor Jochen Werner, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Essen.

Das Internet sei bereits heute aus den Krankenhäusern nicht mehr wegzudenken, ist Werner überzeugt. Nicht nur die Patienten nutzen es, weil sie im World Wide Web nach Informationen über die unterschiedlichen Kliniken suchen. Die Klinikärzte bringen sich im Netz auf den neuesten wissenschaftlichen Stand. „Das Internet treibt das Medizinwissen enorm weiter“, sagt Werner der „Ärzte Zeitung“.

Damit die Internetrecherche den Patienten wirklich hilft, brauchen sie Unterstützung, glaubt er. „Die Menschen müssen wissen, wonach sie suchen müssen.“ Sonst liefen sie Gefahr, sich von vielversprechenden Internetseiten und vollmundigen Marketingversprechen blenden zu lassen. Patienten sollten über Zertifizierungen und die Arbeit von Zentren Bescheid wissen. Hier könnten die betreuenden Haus- oder Fachärzte wichtige Hilfestellungen leisten, findet Werner.

Entwicklung unterschätzt?

Trotz aller Unterschiede zwischen Maximalversorgern und kleinen Häusern hält der Mediziner es für ein Vorurteil, dass viele Häuser nach wie vor in der analogen Welt verharren. Bereiche wie die Radiologie und die Labormedizin liefen auch in vielen kleinen Häusern weitgehend digital, die Kardiologie sei bereits stark digitalisiert, auch in vorwiegend manuellen Fächern tue sich einiges. „Ich glaube, die Entwicklung wird häufig unterschätzt.“

Auch in Verwaltung, Einkauf und Controlling gewinne die Digitalisierung an Bedeutung, zum Teil arbeite man dort schon mit selbst lernenden Programmen. „In vielen Kliniken ist die Infrastruktur gar nicht so schlecht“, findet Werner. Nicht so gut sieht es nach seiner Meinung dagegen bei der Aufgeschlossenheit der Mitarbeiter aus. Viele hätten noch kein Bewusstsein dafür, dass die schnelle digitale Transformation sinnvoll und notwendig ist. Das sei auch nicht weiter verwunderlich. „Es müssen viele gewohnte Arbeitsweisen über Bord geworfen werden.“

Entscheidungshilfen für Ärzte

Werner bedauert, dass ein Großteil der Ärzte das große Potenzial noch nicht erkennt, das in der strukturierten Auswertung und Verknüpfung großer Datenmengen liegt. Die Nutzung der künstlichen Intelligenz erlaube es, Ärzten Therapieempfehlungen an die Seite zu geben, die sie in ihrer Arbeit unterstützen. „Aber hier fehlt es an Aufgeschlossenheit“, weiß Werner.

Man müsse den Kollegen deutlich machen, dass es nicht um eine Bevormundung geht, sondern darum, ihre Behandlungsmöglichkeiten zu erweitern. Gerade für jüngere und unerfahrene Ärzte könnten Hinweise zur Differentialdiagnostik und Therapieempfehlungen eine wichtige Entscheidungshilfe sein.

Grundsätzlich ist er optimistisch, dass die Digitalisierung die Versorgung im Krankenhaus deutlich verbessern wird. „Die Entwicklung ist alternativlos.“ Aber die besten und innovativsten Lösungen nützen nichts, wenn sie nicht in den Klinikbetrieb integriert werden. „Deshalb muss man den Fokus darauf legen, die Mitarbeiter mitzunehmen und für Akzeptanz zu sorgen.“ Das gelinge am besten durch gute, überzeugende Beispiele.

Druck wird auch vonseiten der Patienten kommen, erwartet der Klinikchef. Auf die Erleichterungen, die sie im Alltag durch das Internet und die Digitalisierung haben, werden sie im Krankenhaus auf Dauer nicht verzichten wollen. Das rückt aber erst dann in den Blickpunkt, wenn die normalen Abläufe in der Klinik stimmen. Es dürfe nicht sein, dass Patienten, denen es nicht gut geht, lange Wartezeiten in Kauf nehmen müssen, weil ihr Zimmer noch nicht fertig ist oder weil ein Anästhesist fehlt, sagt er. „Wir alle müssen uns darum kümmern, wie wir die Abläufe optimieren können.“ Freundlichkeit und Empathie der Menschen im Krankenhaus seien nach wie vor ein zentraler Faktor, betont Werner. Ohne sie nutzt die ausgefeilteste Technologie wenig – weil Patienten ein solches Krankenhaus meiden.

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