Typ-1-Diabetes

Hohes Sterberisiko bei Ausbruch in der Adoleszenz

Wenn sich Typ-1-Diabetes in einem besonders vulnerablen Alter manifestiert, brauchen Betroffene viel Aufmerksamkeit. Sie haben ein hohes Risiko, an Komplikationen zu sterben.

Wolfgang GeisselVon Wolfgang Geissel Veröffentlicht:
Jugendlicher mit Insulinpumpe: Bricht Diabetes in einer vulnerablen Lebensphase aus, drohen vielfältige Probleme.

Jugendlicher mit Insulinpumpe: Bricht Diabetes in einer vulnerablen Lebensphase aus, drohen vielfältige Probleme.

© b4producer / fotolia.com

MAINZ. Heute haben hoch-motivierte und gut eingestellte Patienten mit Typ-1-Diabetes eine fast genauso hohe Lebenserwartung wie Menschen ohne Diabetes. Das haben Analysen bei Teilnehmern der DCCT/EDIC-Studie ergeben (Epidemiology of Diabetes and Complications).

Anders verhält es sich aber offenbar bei Patienten, die als Jugendliche oder junge Erwachsene an Diabetes erkrankt sind. Der Ausbruch in dieser schwierigen Lebensphase führt dabei offenbar zu mangelhafter Therapie-Adhärenz und Risikoverhalten. Außer akuten und chronischen Diabetes-Komplikationen sind besonders Alkoholmissbrauch, Unfälle und Suizide für eine hohe Mortalität bei den Betroffenen verantwortlich, wie Privatdozent Wolfgang Rathmann vom Deutschen Diabetes Zentrum in Düsseldorf beim Diabetes Update berichtet hat.

Rathmann stellte bei der Veranstaltung in Mainz die Ergebnisse einer Langzeitstudie aus Norwegen vor. Darin wurden aus einer populationsbasierten Kohorte 719 Typ-1-Diabetiker ausgesucht, die zwischen 1978 und 1982 im Alter von 15 bis 29 Jahren erkrankt waren. Anhand des nationalen Sterberegisters und weiterer Datenbanken wurden ihre Krankengeschichten bis zum Jahr 2013 nachverfolgt (Diab Care 2017; 40: 38).

Ergebnis: In den bis zu 36 Jahren Nachbeobachtungszeit waren 148 der Patienten gestorben (jeder Fünfte!). Die Sterberate lag dabei vier- bis fünfmal höher als in der Allgemeinbevölkerung. Die führende Todesursache in den ersten zehn Jahren nach Diagnose war Gewalt, etwa durch Unfall, Selbstmord oder Vergiftungen. Hiervon waren 22 Patienten betroffen, und zwar fast ausschließlich Männer. Bei zwei von sieben Suiziden nahmen sich die Patienten mit einer hohen Insulindosis das Leben. Im weiteren Verlauf der Krankheit spielte Gewalt aber nur noch eine geringe Rolle.

Insgesamt war bei 60 Prozent der Patienten Diabetes als Todesursache angegeben (n= 88), jeder Dritte davon starb an akuten Komplikationen wie Ketoazidose (n=20) oder Hypoglykämie (n=10). Chronische Diabetes-Komplikationen verursachten etwa jeden dritten Todesfall, 44 Patienten starben hier an kardiovaskulären Ursachen und drei an Nierenversagen. Aufgrund von Krankenakten und Autopsieberichten ergab sich bei insgesamt 20 Prozent (n=29) der Patienten Alkoholmissbrauch als Teil der Todesursache; auch hiervon waren Männer mehr als doppelt so häufig betroffen wie Frauen. An Drogenmissbrauch starben zwei Patienten.

"Patienten mit einem Ausbruch von Typ-1-Diabetes in der späten Adoleszenz oder im frühen Erwachsenenalter brauchen daher eine verstärkte Fürsorge", betonte Rathmann. Besonderes Augenmerk in der Betreuung sollte bei den Patienten auf die Ursachen und Folgen von Alkoholmissbrauch gelenkt werden.

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