Impfmüde Deutsche

Keine Lust auf den Piks

Die Impfraten bei Erwachsenen sind seit Jahren zu niedrig, und eine Besserung ist nicht in Sicht. Daten des Robert-Koch-Instituts zeigen, vor welchen Krankheiten die Deutschen besonders schlecht geschützt sind.

Wolfgang GeisselVon Wolfgang Geissel Veröffentlicht:
Impfung - nein danke. Das denken offenbar immer mehr erwachsene Deutsche.

Impfung - nein danke. Das denken offenbar immer mehr erwachsene Deutsche.

© absolutimages/fotolia.com

BERLIN. Die Impfraten Erwachsener werden in Deutschland nicht systematisch erhoben.

Hinweise auf die Quoten gibt es aus den repräsentativen Telefoninterviews der Studie "Gesundheit in Deutschland aktuell" (GEDA), die das RKI seit dem Winter 2008/09 jährlich vornimmt.

Die neuesten Daten von knapp 19.300 Befragten aus 2011/12 wurden jetzt publiziert (Bundesgesundheitsbl. 2015, 58: 174).

Besonders im Fokus ist die Influenza-Impfung, und dabei geht der Trend eher nach unten, wie die Forscher um Birte Bödeker vom RKI berichten.

Große Skepsis gegenüber Grippe-Impfung

Von den Personen mit chronischen Krankheiten waren nach den Angaben 2011/12 nur 42,9 Prozent gegen Grippe geimpft, im Vergleich zu 46,2 Prozent im Winter davor (2010/11).

Ähnlich der Trend bei den über 60-Jährigen: Hier sanken die Quoten von 54,3 Prozent (2010/11) auf 52,6 Prozent (2011/12).

Die Influenza-Impfung hat keinen guten Ruf: Grippe wird nicht als besonders schwere Krankheit angesehen, Wirksamkeit und Sicherheit der Impfstoffe werden als unsicher bewertet, sind häufige Argumente gegen den Schutz in der Bevölkerung, berichten die RKI-Forscher.

Sie bezweifeln daher, dass die von der EU-Kommission per Resolution geforderte Impfrate von 75 Prozent bei alten Menschen in Deutschland bis 2015 erreicht werden kann.

Bedenkliche Schutzraten bei Pertussis

Etwas besser sehen die Impfraten gegen Tetanus aus: Hier sind nach den Angaben immerhin 75,6 Prozent der Erwachsenen ausreichend geschützt. Mit steigendem Alter sinken allerdings die Impfquoten.

Bedenklich sind die niedrigen Schutzraten gegen Pertussis. Da die Erkrankung besonders im ersten Lebensjahr tödlich verlaufen kann und es in Deutschland ein hohes Infektionsrisiko gibt, wird Haushaltskontakten von Säuglingen die Impfung dringend empfohlen.

Den Rat hatten aber in der Umfrage nur 22 Prozent befolgt. Insgesamt waren nur 14,1 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter (unter 50 Jahre) gegen Keuchhusten geimpft.

Die seit 2009 empfohlene einmalige Auffrischimpfung gegen Pertussis hatten nur 7,6 Prozent der Befragten.

Offenbar wissen nur wenige Erwachsene, dass und warum ihnen die Pertussis-Impfung empfohlen wird. "Würde der Arzt eine Empfehlung aussprechen, bestünde hier eine hohe Impfbereitschaft", berichten die Forscher über Studiendaten hierzu.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Blindflug beim Impfschutz

Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

© DG FotoStock / shutterstock

Update

Neue Podcast-Folgen

Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Junge Frau spricht mit einer Freundin im Bus

© skynesher | E+ | Geytty Images

Update

Impflücken bei Chronikern

Chronisch krank? Grippeimpfung kann Leben retten

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Pneumokokken-Kinderimpfquote steigern!

© William - stock.adobe.com

Anstieg angehen:

Pneumokokken-Kinderimpfquote steigern!

Anzeige | MSD Sharp & Dohme GmbH
Familie_Strandperle_19966847.jpg; 19966847, Familie; MKC; Lizenzfrei; Strandperle; Bildnummer 19966847; Rechnungsnummer R6745624033; Lizenznehmer: MSD Sharp & Dohme GmbH, München

© Shutterstock / MKC

Impfungen

Impfstoffe – Krankheiten vorbeugen, bevor sie entstehen

Anzeige | MSD Sharp & Dohme GmbH
HPV-Impfung für Erwachsene

© syedfahadghazanfar / shutterstock

Eine Rechnung, die aufgeht!

HPV-Impfung für Erwachsene

Anzeige | MSD Sharp & Dohme GmbH
Kommentare
Dr. Wolfgang P. Bayerl 14.03.201519:43 Uhr

Ergänzung: Der Masernausbruch in Bosnien und Herzegowina begann bereits im Februar 2014 und erreichte teilweise dramatische Ausmaße.

http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2015/05/Art_03.html

Dr. Wolfgang P. Bayerl 14.03.201519:28 Uhr

Hallo Herr @Helmtrud Harnack auch hier wurde berichtet, dass die Maserninfektion aus Bosnien-Herzegowina

eingeschleppt worden ist.
Dort gibt es eine größere Epidemie die schon Anfang Dezember 2014 gemeldet wurde.
In diesem vom "Westen befreiten" 20-jährigen Bürgerkriegsland mit über 100.00 Toten ist die Durchimpfung des früheren Jugoslavien offensichtlich ebenso vernachlässigt worden wie in Berlin ohne Krieg.

Helmtrud Harnack 13.03.201510:59 Uhr

@Dr. Thomas Georg Schätzler

Bei der 90-jährigen Patientin handelte es sich nicht um eine Influenza-Erkrankung sondern um eine UAW mit Todesfolge nach Impfung ohne Aufklärung und ohne Risikogefahren. Wer behauptet/e, dass Impfungen gegen Krankheiten eine Unsterblichkeit erlangen würden? Die Argumentation ist nicht nachvollziehbar.
In Berlin unterließ man offensichtlich zu den Masernfällen eine Typisierung bei Erkrankten, auch wenn sie nicht geimpft wurden, ob es sich um eine Infektion mit einem Wildvirus oder Impfvirus handelt/e. Bei Ebola fand man sogar durch Typisierung den Ort der Infektionsquelle.
Gibt es Impfungen zu Infektionskrankheiten, scheint nur die Prüfung der Impfpässe maßgebend zu sein. Und Masern ist nun mal gefährlich, um die tatsächliche Infektionsquelle zu suchen, gerade bei den vielen Flüchtlingen. Unbekannt ist auch, ob die größte Zahl der Masernfälle Flüchtlinge sind/waren. Das fehlt in den laufenden Berichterstattungen in der Ärzte Zeitung wie auch in sonstigen Veröffentlichungen.

Dr. Thomas Georg Schätzler 12.03.201516:14 Uhr

@ Helmtrud Harnack

Ich habe in meiner Dortmunder Hausarztpraxis seit 1992 u. a. dank konsequenter Grippeschutzimpfungen und dem extrem seltenen, gezielten Einsatz von Oseltamivir (Tamiflu®) keinen einzigen tödlichen Influenza-Fall bei meinen hochbetagten Patientinnen und Patienten (die Älteste wurde 104 Jahre alt) gehabt. Mit meiner Impfberatung mache ich auch jüngeren Patienten deutlich, dass es damit k e i n e n Schutz vor der Endlichkeit allen Lebens gibt, sondern nur die Wahrscheinlichkeit von Influenza und lebensbedrohliche Komplikationen entscheidend verringert werden. Nehmen Sie auch bitte zur Kenntnis, dass Schutzimpfungen gegen Krankheiten wirken und nicht Unsterblichkeit erlangen wollen.

Was den "Masernausbruch in Berlin" angeht, haben Sie wohl die laufende Berichterstattung in der Ärzte Zeitung noch gar nicht mitbekommen.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund (z. Zt. Mauterndorf/A)

Helmtrud Harnack 11.03.201518:17 Uhr

Keine Lust auf den Pieks

Was die Skepsis gegenüber Grippe-Impfung angeht, so spricht zeigt sich heuer, dass der Impfstoff nicht optimal ist. Dennoch wird zu noch größeren Impfraten am Ende der „Grippe-Zeit“ aufgerufen. Es drängt sich berechtigt die Frage auf, ob mit allen Werbemitteln der Impfstoff abverkauft werden soll/muss. Es fehlt z.B. auch die Beobachtung, ob die vielen „Grippe-Kranken“ letztlich nicht schwerere Erkältungen sind, wenn man gerade an kalten Tagen die Menschen beobachtet ohne Kopfbedeckung, sogar bei Radfahrern oder Kleinkinder mit Kopfbedeckung die Mutter fragen, wieso die Mutter keine Kopfbedeckung aufsetzt, dann aber eine schwere Erkältung hat, die als „Grippe“ diagnostiziert wird. Dieses Verhalten der unzureichenden Bekleidung/Kopfbedeckung ab der kalten Jahreszeit war auch in den letzten Jahren zu beobachten.
Auch ist zu beobachten, dass es keine Aufklärung zur Impfung mehr gibt, es sei ja eine jährliche Routineimpfung. Umso schneller spricht sich dann herum, wenn eine Dame mit 90 Jahren, die seit einem Jahr wegen der Altersschwäche nicht mehr außer Haus gehen konnte, nur eine Haushälterin sie umsorgte, ihr es aber gut ging. Der routinemäßige Arztbesuch kam. Gleich zu Beginn hieß es, dass nun ja die jährliche Grippeimpfung fällig ist – und sofort impfte. Am nächsten Tag ging es der Dame schlecht, nach einer Woche starb sie.
So routinemäßig können Impfungen nicht durchgeführt werden, ohne Aufklärung, wie es auch mit allen anderen Impfungen geschieht, besonders, wenn wieder (im Hintergrund durch die Pharma über die STIKO veranlasst) Impfkampagnen mit Panikmache veranlasst werden.
Zum Masernausbruch in Berlin las man nicht, ob geprüft wurde, ob durch nicht geimpfte Flüchtlinge der Ausbruch entstand. Dabei hat gerade Berlin die Möglichkeit der Typisierung der Viren, welche Viren diese Masernerkrankten hatten. Es fehlen auch Zahlen, ob hauptsächlich z.B. Flüchtlinge die Masern bekamen. Zu spät wurden aus meiner Sicht auch die Impfstellen für Flüchtlinge eingerichtet. Dabei hieß es aber, dass der Wille der Flüchtlinge berücksichtigt werden muss, wenn sie sich nicht impfen lassen wollen. Hatten sie keine Lust auf den Pieks? Quarantäne schien auch ein Fremdwort gewesen zu sein.

<< < 1 2 > >> 
Sonderberichte zum Thema

Chronisch kranke Kinder

Mangelernährung frühzeitig erkennen und konsequent angehen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Danone Deutschland GmbH, Frankfurt/Main
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Eine schwierige Entscheidung

Schlaganfall: Das sind Grenzfälle der Thrombolyse

Berufsbedingte Schäden

Wenn Musikmachen Muskeln, Sehnen und Gelenke krank macht

Lesetipps
Sieht lecker aus und schmeckt — doch die in Fertigprodukten oft enthaltenen Emulgatoren wirken proinflammatorisch. Ein No-Go für Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.

© mit KI generiert / manazil / stock.adobe.com

Emulgatoren in Fertigprodukten

Hilfreich bei Morbus Crohn: Speiseeis & Co. raus aus dem Speiseplan!

Checkliste Symbolbild

© Dilok / stock.adobe.com

Auswertung über Onlinetool

Vorhaltepauschale: So viele Kriterien erfüllen Praxen laut Honorarvorschau